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VBI: Wirtschaftliche Situation der Ingenieurunternehmen Besorgnis erregend

  • Umsätze und Erträge gehen weiter zurück
  • Preisverfall trotz Honorarordnung
  • 30 Prozent der Unternehmen befürchten Entlassungen

(21.3.2003) "Vielen deutschen Ingenieurunternehmen steht das Wasser bis zum Hals", warnte gestern Dipl.-Ing. Klaus Rollenhagen, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Beratender Ingenieure VBI, anlässlich der Vorstellung der VBI-Konjunkturumfrage 2003 in Berlin. "Der Abwärtstrend bei den Umsätzen unserer Mitgliedsunternehmen in den Vorjahren setzt sich ungebrochen fort. Die Bilanzen sehen in diesem Jahr nochmals schlechter aus: 51% der Ingenieurunternehmen mussten 2002 gegenüber dem Vorjahr Umsatzeinbußen hinnehmen (2001= 46%), bei 28% stagnierten die Umsätze im Jahr 2002, lediglich 20% der Büros (Vorjahr 23%) konnten die Umsätze steigern".

Bei den Erträgen sieht es noch dramatischer aus: 55% der Ingenieure mussten sinkende Erträge verbuchen. Für das Jahr 2001 meldeten 51% Ertragseinbußen. Nur 18% konnten 2002 den Unternehmensertrag verbessern.

Somit sind die Werte der vergangenen Jahre weiter gefallen. "Dieser erneute Abwärtstrend ist Besorgnis erregend, da die Büros schon seit langem von der Substanz leben - diese ist nun verbraucht", sagte Rollenhagen.

In der Erwartung an das laufende Jahr zeigen sich die Unternehmen noch pessimistischer: Nur 8% glauben an eine Ertragssteigerung (Vorjahr noch 14%), 30% hoffen auf eine gleichbleibende Entwicklung und fast zwei Drittel der Unternehmen (60%) fürchten sinkende Erträge (Vorjahr "nur" 45%).

Die schlechte Lage der Büros spiegelt sich auch auf dem Arbeitsmarkt wider: 30% der Unternehmen haben 2002 Personal entlassen. Bei nur 10% gab es zusätzliche Neueinstellungen. Die Prognose für 2003 sieht noch schlechter aus: Nur knapp 5% erwarten Neueinstellungen (Vorjahr 8%). 32% gehen von weiteren Entlassungen aus.

Damit stehen den überwiegend kleinen und mittleren Büros - rund 80% haben weniger als 20 Mitarbeiter - schmerzhafte Einschnitte in die Personalstruktur bevor. Rollenhagen: "Die Basis der kleinen Büros sind die hoch qualifizierten Ingenieure. Eine Entlassung bringt schnell das Gefüge zum Wanken, denn wichtiges Know-how geht unwiederbringlich verloren. Zudem kann die Branche keine positiven Signale für den Nachwuchs geben. Es herrscht Siechtum in einem der innovativsten Wirtschaftsbereiche Deutschlands".

Unter der Konjunkturflaute leide die Gesamtwirtschaft, die Beratenden Ingenieure werden aber zusätzlich mit unfairen Rahmenbedingungen konfrontiert. So habe erst ein kürzlich vom BMWA veröffentlichtes Gutachten bestätigt, dass Ingenieure ihre Leistung 30% unter Wert verkaufen müssen. 88% der Antwortenden leiden massiv unter diesem Preisverfall. "Die in der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieure HOAI geregelten Honorare müssen daher umgehend erhöht werden", unterstrich der VBI-Hauptgeschäftsführer. Allen Überlegungen, die HOAI abzuschaffen, erteilte Rollenhagen eine klare Absage: "Kostensicherheit und verlässliche Qualität und damit ein hohes Maß an Verbraucherschutz sind nur durch die HOAI gewährleistet. Wer anderes behauptet, hat keine Ahnung von der Bauwirtschaft". Rollenhagen mahnte die Auftraggeber, die Situation nicht durch eine Vergabe zu Dumpingpreisen zu verschärfen.
Zudem drehten viele Banken zumeist völlig grundlos den Büros den Geldhahn zu. Bereits 13% der Befragten klagten über Probleme bei der Kreditaufnahme. Hier sei der Gesetzgeber gefordert.

Nach wie vor werde in Deutschland zu wenig investiert. Insbesondere den Kommunen fehlten die Mittel, um marode Abwassernetze zu sanieren und notwendige Infrastruktur zu erhalten. Fairplay und Impulse seien insbesondere im regionalem Umfeld wichtig, da 67% der Ingenieurunternehmen überwiegend dort tätig seien: "Wir fordern die Bundesregierung auf, die Kommunen jetzt mit weiteren Investitionsmitteln auszustatten. Was wir heute nicht planen, kann die Bauwirtschaft in ein paar Jahren nicht bauen - und das kostet noch weitere Arbeitsplätze", unterstrich Rollenhagen.

Die Ingenieure reagieren auf die katastrophale Wirtschaftssituation mit Kreativität: Zahlreiche der befragten Unternehmen erwirtschaften einen Teil ihrer Erträge bereits mit neuen technischen Dienstleistungen und erschließen sich damit zusätzliche Märkte. 24% der Umfrageteilnehmer (Vorjahr 18%) wollen ihr Auslandsgeschäft ausweiten. Eine Zahl die sich noch steigern ließe, wie Rollenhagen meint: "Die Bundesregierung muss technische Dienstleister im Export stärker unterstützen. Im internationalen Vergleich stehen wir immer noch weit hinter Frankreich, England oder den skandinavischen Ländern zurück. Wir verzichten leichtfertig auf die Türöffnerfunktion des Technischen Consulting im Ausland".

Gleichzeitig haben die Ingenieurbüros Nachwuchssorgen: 55% der Consultingunternehmen können frei werdende Ingenieurstellen weder schnell noch qualifiziert besetzen. Absolventen der Universitäten sind rar und die Zahlen an Erstimmatrikulationen im Bauingenieurwesen sind dramatisch eingebrochen.

"Der VBI wird künftig direkt in die Schulen gehen und die Werbetrommel für den faszinierenden Ingenieurberuf rühren", so Rollenhagen.

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