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[Projektbericht] Glasfliese an Glasfliese: Sanfter Schimmer und klare Reflexe

(9.10.2003) Tausende kleinformatige Glasfliesen bilden die Fassade des Luwoge/Gewoge-Dienstleistungszentrums in Ludwigshafen. Was massiv anmutet, ist tatsächlich hinterlüftet, basiert auf dem Fassadensystem Verotec Futur und eröffnet neue Ausdrucksmöglichkeiten für die Architektur - siehe auch Bing-Maps und/oder Google-Maps.

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Luwoge/Gewoge, eine Tochter der BASF, hatte zu einem Wettbewerb für ihr neues Dienstleistungscenter in Ludwigshafen eingeladen. Und knapp drei Jahre nach dem Start der Ausführungsplanungen ist das kammförmige Gebäude fertig, bezogen sowie in Betrieb. Im Prinzip handelt es sich um einen Verwaltungsbau für das Wohnbauunternehmen Luwoge/Gewoge und die Betriebskrankenkasse Fortesnova der BASF - eine durchaus bekannte Aufgabe also, die die Architekten aber zu einer sehr spezifischen Planung veranlasste:

Die Planung basierte zunächst auf der Zerlegung des Grundstückes in parallele Funktionsstreifen - ein ordnendes Prinzip, das sich durch die gesamte Konzeption zieht. Entlang einer stark befahrenen Straße gelegen, entwickelten die Architekten eine mehrteilige Architektur aus fünf Büromodulen, die nach Norden an eine schlanke Querspange andocken. Diese Spange dient der räumlichen Verbindung der dreigeschossigen Büromodule, birgt aber auch Konferenzräume, Technikräume und Eingänge. Mit einer Länge von 160 Metern bildet die Spange auch eine komplette Abschottung zur nördlichen Straße – und ist umgekehrt der öffentlich wirksame Teil des Gebäudes.

Die Fassadenausbildung der Spange erhält damit eine besondere Bedeutung, die die Architekten nutzen, um mit Massivität und Transparenz, mit Schichtungen und Reflektion gekonnt zu spielen. Das Gros der langen Nord- und der Stirnfassaden nach West und Ost bedeckt eine weiße, reflektierende Schicht, die sich bei genauerer Betrachtung in zahllose, kleine Glasfliesen (48 x 48 mm) auflöst. Nun könnte man annehmen, dass diese rückseitig weiß emaillierten und zweistufig eingebrannten Fliesen direkt auf den massiven Stahlbetonkörper verlegt wurden. Das aber ist natürlich aus Gründen des Wärmeschutzes, der Bauphysik und des thermischen Ausdehnungsverhaltens der Materialien nicht umsetzbar. Also suchte man nach anderen Möglichkeiten, die ästhetische Vision technisch zu realisieren – und fand sie im System Verotec Futur, einer hinterlüfteten Vorhangfassade mit Trägerplatten aus Blähglasgranulat. Eine elegante Lösung, zeigt die Trägerplatte doch ein ähnliches Ausdehnungsverhalten wie die Glasfliesen. Und weil Verotec Futur konzeptionell so angelegt ist, dass es als Unterbau für verschiedenste Deckmaterialien dienen kann, lag die Applikation der Fliese nahe. Die baurechtliche Genehmigung wurde vom Verarbeiter als "Zustimmung im Einzelfall" eingeholt, mit der Maßgabe einer Überwachung des Langzeitverhaltens.

Die vom österreichischen Hersteller Villiglas auf Maß produzierten, acht Millimeter dicken Fliesen kamen als 30 x 30 Zentimeter große Verbände auf Netzen vorfixiert an die Baustelle. Dort erfolgte die Verklebung auf die zuvor montierte und armierte Vorhangfassade, wobei das besondere Augenmerk dem homogenen Gesamtbild galt, Verkippungen einzelner Netze waren unerwünscht. Auch die in vertikalen und horizontalen Abständen von 1,5 Metern integrierten, mit 2 Millimetern extrem schmalen Dehnfugen durften optisch nicht in Erscheinung treten. Dies verlangte ein Material mit großer Flankenhaftung und Farbübereinstimmung zu den normalen Fugen. Um das Verschmutzungsverhalten der beiden Fugenmaterialien anzugleichen, besandete man die Oberfläche der Dehnfugen vorsichtig.

Transparent-opakes Wechselspiel mit Glas

So monolithisch die verfliesten Bereiche des Baukörpers erscheinen, so sehr stehen ihnen die transparenten, geschosshoch verglasten Partien entgegen. Sie erlauben Einblicke in das Innere der Spange, zeigen ihre Funktion als Quer- und Vertikalerschließung. Auch die versetzt angeordneten Besprechungsräume, die gleichzeitig als Auflager für schlanke, einläufige Treppen dienen, werden so sichtbar. Die Konferenzräume bereichern auch das nächtliche Erscheinungsbild, ihr in Hellgrün getauchtes Ambiente strahlt nach außen hinaus. Reflexe auf den Glasfliesen lassen das Gebäude tags wie nachts immer etwas anders wirken. Dabei springen die Glasflächen der Pfosten-/Riegelkonstruktion um genau die Dicke der Glasfliesen zurück. Ein Detail, das die flächige Wirkung der Fassade entscheidend unterstützt und stellvertretend für die Akribie genannt sei, mit der die Architekten die Einhaltung der Rasteraße, des Fugenbildes und der Anschlüsse aller Fassaden planerisch durchdeklinierten.


An den Fassaden, aber auch im Inneren ist das Dienstleistungscenter von besonderen Lösungen geprägt, die immer wieder auf der Fähigkeit beruhen, vorhandene Elemente neu zu kombinieren. So wurde konstruktives, formales und räumliches Neuland mit der Sicherheit industrieller Systeme verbunden - eine Strategie, die auf frühzeitige Kooperationen setzt.

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