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Mieterbund-Präsidentin Anke Fuchs: Bilanz 2001 und Ausblick 2002

(18.12.2001) "In diesem Jahr ist Bewegung in die Wohnungsbau- und Mietenpolitik gekommen", sagte Anke Fuchs, Präsidentin des Deutschen Mieterbundes (DMB), auf einer Pressekonferenz der Mieterorganisation in Berlin.

  • Die seit 10 Jahren überfällige Wohngeldreform ist am 1. Januar in Kraft getreten,
  • durch aktualisierte Mietenstufen wird das Wohngeld im Jahr 2002 nochmals steigen,
  • einkommensschwache Haushalte haben dieses Jahr erstmalig einen Heizkostenzuschuss erhalten,
  • seit 1. September gibt es die Mietrechtsreform, über die mehr als 25 Jahre geredet wurde,
  • das Gesetz zur sozialen Wohnraumförderung tritt am 1. Januar 2002 in Kraft und
  • mit der Städtebauförderung bzw. dem Stadtumbauprogramm Ost erfolgt eine wichtige Weichenstellung für die zukünftige Wohnungspolitik.

"Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt, und wir hätten uns auch mutigere, umfassendere Reformen und großzügigere finanzielle Ausstattungen gewünscht, aber die Richtung stimmt", sagte Anke Fuchs. "Das Jahr 2002 wird uns, Verbände, Wohnungswirtschaft und Politiker sowohl im Bund als auch in den Ländern und Städten vor neue und zusätzliche Probleme stellen. Differenzierte Antworten für unterschiedliche Wohnungsmärkte und Entwicklungen sind erforderlich. Das Jahr 2001 war auch das Jahr der Widersprüche: Wohnungsleerstand, mehr als eine Million Wohnungen vor allem in Regionen Ostdeutschlands und stagnierende Mieten einerseits, andererseits Wohnungsengpässe, sogar Wohnungsnot in Ballungsgebieten mit spürbar steigenden Mieten."

Wohnungsbau

In diesem Jahr werden nur noch 325.000 Wohnungen in Deutschland fertiggestellt werden. Das ist ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr von 23 %, und es sind die niedrigsten Fertigstellungszahlen seit 1990. Insbesondere für den Mehrfamilienhaus-Bereich, den klassischen Mietwohnungsbau, bleiben die Zahlen alarmierend. Hier werden nur noch 103.000 Wohnungen fertiggestellt, das sind 25 % weniger als im Jahr 2000 und nur noch etwa die Hälfte im Vergleich zu 1998. In Ostdeutschland, wo insgesamt noch 55.000 Wohnungen gebaut wurden, sank die Zahl der Fertigstellungen im Mehrfamilienhaus-Bereich auf 13.000, das ist nur noch etwa ein Viertel der Fertigstellungen von 1998.

Die Prognosen für das nächste Jahr lassen kaum eine Trendwende erwarten. Das Münchener Ifo-Institut geht von einem weiteren Rückgang auf insgesamt nur noch 301.000 Fertigstellungen aus und prognostiziert 93.000 Fertigstellungen im Mehrfamilienhaus-Bereich. Bestätigt wird diese Prognose durch die aktuellen Zahlen für Wohnungsbaugenehmigungen des Statistischen Bundesamtes. Danach wurden von Januar bis September 2001 nur 226.100 Wohnungen genehmigt, 16,8 % weniger als im Vorjahr. Im Mehrfamilienhaus-Bereich gibt es noch 64.200 Genehmigungen, 18,3 % weniger als im Jahr 2000.

Anke Fuchs: "325.000 oder 300.000 neue Wohnungen sind zu wenig. Wir brauchen jährlich mindestens 400.000 Fertigstellungen." Ein ausgeglichenes Wohnungsangebot auf Teilmärkten, in ländlichen oder strukturschwachen Regionen oder gar Wohnungsleerstand in vielen Gebieten Ostdeutschland dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass Wohnungen in Ballungsgebieten dringend benötigt werden und dass "marktabgängige" Wohnungen ersetzt werden müssen. Auch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung hält in seiner diesjährigen "Wohnungsprognose 2015" jährliche Fertigstellungen von 376.000 Wohnungen für erforderlich.

Anke Fuchs: "Mietern in München, Frankfurt oder Köln helfen keine leerstehenden Wohnungen in Ostdeutschland. Wohnungen müssen da gebaut werden, wo sie gebraucht werden. Deshalb gehören jetzt die bisherigen Förderinstrumente und Abschreibungsmöglichkeiten auf den Prüfstand. Eine Förderung nach dem Gießkannenprinzip, bei dem in der Stadt und auf dem Land, bei der in strukturschwachen Regionen und in Ballungsgebieten gleichermaßen gefördert wird, ist falsch."

Mietpreise und Betriebskosten

Die so genannten Warmmieten werden im Jahr 2001 mit etwa 3,4 % ähnlich stark ansteigen wie im Vorjahr (3,3 %). Seit September 2001 fällt der Anstieg der Warmmiete allerdings spürbar geringer aus als in den Vormonaten. Entsprechend ist auch die Entwicklung der Energiepreise. Die Ölpreise sind zwar auch im Jahr 2001 gestiegen, aber bei weitem nicht mehr so drastisch wie im Vorjahr, und seit August sinken die Preise im Vergleich zu den Vormonaten. Bei den Gaspreisen, die den Ölpreisen mit zeitlicher Verzögerung folgen, ist eine Trendwende erkennbar.

