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Ingenieure und Architekten wehren sich mit sachlich überzeugenden Argumenten gegen Clement-Pläne

(29.3.2003) Am 24.3.2003 fand im Berliner Abgeordnetenhaus die Veranstaltung "Planen und Bauen mit gebührender Ordnung" statt. Bundesingenieurkammer und Bundesarchitektenkammer hatten kurzfristig zu dieser Veranstaltung eingeladen, weil Bundeswirtschaftsminister Clement im Februar überraschend angedroht hatte, die Honorarordnung für Ingenieure und Architekten in ihrer gesetzlich verankerten Form im Rahmen des Masterplans Bürokratieabbau abschaffen und durch eine unverbindliche Empfehlung ersetzen zu wollen.

In diesem Vorhaben sehen die Ingenieure und Architekten einen schwerwiegenden Angriff auf eine allgemein akzeptierte Grundlage ihrer Berufsausübung. Mit Ausnahme der anwesenden Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit waren sich alle 150 Teilnehmer - darunter auch der Präsident des Bundesverbandes der Freien Berufe Dr. Oesingmann - einig, dass die Abschaffung der HOAI nicht gerechtfertigt ist. Keiner der am Bau Beteiligten hat je die Abschaffung der HOAI verlangt. Falls Bundesminister Clement seinen Vorschlag umsetzen wolle, würde ohne Not ein transparenter und Rechtssicherheit schaffender Ordnungsrahmen geopfert. Die allgemeinverbindliche HOAI ist seit 27 Jahren allseits akzeptiert und stellt ein wirkungsvolles Element des Verbraucherschutzes in der Bundesrepublik dar. Indem die HOAI Leistungsbilder beschreibt und die dafür notwendigen Honorarleistungen beziffert, bietet sie dem in aller Regel unerfahrenen Bauherren eine sichere Kalkulationsgrundlage und hilft dadurch, den Umfang und die notwendige Qualität der Planungsleistungen sicherzustellen.

In seiner Eröffnungsansprache verwies der Präsident der Bundesingenieurkammer, Dr.-Ing. Karl Heinrich Schwinn, auf die schwierige wirtschaftliche Lage der Ingenieure und Architekten. Er machte unmissverständlich deutlich, dass das Ansinnen die HOAI abzuschaffen, falsch ist. Die HOAI, so Schwinn, schaffe keine Bürokratie, sondern sie sorgt als gesetzlich verbindliche Honorarordnung für Klarheit zwischen Bauherren und Ingenieuren bzw. Architekten. Er forderte das verantwortliche Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und die Länderwirtschaftsministerien auf, den seit Februar vorliegenden Statusbericht 2000plus – Architekten/Ingenieure als Grundlage für eine inhaltliche Novellierung der HOAI zu nutzen.

Der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Henschel, vertrat die Ansicht, dass auch ein schlanker Staat eine Gebührenordnung benötige und sah darin keinen Widerspruch.

Auch die folgenden Redner Prof. Dr. Karl Robl vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes und Erich Herf vom Verband privater Bauherren widersprachen vehement der Argumentation des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, das seit kurzem in der HOAI einen bürokratischen und nicht sachgerechten Eingriff in die Kräfte des freien Marktes sieht. Sie verwiesen unter großem Beifall darauf, dass der Bauherr auf den wirkungsvollen Schutz des besonderen Vertrauensverhältnisses zum Ingenieur und Architekten angewiesen ist. Sie bemerkten, dass die HOAI den qualitätsorientierten Leistungswettbewerb ermöglicht, der für qualitätvolles Bauen notwendig ist und warnten eindringlich davor, einem ruinösen Preiswettbewerb, bei dem die Qualität auf der Strecke bliebe, das Wort zu reden.

