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Public Private Partnership (PPP) im öffentlichen Hochbau im Aufwind!?

(20.9.2003) "Die Bundesregierung will durch langfristig angelegte Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft öffentliche Hochbauvorhaben effizienter realisieren als bisher", erklärte Bundesbauminister Stolpe anlässlich der Pressekonferenz zur Vorstellung des Gutachtens PPP im öffentlichen Hochbau. "Der im Auftrag von Bundeskanzler Schröder im letzten Jahr eingesetzte Lenkungsausschuss hat es übernommen, bis Dezember einen konkreten Vorschlag für die Einrichtung einer PPP-Taskforce vorzulegen. Ziel ist, stufenweise auf die Einrichtung eines deutschen PPP-Kompetenznetzwerkes hinzuarbeiten."

Das Gutachten zeigt anhand einer Vielzahl von untersuchten nationalen und internationalen Projekten, dass mit öffentlich-privaten Partnerschaften Effizienzgewinne in einer Größenordung von 10-20% realisiert werden konnten. "Zentral ist, dass es bei PPP nicht nur um den Bau, sondern um den gesamten Lebenszyklus einer Baumaßnahme geht - also vor allem um die so wichtige Betriebsphase. Dort liegen nämlich etwa 70-80% der Gesamtkosten. Hier haben wir in Deutschland noch Nachholbedarf", erklärte Minister Stolpe. Gleichzeitig warnte er allerdings auch vor überzogenen Erwartungen: Nicht alle Projekte seien für PPP geeignet, der Lebenszyklusansatz stelle zudem komplexe Anforderungen, auf die sich alle Beteiligten einstellen müssten. Andererseits berge PPP Chancen insbesondere auch für den Mittelstand: "Der Erfolg von PPP wird maßgeblich davon abhängen, dass wir das dritte P - die Partnerschaft - mit Leben erfüllen", meinte der Minister.

Das heute zusammen mit ...

  • dem hessischen Minister Dr. Alois Rhiel, Vorsitzender der Bauministerkonferenz,
  • dem Vorstandsvorsitzenden der Bilfinger Berger AG Dipl. Ing. Herbert Bodner, Vorsitzender des Arbeitskreises Private Finanzierung des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie,
  • dem Vorstandsvorsitzenden der Landesbank Baden-Württemberg Hans Dietmar Sauer, Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Banken, sowie
  • den Repräsentanten des Gutachterkonsortiums Prof. Dr. Martin Weber, Price Waterhouse Coopers, und Dr. Michael Schäfer, Freshfields Bruckhaus Deringer,

... vorgestellte Gutachten wurde im Februar in Auftrag gegeben und am vergangenen Dienstag vom Lenkungsausschuss abgenommen. "Das Gutachten selbst ist ein gelungenes PPP-Beispiel - mit hohen Anforderungen an interdisziplinäre Kooperation, mit bemerkenswerter Qualität und termingerechter Lieferung - und das nach nur 6 Monaten", meinte der Minister. Das Gutachten wurde nicht nur von Bund, Ländern, Bau- und Kreditwirtschaft gemeinsam finanziert, sondern auch von einer Arbeitsgruppe des Lenkungsausschusses in einem dialogischen Verfahren mit einer Vielzahl von Workshops und Expertenanhörungen begleitet. Der Lenkungsausschuss unter Vorsitz des Parlamentarischen Staatssekretärs Achim Großmann besteht aus Vertretern der Bundesressorts (Bau, Wirtschaft, Finanzen), der Länder (Bau-, Finanz- und Innenministerkonferenz) der kommunalen Spitzenverbände, je drei Verbänden der Bau- und Kreditwirtschaft, der Architekten und der IGBau. Auch das Gutachterkonsortium selbst war mit PriceWaterhouseCoopers Finance Beratung GmbH, der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, dem Beratungsunternehmen für Gebietskörperschaften VBD Beratungsgesellschaft für Behörden mbH unter Mitwirkung der Bauhaus-Universität Weimar und des Facility Management Spezialisten Creative Conzept GbR interdisziplinär aufgestellt.

Das umfangreiche Gutachten hat fünf Teile:

  • In dieser Form für Deutschland erstmalig enthält es zunächst einen PPP-Leitfaden, der den Anwendern sowohl bei Bund, Ländern und Kommunen als auch in der Wirtschaft eine praxisorientierte Hilfestellung über den grundsätzlichen Ablauf eines PPP-Projektes gibt.
  • Der zweite Teil untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen im Vergabe, Haushalts-, Kommunal-, Steuer- und Zuwendungsrecht, verbunden mit einer Fülle von Handlungsempfehlungen. PPP-Projekte sind danach zwar bereits nach geltendem Recht möglich; etliche Rahmenbedingungen müssen allerdings noch optimiert werden.
  • Der dritte Teil widmet sich dem Thema Wirtschaftlichkeitsvergleich. Die Ergebnisse dieses Gutachtensteils werden von der Praxis besonders dringlich erwartet, weil in Deutschland bislang allgemein anerkannte Standards für den Nachweis der Wirtschaftlichkeit eines PPP-Projektes fehlten.
  • Neben dem vierten empirischen Teil (s.o.) enthält das Gutachten schließlich
  • in Teil fünf Vorschläge zur Konzeption des Kompetenzzentrums. Hierzu erklärte der Minister: "Das ins Auge gefasste Kompetenznetzwerk soll die im Gutachten entwickelten Vorschläge umsetzen helfen, die notwendige Verzahnung zu Länderkompetenzzentren, Bundesressorts und Bund-Ländergremien gewährleisten und mit der notwendigen Wissensvermittlung PPP-Projekte unterstützen. Wichtig wird insbesondere auch sein, geeignete Pilotprojekte zu identifizieren, mit denen das PPP-Leitmotiv "gemeinsam besser" transportiert werden kann.

