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Mit der Gartensaison beginnt wieder mancher Rechtsstreit um Pflanzen, Teiche und Sichtschutz

(18.5.2004) Mit jedem Grad, den das Thermometer nach oben klettert, werden Balkon, Terrasse und Garten für Immobilienbesitzer wieder attraktiver. Sie holen die Liegestühle aus dem Keller, spannen den Sonnenschirm auf und bepflanzen auch ihre Beete. Doch Frühling und Sommer bringen nicht nur Freude. Der Streit um die Gartenpflege und um die Gestaltung des Freisitzes etwa führt häufig bis vor die Gerichte. Aus diesem Grund hat der Infodienst Recht und Steuern der LBS in einer Sonderausgabe einige Urteile zusammengestellt, mit denen sich Mieter ebenso wie Vermieter über ihre Rechte und Pflichten informieren können.

Alleinherrschaft überhaupt den Garten  in einer Wohnanlage

Der Ärger beginnt häufig schon mit der Frage, wer denn in einem Mehrfamilienhaus überhaupt den Garten nutzen darf. In einer kleinen Wohnanlage war das an sich klar geregelt. Ein Mieter hatte sich bereit erklärt, Wiese und Blumenbeete zu pflegen. Dafür erhielt er vertraglich das ausschließliche Recht zugesprochen, sich dort aufzuhalten. Eines Tages allerdings ließ der Verwalter eine Wäschespinne aufstellen, die allen Bewohnern zur Verfügung stehen sollte. Der Betroffene wehrte sich dagegen. Ihm wurde entgegen gehalten, schon in früheren Zeiten habe an dieser Stelle bereits eine Wäschespinne gestanden, dieses Gewohnheitsrecht müsse er akzeptieren. Das Amtsgericht Brilon (Aktenzeichen 2 C 173/00) sah dies nicht so. Nachdem die Angelegenheit vertraglich klar geregelt sei, dürfe der Mieter auf seiner "Alleinherrschaft" über den Garten bestehen. Anders wäre es nur gewesen, wenn er in der Vergangenheit bereits die Existenz einer Wäschespinne geduldet hätte. Das war allerdings nicht nachweisbar.

Mieter verpflichtet sich zur Gartenpflege

Ein ganz anderes Problem mit der Gartenpflege hatte ein Mieter im Raum Oldenburg. Auch er hatte sich verpflichtet, die Grünflächen mit wöchentlichen Arbeitsstunden in Schuss zu halten. Doch er kam seinen Aufgaben kaum nach, statt dessen entfernte er ohne Rücksprache mit dem Eigentümer diverse Pflanzen wie eine Zypressenhecke und Alpenrosen. Im Gespräch mit dem Vermieter bekannte er sogar, es sei ihm egal, wie der Garten aussehe. Wegen dieser und einiger anderer Vorkommnisse (sein Hund hatte Türen und Fenster der Wohnung zerkratzt) ging dem sorglosen Mieter die Kündigung zu. Vor dem Landgericht Oldenburg (Aktenzeichen 2 S 415/95) argumentierte er, ein schlimmes Nierenleiden habe ihn unter anderem 12 Wochen lang daran gehindert, seinen Pflichten nachzukommen. Die zuständige Zivilkammer ließ trotzdem die Kündigung gelten. Wenn jemand gesundheitlich verhindert sei, so die Begründung, dann müsse er eben für einen Stellvertreter sorgen.

Schaden durch die Wurzeln von Nachbars Baum

Nicht nur persönliches Fehlverhalten, sondern auch ungehindertes Pflanzenwachstum führt immer wieder zu Ärger unter Nachbarn. In einer Berliner Wohnsiedlung hatten sich die Wurzeln eines Kirschbaums im Laufe der Jahre unter der Grundstücksgrenze hindurchgegraben und die Betonplatte eines Weges um drei Zentimeter angehoben. Der betroffene Eigentümer schritt zur Tat, ließ die Wurzeln kappen und einen neuen Bodenbelag verlegen. Dem verdutzten Nachbarn präsentierte er dafür eine Rechnung von mehr als 1.000 Euro. Der Fall ging durch drei Instanzen bis vor den Bundesgerichtshof (Aktenzeichen V ZR 99/03), weil keine der Parteien nachgeben wollte. Die höchsten deutschen Richter fällten ein Grundsatzurteil: Der Wegbesitzer habe das Recht gehabt, das Wurzelwerk zu entfernen und den Baumbesitzer dafür bezahlen zu lassen. Die gesamte Neupflasterung sei aber dann doch zu weit gegangen, es hätte gereicht, die unversehrte Betonplatte nach den Arbeiten einfach wieder einzupassen.

Sammeln von Brennholz

Ebenfalls um eine "Grenzverletzung" stritten sich zwei Nachbarn aus dem Rheinland. Hier war der Anlass allerdings ein anderer: Einer von beiden hatte einen riesigen Holzstoß (15 Meter lang, 1,70 bis 3 Meter hoch) aufgebaut. Der Hinweis, dass dieses Ungetüm an der Grundstücksgrenze keinen besonders schönen Eindruck mache, ließ ihn unberührt. Es sei sein gutes Recht, Brennholz für den Winter zu lagern, entgegnete er. Das sahen die Juristen des Oberlandesgerichts Koblenz (Aktenzeichen 5 W 810/98) zwar im Prinzip ebenso, bei den Dimensionen des Holzstapels spielten sie aber nicht mit. Diese Anhäufung wirke größer als ein Gartenhäuschen und sei deswegen eindeutig übertrieben.

