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BFW: Diskussion um die Eigenheimzulage löst Scheinboom aus

(28.6.2003) Der Vorsitzende des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), Gerd Koppenhöfer, eröffnete die Jahrespressekonferenz im Vorfeld des Verbandstages (und vor der Vorstellung des heiß diskutierten Bundeshaushalt-Entwurfes 2004!) mit einer guten Nachricht: Der rapide Anstieg von Baugenehmigungen im ersten Quartal setzt sich offensichtlich fort. Dies haben Nachfragen in Berlin, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern ergeben. Das Heraufschnellen der Baugenehmigungszahlen bei Ein- und Zweifamilienhäusern im ersten Quartal habe sich mancherorts im April zwar etwas abgeschwächt. Zuwächse von 23 Prozent in Berlin bis 63 Prozent in Bayern seien aber selbst bei dem extrem niedrigen Vergleichsniveau des Vorjahreszeitraums noch immer überproportional. Koppenhöfer führte diese Entwicklung auf das Zusammentreffen zweier Faktoren zurück:

  • zum einen habe man es mit Vorzieheffekten bei der Eigenheimzulage zu tun. Die Verunsicherung über die Zukunft der Wohneigentumsförderung lasse viele, die den Plan eines Eigenheims erst mittelfristig verwirklichen wollten, schon jetzt zur Tat schreiten. "Spätestens jetzt dürfte bewiesen sein, dass die von Finanzpolitikern immer wieder bemühte Behauptung von den Mitnahmeeffekten bei der Eigenheimzulage nicht stimmt. Haushalte, die trotz der wirtschaftlichen Unsicherheit früher als geplant das Risiko eines Eigenheimbaus oder -kaufs eingehen, handeln aus der Gewissheit heraus, es ohne die Eigenheimzulage nicht zu schaffen", erläuterte Koppenhöfer die Baugenehmigungszahlen.
  • Zum anderen sei das Baugeld aufgrund des historischen Zinstiefs so günstig wie noch nie. Er prognostizierte selbst auf dem niedrigen Stand von 4,5 Prozent weiteren Spielraum nach unten, solange die Banken die jüngste Senkung des Leitzinses nicht vollständig an ihre Kunden weitergegeben hätten und das europäische Zinsniveau noch immer über dem amerikanischen liege.

Die Ergebnisse könnten nach Ansicht des BFW noch besser sein, würden sie nicht überlagert von der extremen Zurückhaltung derjenigen, die sich den Bau eines Eigenheims momentan zwar leisten könnten, aufgrund der unsicheren Einkommensentwicklung diesen Schritt aber nicht wagen.

Selbstfinanzierungseffekte bei der Eigenheimzulage

Koppenhöfer kritisierte die aktuellen Vorstöße von Finanzminister Eichel und Bauminister Stolpe, die Steuersenkungen auch auf Kosten der Eigenheimzulage um ein Jahr vorzuziehen, als wirtschafts- und finanzpolitisch verfehlt und zudem unsozial. "Die Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen werden zu den Verlierern der vorgezogenen Steuerreform: für ein paar Euro, die sie durch die Steuerentlastung monatlich mehr in der Tasche haben, wird ihnen ein Mehrfaches an Eigenheimzulage genommen."
Es zeuge von finanzpolitischer Unvernunft, inmitten einer Rezessionsphase Investitionsanreize abzuschaffen, die sich selbst finanzieren. Im Falle der Eigenheimzulage handele es sich sogar um einen steuerlichen Vorzieheffekt, da die Steuern und Sozialabgaben, die beim Bau eines Eigenheims anfallen, in den ersten ein bis zwei Jahren an den Fiskus fließen, während die Ausgaben für die Eigenheimzulagen über acht Jahre gestückelt werden. Koppenhöfer: "Jeder, der versucht, mit dem Abbau von Investitionsanreizen Kasse zu machen, macht die Staatskasse leer."

Vitalisierung deutscher Innenstädte

Alarm schlug Koppenhöfer hinsichtlich des Zustandes vieler Innenstädte. Der Verfall, die Verödung und Verwahrlosung der Infrastruktur in den Stadtzentren werde zu einem städtebaulichen, vor allem aber sozial- und wirtschaftspolitischen Problem, dessen Lösung man höchste Priorität beimessen müsse. Heruntergekommene Schulen, verwahrloste öffentliche Plätze, Stadtkerne, die sich nach Geschäftsschluss entvölkern, zunehmender Leerstand, steigende Kriminalität seien nur einige Auswüchse dieser Entwicklung. Die Städte hätten längst ihre Funktion als Lebensmittelpunkt für die Bevölkerung verloren. Die Kommunen selbst würden weder über die finanziellen Mittel noch über das Know-How verfügen, geeignete Konzepte für die überfälligen Umstrukturierungsprozesse zu erarbeiten und zu begleiten. Um die Zukunft der Städte zu gestalten, sei es erforderlich, interdisziplinär Konzepte zu entwickeln und als Partner alle Akteure einzubeziehen, die zur Aufgabe der Vitalisierung der Städte kreativ beitragen können. Der Einbeziehung innovativer Finanzierungsmodelle werde leider zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Abriss oder halbherzige Ausbesserungsmaßnahmen seien jedenfalls kein zukunftsfähiges Konzept.

