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Bei Mietverfahren droht der Kollaps

(16.6.2003) Anders als der Deutsche Mieterbund (siehe Meldung vom 11.6.) zieht der Vorsitzende des Deutschen Mietgerichtstags, Ulf Börstinghaus, eine skeptische Bilanz der seit anderthalb Jahren gültigen Mietrechtsreform. Die Novellierung habe kaum zu einer Vereinfachung des Mietrechts geführt, so der Jurist im Interview mit der Immobilien Zeitung. Es sei zu befürchten, dass die hohe Zahl der Mietprozesse angesichts des Sparzwangs der öffentlichen Hand auch in der Justiz zu einem Kollaps im Mittelbau der Gerichtsverwaltung führe.

Mit der Mietrechtsreform wollte der Gesetzgeber eine Entlastung der Gerichte von den jährlich rund 330.000 Prozessen im Wohnraummietrecht erreichen. "Wenn in diesen Tagen ein neuer Mietrechtskommentar erscheint, der einen Umfang von 3.300 Seiten hat, ist dies ein deutliches Zeichen, dass von einer Vereinfachung wohl kaum die Rede sein kann", bemängelt Börstinghaus. Ein Fünftel aller erstinstanzlichen Verfahren an Amtsgerichten beschäftigten sich mittlerweile mit den Problemen von Mietern und Vermietern.

So bringe die Einführung von qualifizierten Mietspiegeln bei strittigen Fragen zur Mieterhöhung kaum eine Verbesserung, denn schon bisher seien gute Mietspiegel von der gerichtlichen Praxis berücksichtigt worden. Bei einigen der von den Kommunen mit viel Zeit und Geld erstellten "qualifizierten" Mietspiegel sei zudem fraglich, ob sie die nicht unerheblichen Anforderungen des Gesetzgebers überhaupt erfüllten.

Zum "Massengeschäft" der Juristen zählten auch die Betriebskostenabrechnungen. Obwohl zum 1. Januar 2004 eine neue Betriebskostenvereinbarung in Kraft trete, werde es wohl bei der bisherigen "lückenhaften und extrem streitträchtigen Regelung" bleiben. "Dabei könnte der Gesetzgeber durch eine klare Vorgabe tausende von Verfahren vermeiden", kritisiert Börstinghaus die mangelnde Entscheidungskraft der Politik.

Durch die zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Änderung der Zivilprozessordnung sei die Situation noch verschärft worden, da sie die Berufungsverfahren erleichtert habe. "Davon wird zurzeit extensiv Gebrauch gemacht", so Börstinghaus. So hatte es die Klage eines Vermieters über eine Umlagennachzahlung von rund 82 EUR sogar bis zum Bundesgerichtshof geschafft.

Das komplette Interview wird/wurde in der Immobilien Zeitung, Fachzeitung für die Immobilienwirtschaft, vom 20. Juni 2003 veröffentlicht.

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