Grenzabstand von gerade erst gepflanzten Bäumen

Selbst beim Sammeln von Brennholz gelten also gewisse Regeln. Wie aber sieht es mit lebenden, gerade erst gepflanzten Bäumen aus? Auch diese Konstellation wurde schon hundertfach vor Gerichten durchgespielt. Ein sicherlich extremer Fall war die Anpflanzung von 40 Nordmanntannen, nur vier Meter von der Grundstücksgrenze entfernt. Die Nachbarn betrachteten das als pure Schikane und drängten auf eine Entfernung der zu diesem Zeitpunkt nur 50 Zentimeter hohen Bäume. Es sei schließlich bekannt, dass sie schnell wachsen und bis zu 20 Metern groß werden können. Mit diesem Anliegen kamen die verärgerten Nachbarn vor dem Landgericht Gießen (Aktenzeichen 1 S 36/00) aber nicht durch. Der Jetztzustand sei entscheidend, fand eine Zivilkammer. Momentan entzögen die Mini-Tannen ihnen weder Licht noch Luft, auch Wohnqualität und Gesundheit seien nicht gefährdet. Die vermeintlichen Schikane-Opfer haben also erst wieder in etlichen Jahren eine Chance mit ihrer Klage, wenn die Bäume bis dahin kräftig gediehen sind.

Schaden durch verdichteten Gartenboden

Genau um das Gegenteil von prächtigem Gedeihen ging es in einem Prozess am Oberlandesgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 22 U 194/99) zwischen einem Eigenheimbesitzer und einer Gartenbaufirma. Letztere hatte den Auftrag erhalten, Terrasse und Garten neu anzulegen und Erde aufzuschütten. Doch dabei vergaß sie, den von schweren Baumaschinen plattgewalzten Untergrund noch einmal aufzulockern. Die Folgen waren fatal - Regenwasser staute sich, die vom Bauherrn gesetzten Pflanzen verfaulten. Der berief sich auf eine entsprechende DIN-Norm, wonach das Auflockern in solch einem Fall zwingend erforderlich gewesen wäre. Die Firma entgegnete, zum Zeitpunkt der Klage sei die kurze Verjährungsfrist für Arbeiten "an einem Grundstück" (ein Jahr) bereits verstrichen gewesen. Die Richter aber entschieden, das Anlegen des Gartens sei in unmittelbarem Zusammenhang mit der Neuherstellung des Einfamilienhauses erfolgt, weswegen hier die Verjährungsfrist für Arbeiten "an einem Bauwerk" (fünf Jahre) gelte. Der Kläger erhielt Schadenersatz.

Sichtschutz als bauliche Veränderung

Manchmal sind Nachbarn entweder so schüchtern oder einander so gram, dass sie sich nicht einmal sehen wollen. Ein Bayer brachte zum Beispiel zusätzlich zum ohnehin schon vorhandenen Maschendrahtzaun eine grüne Sichtschutzmatte aus Kunststoff an. Das wiederum empfand der Mann von nebenan als optische Beeinträchtigung. Es handle sich hier um eine bauliche Veränderung, für die eine Einverständniserklärung der Eigentümergemeinschaft nötig gewesen sei. Das Bayerische Oberste Landesgericht (Aktenzeichen 2 Z BR 99/00) schloss sich der Argumentation an. Werde durch eine solche Sichtschutzmatte der Gesamteindruck der Wohnanlage verändert, dann führe kein Weg an einer vorherigen einvernehmlichen Regelung vorbei.

Gleichbehandlung

Wenn einem Mieter oder Mitglied einer Eigentümergemeinschaft etwas erlaubt wird, dann gilt im Prinzip die Regel der Gleichbehandlung. Diese Erfahrung musste auch eine Genossenschaft im Ruhrgebiet machen, die in einer Siedlung eine Reihe von Wohnungen mit gemeinschaftlichen Gärten vermietet hatte. Zwei Nachbarn hatten zusammen einen 60 Zentimeter tiefen Gartenteich gebaut, ohne eine Genehmigung einzuholen. Eine Mutter, die Angst um ihre beiden Kleinkinder hatte, beschwerte sich. Die Genossenschaft wollte den Gartenteich beseitigen lassen, aber sie scheiterte vor dem Landgericht Dortmund (Aktenzeichen 1 S 11/99) damit. Und zwar aus zweierlei Gründen: Erstens hatten die Beklagten aus Sicherheitsgründen unter der Wasseroberfläche ein Schutzgitter angebracht, so dass den Kindern nichts hätte passieren können. Zweitens war vorab schon anderen Familien in derselben Siedlung die Errichtung eines Gartenteichs erlaubt worden. Die Richter meinten deswegen, bei Eingriffen in das Mietobjekt müsse jeder Betroffene gleich behandelt werden.

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