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Ziegelfassaden als Teil der natürlichen Gebäudeklimatisierung

(5.3.2004) Viele Bürogebäude in visionärer Ganzglasarchitektur, die inzwischen den modernen Bürobau dominieren, können in den heißen Monaten das Wohlbefinden ihrer Nutzer kaum leisten. Dies ergab eine vom Institut für Wohnen und Umwelt, Darmstadt, initiierte Erhebung "Glasarchitektur - Lehren aus einem Großversuch", durchgeführt an 24 meist repräsentativen Bürogebäuden mit Ganzglasfassaden. Laut Untersuchung "zeichnen" sich diese Glasbauten u.a. aus durch entschieden zu hohe Innentemperaturen aufgrund des Aufheizeffektes der Glasfassaden, verbunden mit unerträglichem Innenklima trotz umfangreicher, Energie fressender Kühl- und Lüftungstechnik. Die Folge sind verheerende Energiekennwerte bei zu erwartendem Primärenergiebedarf von über 300 kWh/m²a. Das Glasgebäude wird nicht selten zu einem nicht abstellbaren, großflächigen Sommerheizkörper. Hinzu kommen elektrische Ganztags-Beleuchtung statt Tageslicht, höhere Betriebskosten durch Glasreinigung, Vogelschlag, Höhenangst von Angestellten und ein geringerer Schallschutz gegen Außenlärm. Eine Erkenntnis von vielen: "Es gehört sehr viel Mut dazu, Fassaden, die noch im Experimentierstadium stehen, für Neubauten mit 2.000 und mehr Arbeitsplätzen einzusetzen."

Hier wird eine durchaus alarmierende Situation beschrieben! Immerhin gibt der Arbeitsschutz strenge Regeln vor. So enthalte die Arbeitsstättenverordnung eine standardisierte Raumklimaanforderung an Arbeitsplätze, die vom jeweiligen Arbeitgeber grundsätzlich zu gewährleisten ist. Mit Einführung der EnEV wurde erstmals auch der Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes als Verpflichtung erfasst. Entsprechende Anforderungen enthält die DIN 4108-2. Um für die Nutzer nicht nur das Wohlbefinden im Winter zu gewährleisten, sondern auch in der Sommerperiode erträgliche Innenraumtemperaturen - möglichst ohne Klimaanlagen, legt die DIN Anforderungen an den Wärmeschutz im Sommer fest. So sollen im ungünstigsten Raum des Gebäudes die Grenzwerte der Innentemperatur nicht länger als 10 % der Nutzungszeit überschritten werden. Um die starken regionalen Schwankungen der mittleren täglichen Außenlufttemperaturen im Sommer zu berücksichtigen, wurde im Rahmen des Nachweises das Bundesgebiet in drei Sommer-Klimaregionen mit einem jeweils gültigen Grenzwert der Innenraumtemperatur eingeteilt. Man unterscheidet zwischen ...

  • einer sommerkühlen Region mit einem Grenzwert von < 25 °C,
  • einer gemäßigten Region mit einem Grenzwert von < 26 °C und
  • einer sommerheißen Region mit einem Grenzwert von < 27 °C.

"Werte", so die Ziegelindustrie, "die allerdings bei den meisten untersuchten Bürogebäuden mit Ganzglasfassaden drastisch überschritten wurden - und nicht nur bei 10 % der Nutzungszeit."

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Wie Hans-Heinrich Meier, Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Ziegelindustrie e.V., Bonn, betonte, stelle der sommerliche Wärmeschutz für massiv gebaute Bürohäuser mit zweischaliger Ziegelverblendfassade "kein Problem dar". Der Ziegel sei ein träger Baustoff. Durch Lochung und Poren dringe warme oder kalte Luft nur ganz langsam ein. Dies gelte für die Tagesphase ebenso wie für die Nachtphase bei Kälteeintrag. "Durch diese ziegeltypische Phasenverschiebung - die Trägheit der Vormauerschale - wird Wärme bzw. Kälte weitestgehend absorbiert. Im Rauminneren ist es je nach Jahreszeit angenehm kühl oder wohlig warm. Und dieses ohne besonders ausgeklügelte, kosten- sowie energieintensive Klima- und Lüftungstechnik". Konventionelle Regelungen reichten hier völlig aus. Nach seiner Erfahrung setze sich diese Erkenntnis bei objektiv argumentierenden Architekten bereits vermehrt durch. "Sie wissen, dass Glaskästen raumklimatisch oftmals nicht funktionieren, dass mit einer Speichermasse-Fassade die Anforderungen besser erfüllt werden."

Dabei brauchen Architekten bei der Planung massiv errichteter Gebäude mit Ziegelsichtmauerwerk nicht auf den Einsatz von Glas aus ästhetischen wie Belichtungs-Gründen zu verzichten. Großflächige Fenster könnten zur Nordseite angeordnet werden. Auf den Witterungsseiten müsse jedoch den Erfordernissen entsprechend gebaut werden. Hilfreich seien zudem tiefe Fensterleibungen, so dass bei hoch stehender Sonne die Strahlung nur reduziert ins Rauminnere dringen kann. Sei aus architektonischen Gründen ein offenes Gebäude gewollt, könne als Problemlösung beispielsweise vor die Glasfassade im Abstand eine mit Durchbrüchen attraktiv gestaltete Ziegelfassade gesetzt werden. Dies demonstriert eindrucksvoll das von den belgischen Architekturbüros Atelier d'Architecture et d'Urbanisme de Malèves und Atelier d'Architecture J.H. Pigeolet, Perwez bzw. Walhain, realisierte Verwaltungsgebäude "Le Clairvaux" in Louvain-la-Neuve (siehe Bild).

"Unsere Aufgabe ist es", so Hans-Heinrich Meier, "die Architekten zu überzeugen, dass sie bei zweischaliger Ziegelverblendbauweise immer auf der richtigen Seite sind - in konstruktiven wie technischen Belangen, bei Wärme- und Kälteschutz, beim Lärmschutz dank schwerer Vormauerfassade, durch geringere Investitions- und wirtschaftliche Betriebskosten." Darüber hinaus wolle sich die Ziegelindustrie mehr als bisher als Partner in der Gestaltung empfehlen - beispielsweise mit neuen Ziegelformen, Abmessungen und Anwendungskonzepten. Die Bereitschaft vor allem bei jungen Architekten sei da, wüssten sie doch um die Vorteile der Ziegelbauweise. "Nur - sie wünschen sich Alternativen zum konventionellen, kleinteiligen Konzept in der Wand. Wenn wir hier bereit sind, neue Wege aufzuzeigen und uns neu zu akzentuieren, dann machen auch viele Architekten mit."

Abschließend verwies Meier auf Alternativen auch im Blick auf die Mauerwerksdicke. "Wir sind bestrebt, ein System anzubieten, das die zweischalige Wand im Wettbewerb auch zukünftig sicher positioniert - beispielsweise mit einer Konstruktion aus ...

  • 15 cm Innenmauerwerk,
  • Dämmung und
  • 9cm dicken Verblendern.

Daraus entsteht eine sehr dünne, wirtschaftliche Wand mit allen bewährten Vorteilen der Ziegelfassade, ein ehrliches Gebäude mit robustem, behaglichem Innenklima."

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