Der BFW fordert die kommunalen Verwaltungen auf, endlich ihren Widerstand gegen Public Private Partnership aufzugeben. Je enger sich der Gürtel um die öffentlichen Haushalte schnüre, desto größer müsse der Mut zu privater Finanzierung und Betreibung werden. Mittlerweile beliefen sich die Bauinvestitionen der Länder und Gemeinden auf gerade noch 70 Prozent der Aufwendungen von vor zehn Jahren. Schon damals hätten sich diese Investitionen als unzureichend erwiesen. Auf dem heutigen Niveau sei noch nicht einmal die Instandhaltung der öffentlichen Bausubstanz zu finanzieren - von Neuinvestitionen ganz zu schweigen. Koppenhöfer: "Eines steht fest: nur privates Kapital kann den Verfall stoppen und dringend benötigte Neuinvestitionen vorantreiben." Auf diese Weise würden nicht nur die kommunalen Kassen entlastet. Investitionen, die ohne privates Kapital unterbleiben müssten, würden die Konjunktur ankurbeln und ließen Arbeitsplätze bei Bau und bei der Immobilienbewirtschaftung entstehen.

Der BFW fordert, die großen innerstädtischen Brachflächen, die durch den Um- und Rückzug von Industrien und Gewerbebetrieben derzeit in fast allen deutschen Groß- und Mittelstädten zur Verfügung stehen, dazu zu nutzen, den Verlust von Wohnbevölkerung in den Innenstädte endlich umzukehren. Die kleinräumige Funktionsmischungen von Wohnen, Einzelhandel, Gewerbe und Dienstleistungen sei eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Vitalisierung der Stadtzentren. Dafür müsse die Baunutzungsverordnung, die mit ihrer schematischen Trennung von Wohn- und Gewerbenutzung besonders in Großstädten überhaupt nicht mehr zeitgemäß sei, abgeschafft, zumindest aber flexibilisiert werden. Mit innerstädtischen Wohnangeboten, die mit dem Umland konkurrieren können, müsse gezielt ein Angebot geschaffen werden, das für alle, insbesondere für Familien mit Kindern attraktiv ist. Verbunden mit einer wohnortnahen Versorgung durch den traditionellen Einzelhandel lasse sich auf diesem Wege die Kaufkraft zurück in die Städte holen.

Der BFW fordert, in den kommunalen Verwaltungen eine Stabstelle für das Citymangement zur Beschleunigung und Koordination von Genehmigungsverfahren im innerstädtischen Bereich einzurichten. Bauordnungsrechtliche, bauplanungsrechtliche und gewerbeaufsichtsrechtliche Genehmigungsverfahren müssten gebündelt werden. Ansonsten werde es mittelständischen Investoren immer wieder passieren, dass ihre Finanzierung letztlich an den langwierigen, mehrstufigen Genehmigungsverfahren scheitert. Es müsse endlich zur Chefsache werden, die Konkurrenzfähigkeit der Städte zu verbessern.

Der BFW fordert, kommunale Satzungen wie Erhaltungssatzungen, Milieuschutzsatzungen und Parkraumsatzungen abzuschaffen. Milieuschutzsatzungen seien nicht geeignet, die Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung und des kleinteiligen Einzelhandels zu verhindern. Das Einzige, was sie verhindern würden, seien Investitionen. Ähnlich verhalte es sich mit der Erhaltungssatzung. Saniert werde insbesondere da, wo es keine Erhaltungssatzung gibt. Am schlimmsten wirkten die Parkraumsatzungen, die die Käufer geradezu in die Einkaufszentren außerhalb der Stadt treiben würden.

Der BFW fordert die Beteiligung von immobilienwirtschaftlichen Unternehmen an der baulichen Sanierung und Sicherung von Innenstädten. Kommunale Verwaltungen und kommunale Betreibergesellschaften seien teilweise damit überfordert. Private Immobilienunternehmen hingegen hätten hinreichend Erfahrung mit dem nachfragegerechten Management von Immobilienbeständen, ohne das die Innenstädte ihre Konkurrenzfähigkeit endgültig verlieren würden.

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