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Institut Arbeit und Technik: Bauwirtschaft im tiefgreifenden Umbruch

(14.6.2003) Im tiefgreifenden Umbruch der Bauwirtschaft laufen viele Unternehmen Gefahr, mit kurzfristigen Kostensenkungsstrategien ihre Zukunft auf´s Spiel zu setzen. "Die überwiegende Zahl der Unternehmen verfolgt eine Strategie des 'Augen-zu-und-Durch', senkt die Preise und hofft auf bessere Zeiten", kritisiert Prof. Dr. Gerhard Bosch, Vizepräsident des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen). Um im Preiswettbewerb mitzuhalten verzichten Unternehmen auf Zukunftsinvestitionen, Beschäftigungs- und Qualitätsstandards werden missachtet und gegen gesetzliche Regelungen verstoßen. "Nur wenige Unternehmen bestimmen ihre Position in der Wertschöpfungskette neu und entwickeln langfristige Marktstrategien," stellt der IAT-Wissenschaftler Dr. Dieter Rehfeld fest.

Die IAT-Forscher raten zu einer Strategie der "Kompetenzentwicklung", bei der Qualitäts- und Kundenorientierung im Vordergrund steht. Wie die IAT-Untersuchungen zur deutschen Bauwirtschaft zeigen, ist der Markt inzwischen durch das Überangebot an Baukapazitäten zum Käufermarkt geworden, so dass die Berücksichtigung veränderter Kundenbedürfnisse - wie etwa der "Service aus einer Hand" - zunehmend zur Überlebensbedingung wird. Durch neue Technologien und Baustoffe steigen die Anforderungen an die Baubetriebe, Innovationen umzusetzen. Der Kostendruck auf die Unternehmen erfordert eine Effizienzsteigerung über Prozessmanagement und Unternehmenscontrolling.

Weitere Herausforderungen für die Bauwirtschaft sehen die Wissenschaftler in einem drohenden Fachkräftemangel aufgrund der Bevölkerungsentwicklung und der Internationalisierung des Bauarbeitsmarktes. Für größere deutsche Baubetriebe kann die EU-Osterweiterung neue Marktchancen in den Beitrittsländern bringen, für kleine Betriebe steht eher die zusätzliche ausländische Konkurrenz im Vordergrund. Neue Formen der illegalen Beschäftigung, die im internationalen Bauarbeitsmarkt in bisher unbekannter Größenordnung zur Senkung der Produktionskosten genutzt werden, hebeln Arbeitsmarktregelungen aus. Der Druck zur Deregulierung führt zudem dazu, dass viele Bauregulierungen grundlegend in Frage gestellt werden.

Allen Prognosen zufolge wird die ungünstige Nachfragesituation anhalten und die Bauwirtschaft mittel- und langfristig weiter schrumpfen. Nach Vorausschätzungen des IAT wird bis 2020 das Bauvolumen im gesamten Bundesgebiet stagnieren, hingegen im Ausbaugewerbe und in den sonstigen Bereichen steigen, weil Bauen im Bestand an Bedeutung gewinnt und die Ansprüche an die Innenausstattung steigen. Trotzdem wird mit weiterem Beschäftigungsabbau gerechnet: Bis 2015 wird voraussichtlich die Zahl der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe NRW´s um 27 Prozent zurückgehen. Im Ausbaugewerbe ist der Rückgang mit 15,8 Prozent beträchtlich, aber deutlich geringer.

Um die Herausforderungen zu bewältigen und eine zukunftsfähige und "kompetente" Bauwirtschaft zu erreichen, sind zahlreiche Maßnahmen notwendig, die nicht nur von den Unternehmen, sondern auch von Sozialpartnern, Politik und staatlichen Akteuren getroffen werden müssen. Am wichtigsten ist nach Einschätzung der Wissenschaftler die Reorganisation der Unternehmen. Auf Tarifvertragsparteien und Politik kommt die Aufgabe zu, die bestehenden Bauregulierungen zu überarbeiten und neu auszurichten. So sollten das Bauordnungsrecht und technische Regelwerke Mindeststandards festlegen und öffentliche Belange berücksichtigen, die Handwerksordnung durch erleichterten Marktzugang flexibilisiert, neue Anreize für Personalqualifizierung geboten und illegale Beschäftigung effektiver bekämpft werden.

Um ungleiche Wettbewerbsbedingungen für Entsendeunternehmen und deutsche Baubetriebe abzubauen wird vorgeschlagen, die Lohnkosten von Werkvertragsunternehmen aus der Europäischen Union oder aus Mittel- und Osteuropa an die deutschen Lohnkosten anzugleichen. Ferner sollte die gewerkeübergreifende Ausbildung verbessert werden.

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