Bei den sonstigen Betriebskosten, das heißt den Kosten für Wasser, Abwasser, Versicherung, Müllabfuhr usw., wird der Preisanstieg Ende des Jahres voraussichtlich bei 1,5 % im Jahresdurchschnitt liegen. Im Vorjahr waren es noch mehr als 2 %.

Die Nettokaltmieten ohne Betriebskosten stiegen im Jahr 2001 wie auch im Vorjahr lediglich um 1,2 %. Der Anstieg der Kaltmieten liegt damit bereits im zweiten Jahr unter dem Anstieg für die allgemeinen Lebenshaltungskosten.

"Von diesen Zahlen darf man sich keinen Sand in die Augen streuen lassen", warnte Mieterbund-Präsidentin Anke Fuchs. "Die Durchschnittszahlen bei der Miete sind nur ein weiterer Beleg für die Zerrissenheit des Wohnungsmarktes. Tatsächlich gibt es regional stark unterschiedliche Mietpreisentwicklungen. Schon im ersten Quartal dieses Jahres stiegen die Kaltmieten in den Großstädten und Zentren zwischen 2,5 und 4,5 %, und München meldet bereit hohe zweistellige Preissteigerungen. Dort muss gegen gesteuert werden, sonst wird die Mietbelastung für Normalverdiener, vor allem für die Bewohner in den Großstädten, für Alleinerziehende oder für Rentner wieder spürbar steigen."

Soziale Wohnraumförderung

In diesem Jahr stehen lediglich 450 Millionen DM Bundesmittel für den Wohnungsbau zur Verfügung. Hinzu kommen etwa 5,083 Milliarden DM aus den Bundesländern. Die Zahl der Neubaubewilligungen dürfte damit unter 40.000 Einheiten fallen. Gleichzeitig fallen von den in Deutschland noch bestehenden etwa 2 Millionen Sozialwohnungen im Jahre 2002 etwa 100.000 aus den Bindungen heraus.

Im Jahr 2000 kamen vom Bund 600 Millionen DM und von den Bundesländern 6,8 Milliarden DM. Bewilligt wurden 44.428 Wohnungen, davon allein 27.093 Eigentumsmaßnahmen, das sind rund 61 %, und nur 17.355 Mietwohnungen.

Anke Fuchs: "Sozialer Wohnungsbau ist längst nicht mehr gleichbedeutend mit sozialem Mietwohnungsbau, mit rund 40.000 Bewilligungen im Jahr hat der Soziale Wohnungsbau seine frühere Bedeutung verloren. Um so mehr hoffe ich, dass mit dem Gesetz zur sozialen Wohnraumförderung, der damit verbundenen stärkeren Betonung der Bestandsförderung und Regionalisierung, mit einer verbesserten finanziellen Ausstattung im Jahr 2002 und der notwendigen Verzahnung mit anderen Politikfeldern der Soziale Wohnungsbau wieder einen höheren Stellenwert bekommt."

Im Haushalt 2002 stellt der Bund insgesamt 535 Millionen Euro für die soziale Wohnraumförderung, das Städtebauförderungsprogramm und das Projekt "Soziale Stadt" zur Verfügung. Das sind 136 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr. Der Deutsche Mieterbund fordert eine weitere Aufstockung, eine Milliarde Euro für die soziale Wohnraumförderung sind notwendig, vor allem auch, um die richtigen und neuen Ziele des Gesetzes zur sozialen Wohnraumförderung umzusetzen.

Stadtumbauprogramm Ost

Mindestens 4 Milliarden DM stehen über das Stadtumbauprogramm Ost bis zum Jahr 2009 zur Bekämpfung des Wohnungsleerstandes und zur Wiederbelebung der ostdeutschen Innenstädte zur Verfügung. Zwei Milliarden vom Bund, in den nächsten vier Jahren jeweils 300 Millionen DM, danach 200 Millionen DM jährlich, zwei Milliarden DM in der gleichen Zeit von den Ländern und den Kommunen.

"Das Volumen diese Hilfsprogrammes für den deutschen Wohnungsmarkt geht in Ordnung", sagte Anke Fuchs. Richtig sei, dass die Vergabe der Fördermittel an die Vorlage eines Stadtentwicklungskonzeptes gebunden wird. Vor Ort müssen sich jetzt Politik, Verwaltung, Wohnungswirtschaft, Bewohner und Mieterverein zusammensetzen, den Konsens für die Zukunft ihrer Stadt suchen und gemeinschaftlich handeln. Der Deutsche Mieterbund wird sich in diesen Prozess des kommunalen Dialoges einbringen.

"In Ostdeutschland wurden zwischen 1991 und 2000 rund eine Million Wohnungen mit öffentlichen Subventionen neu gebaut. Ende 2001 stehen eine Million Wohnungen in den östlichen Ländern leer. Diese Zahlen belegen die Fragwürdigkeit der bisherigen Förderungen. Das gilt auch und gerade für die massive Förderung des Eigenheimneubaues, der immer noch weiter die Stadtflucht verstärkt."

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