Für die Architekten und Ingenieure sprachen im Anschluss Joachim Brenncke, Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer und Inhaber eines Ingenieurbüros in Mecklenburg Vorpommern, sowie Karsten Zill, Vorstandsmitglied der Bundesingenieurkammer und Präsident der Ingenieurkammer Bremen, der seit 32 Jahren als Beratender Ingenieur tätig ist. Sie machten aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrungen deutlich, dass sich die HOAI in der Praxis bewährt hat. Die hohe Verantwortung, die Ingenieure und Architekten durch ihre geistig-schöpferische Leistung tragen, bedarf einer Honorarordnung. Auch künftig müsse sichergestellt werden, dass sich der Berufsstand das Vier-Augen-Prinzip zur Sicherung der Qualität noch leisten kann.

Ministerialdirigent Dr. Marx vom BMWA vertrat entgegen aller vorher gebrachten Argumente den Standpunkt, dass die Abschaffung der aus gesellschaftspolitischen Gründen gesetzlich verankerten HOAI Sinn mache. Er kündigte an, dass das Ministerium die Länder befragen werde, um deren Meinung zu hören. Sollten die Länder mit dem Vorhaben des BMWA einverstanden sein, so solle noch im Juni ein erster Referentenentwurf zur Abschaffung der HOAI vorgelegt werden. Er begründete das Vorgehen des Ministeriums mit den Ergebnissen des Statusberichts 2000plus.

Dieser Interpretation des Statusberichts trat jedoch anschließend der Leiter des Gutachterteams, Prof. Dr. Rainer Mertes, entschieden entgegen. Er sagte, dass das Gutachten keinesfalls wissenschaftliche Argumente für eine Abschaffung der HOAI enthalte. Der Statusbericht zeigte vielmehr, dass die HOAI sachgerecht und EU-konform sei. Genau wie seine Vorredner räumte er ein, dass die HOAI modernisiert und vereinfacht werden sollte.

Auch Ministerialrat Rudolf Steingen vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Städtebau bezweifelte, dass die HOAI Bürokratie schaffe. Er machte vielmehr deutlich, dass der Wegfall der HOAI Bürokratie in den Bauverwaltungen schaffen würde, weil es keinen verbindlichen und verlässlichen Rahmen mehr für die Abwicklung von Planungsleistungen gäbe. Er formulierte Befürchtungen, dass es zu einem "El Dorado" für die Rechnungshöfe kommen könne.

An der anschließenden Podiumsdiskussion, die vom Präsidenten der Bayerischen Architektenkammer, Peter Kaup, souverän moderiert wurde, nahmen u. a. auch der Vorsitzende des AHO, Dr. Ebert, teil. Mit Ausnahme des BMWA plädierten alle Diskussionsteilnehmer für den Erhalt der HOAI und deren gesetzlicher Grundlage. Die Bundestagsabgeordnete Franziska Eichstädt-Bohlig (Bündnis90/Grüne), von Hause aus selbst Architektin, machte deutlich, dass das BMWA keine stichhaltige Begründung für die Abschaffung der HOAI geliefert hat und sie sich daher nicht vorstellen könne, dass Bundestag und Bundesrat dem Vorschlag des Ministeriums folgen würden.

Zum Abschluss der Veranstaltung sprach Peter Conradi, Präsident der Bundesarchitektenkammer. Er sagte, dass es in der Argumentation des BMWA viel Ideologie, aber wenig Praxis gäbe. Offensichtlich sei es für das BMWA einfacher, ein Gesetz abzuschaffen, als sich inhaltlich mit dessen Novellierung auseinanderzusetzen. Er fragte auch, ob es aufgrund mangelnder Kompetenz im BMWA nicht besser wäre, die Zuständigkeit für die HOAI ins BMVBW zu verlagern. Er kündigte an, dass Architekten und Ingenieure ihre Interessen sachlich und mit wohl begründeten Argumenten wahrnehmen werden und ließ keinen Zweifel daran, dass alle Möglichkeiten zum Erhalt der HOAI ausgeschöpft werden.

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