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Krise am Bau kein europaweites Phänomen

  • Rahmenbedingungen für das deutsche Bauhauptgewerbe schlechter als im übrigen Europa
  • Anhaltender Preisdruck
  • Dringender Handlungsbedarf bei Kooperationen, Risikomanagement und Innovationen

(26.4.2003) Das deutsche Bauhauptgewerbe sieht das Ende der Talfahrt in der Branche nahezu erreicht. Die Rahmenbedingungen werden im europäischen Vergleich zwar schlechter eingeschätzt; Hoffungen setzt die Bauindustrie jedoch vor allem auf wachsende Investitionen der Privatwirtschaft. Trotz der erwarteten Zunahme der Bautätigkeit wird der Preiskampf mit Billiganbietern den deutschen Markt weiter prägen. Entscheidend für den Erfolg von Unternehmen werden künftig insbesondere Innovationsfähigkeit, aktives Risikomanagement sowie kundenorientierte Formen der Zusammenarbeit sein. Dies sind die zentralen Ergebnisse der Studie "Erfolgsfaktoren der Bauindustrie in Europa" von Roland Berger Strategy Consultants.

Befragt wurden 200 Führungskräfte aus der Bauindustrie in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Belgien, Schweden, Italien, Spanien und Portugal, den neun größten Märkten Europas.

Während in Deutschland die Krise am Bau ins siebte Jahr geht, verzeichnen andere europäische Länder wie Spanien dauerhaftes Wachstum. Dies ist auch auf unterschiedliche Rahmenbedingungen zurückzuführen: Die deutschen Bauunternehmen hoffen vor allem auf zunehmende Investitionsbereitschaft der Privatwirtschaft. Vom öffentlichen Bereich erwarten sie dagegen - anders als die Firmen im übrigen Europa - keine Wachstumsimpulse. Die angespannte Lage der öffentlichen Haushalte und der wirtschaftspolitische Reformstau senken das Vertrauen auf zusätzliche staatliche Bauförderung. Entsprechend negativ fällt das Urteil über die wirtschaftspolitischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland aus. Zudem rechnen die Bauunternehmen hierzulande mit andauerndem Preisdruck durch Billiganbieter.

"Viele Baumanager in Deutschland wissen heute, dass Instrumente der Vergangenheit allein keinen dauerhaften Markterfolg sichern können", so Dieter Weiss, Partner im Competence Center Operations Strategy bei Roland Berger Strategy Consultants. "Das Umdenken hat begonnen, zukunftsweisende Maßnahmen greifen, wenn auch noch zu langsam."

Erfolgsfaktoren der Zukunft

Noch immer konzentrieren sich viele Bauunternehmen in Deutschland auf den Schutz vor einer Rezession: Kostensenkung und operatives Risikomanagement gelten als bevorzugte Hilfsmittel. Um sich vom Wettbewerb zu differenzieren, setzen die Baufirmen vor allem auf den Preis. Damit verhält sich die Branche im europäischen Vergleich konservativ: Strategische Ansätze wie Kooperationen, Innovation und Diversifizierung gewinnen nur langsam an Bedeutung.

So bleiben Handlungsoptionen in Deutschland häufig ungenutzt, die der Bauindustrie im europäischen Ausland bereits nachhaltig zu Erfolg verholfen haben. Dazu zählen ...

  • Innovationen (z.B. Vertragsmodelle, Erneuerungsprozess)
  • Effektives Risikomanagement (nicht nur operativ, sondern auch ganzheitlichstrategisch)
  • Zusammenarbeitsmechanismen (z.B. Zulieferer, Subunternehmer)
  • Kundenorientierte Zusammenarbeit (z.B. Kooperation mit Auftraggebern, Partnering, Bauteam)
  • Moderne Unternehmensführung (z.B. Vergütungsmodelle)

Europäische Bauunternehmen halten dauerhafte Kooperation mit Auftraggebern für den wichtigsten Erfolgsfaktor. Dagegen stufen sie die Kooperation mit Wettbewerbern als weniger wichtig ein.

Steigender Marktdruck erfordert Innovationen, Risikomanagement und Kooperationen

Der Studie zufolge wächst der Handlungsdruck in Ländern mit niedriger Marktkonsolidierung. Wo wenige große Unternehmen einen hohen Anteil des Marktvolumens ausschöpfen (in Schweden, Frankreich und Spanien liegt der Anteil der 10 größten Unternehmen bei rund 50 Prozent), schätzt das Management den Handlungsbedarf geringer ein. In Deutschland, Portugal und Italien dagegen liegt die Marktkonsolidierung bei nur rund 10 Prozent, mit entsprechend stärkerem Handlungsbedarf.

Konsolidierung reduziert den Wettbewerbsdruck auf den Märkten. In Deutschland ist derzeit das Gegenteil zu beobachten: Der Markt "atomisiert" sich zusehens; immer mehr kleine Firmen entstehen, auch aus den Pleiten von Großunternehmen. Damit steigt der Marktdruck weiter an.

"Besonders vor diesem Hintergrund darf die deutsche Bauwirtschaft die strategische Neuausrichtung nicht länger vernachlässigen", so Dieter Weiss. "Langfristig haben Unternehmen nur dann eine Perspektive, wenn sie Innovationen fördern, effektives Risikomanagement betreiben und sich für Kooperationen öffnen."

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