Selbstredend haben es sich verschiedene Verbände nicht nehmen lassen, auf das Gutachten PPP im öffentlichen Hochbau zu reagieren:

  • Der Deutsche Städtetag betont, dass "Public-Private-Partnership"-Modelle die kommunale Finanzkrise nicht lösen können. Dennoch: Man wünscht weitere Erkenntnisse über praktikable Handlungsoptionen für eine im Sinne von Wirtschaftlichkeit und Effizienz verbesserte Durchführung der Investitionen. "Das Gutachten sei eine Grundlage für die politische Diskussion, selbstverständlich noch nicht deren Ergebnis, denn hier sind unterschiedliche Interessen im Spiel."
  • Aus Sicht des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB) sei man "endlich einen Schritt weiter": Man erwartet, dass nun der Startschuss für PPP insbesondere auf kommunaler und auf Landesebene gegeben wurde. Hier würden die größten Potenziale für eine privatwirtschaftliche Realisierung öffentlicher Hochbauten liegen. Angesichts einer maroden Infrastruktur, angesichts chronisch klammer öffentlicher Kassen und angesichts immenser, bisher unerledigter Bauaufgaben bei Städten und Gemeinden könne die Zukunft nur darin liegen, diesen Weg des partnerschaftlichen Miteinanders von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft zügig zu beschreiten.
    Übrigens: Laut ZDB sei Public-Private-Partnership nicht nur für Großunternehmen geeignet; ganz im Gegenteil: der ZDB ist überzeugt, dass bei mittelstandsgerechter Ausschreibung, die im Gutachten im übrigen ausdrücklich gefordert wurde, auch mittelständische Unternehmen gute Chancen haben, sich an der privatwirtschaftlichen Realisierung öffentlicher Projekte zu beteiligen. Bietergemeinschaften und Kooperationen seien dafür geradezu prädestiniert.
  • Für den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie war dieser Tag ein guter Tag für öffentlich-private Partnerschaften. Es gelte nunmehr Pilotprojekte zu identifizieren, aber auch einen Aktionsplan zur Beseitigung rechtlicher PPP-Hemmnisse zu verabschieden. Bis Ende 2003 könne die Aufbauphase für das PPP-Kompetenzzentrum abgeschlossen, bis zum Frühjahr 2004 die Arbeitsfähigkeit des Zentrums hergestellt sein.
    Die deutsche Bauwirtschaft drängt auf eine enge Kooperation zwischen dem Bundeskompetenzzentrum und entsprechenden Einrichtungen der Länder. Die Bauindustrie sieht den Arbeitsschwerpunkt des PPP-Kompetenzzentrums vor allem in der Standardisierung von Ausschreibungsverfahren, der Erarbeitung von Musterverträgen, der Entwicklung eines Methoden-Tools und im Informationstransfer. Demgegenüber liege das Schwergewicht der Beratungstätigkeit bei den Ländern.
    Die deutsche Bauwirtschaft setze große Hoffnungen in öffentlich-private Partnerschaften. Für die deutsche Bauwirtschaft sei dies ein Weg, sich über das reine Baugeschäft hinaus neue Geschäftsfelder im Bereich der Unterhaltung und des Betriebs von öffentlichen Bauwerken zu erschließen. Für den bauwirtschaftlichen Mittelstand gebe es insbesondere im kommunalen Hochbau eine breite Palette von Projekten, die dieser allein oder in Kooperation mit Finanzierungs- und Dienstleistungspartnern beherrschen könne.
  • Auch die Bundesarchitektenkammer begrüßt das Gutachten "PPP im öffentlichen Hochbau", denn es sei eine gute Grundlage für die zukünftige Bewertung von Public Private Partnerships beim Bau von Schulen, Krankenhäusern, Gefängnissen und sonstigen öffentlichen Hochbauten. Nach langen Diskussionen in der Europäischen Union sei es zudem besonders erfreulich, dass nun auch ein deutscher Ansatz für eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (WU) vorläge. Neben Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit müsse aber auch in gestalterischer Hinsicht die höchstmögliche Qualität angestrebt werden. "Das geht nur mit Architekten und guter Planung," betonte Peter Conradi, Präsident der Bundesarchitektenkammer. Als bewährtes Instrument der Qualitätssicherung müssten zudem Wettbewerbe im Vorfeld von PPP-Verfahren selbstverständlich sein.

In anderen Ländern wie die Niederlande und Großbritannien gilt Public Private Partnership längst als Erfolgsmodell: In Großbritannien sollen bereits 20 Prozent des öffentlichen Investitionsvolumens privatwirtschaftlich abgewickelt werden. Auf Deutschland übertragen, entspräche dies allein im öffentlichen Hochbau einem Volumen von 3,2 Mrd. Euro. Der Vorsitzende des Arbeitskreises "Private Finanzierung" des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Dipl.-Ing. Herbert Bodner, rechnet zwar nicht damit, dass dieses Volumen bereits in den nächsten Jahren erreicht werden könne; der erste Schritt sei jedoch getan: "Deutschland ist reif für Public Private Partnership".

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