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"Ritterschlag" für ein vorbildlich saniertes Kavaliershaus

(19.7.2004) "Die Raumkonzeption verbindet technisch geschickt und optisch reizvoll den massiven Altbau mit dem offenen und hell gestalteten modernen gläsernen Neubau ... So konzipiert ... integriert sich das renovierte Kavaliershaus ... unaufdringlich in die barocke Gutsanlage." Voller Lob ist die Jury des KfW-Award 2004 unter Vorsitz des renommierten Architekten Professor Hans Kollhoff über das siegreiche Projekt des Bauherren und Eigentümers Lothar von Mansberg. Sanierung und Glasanbau des Kavaliershauses im Rittergut Lauenförde-Meinbrexen (siehe Google-Maps) zeichnet vor allem ein ökologisch durchdachtes Klima- und Energiekonzept aus. Damit der Anbau seine raumklimatische Funktion übernimmt, setzt der Bauherr auf sorgfältig ausgewähltes Glas.

Glasarchitektur, Verglasung, Altbau, KfW-Award 2004, Glasanbau, Energiespar-Fenster, Pfosten-Riegel-Konstruktion
alle Fotos: Interpane

Das Rittergut mit Herrenhaus, Nebengebäuden, Park und der angeschlossenen Dorfkirche ist Zentrum der kleinen Ortschaft Lauenförde-Meinbrexen im Weserbergland. Seit 1890 ergänzt das Kavaliershaus die barocke Gutsanlage. Dessen Umbau zum Wohnhaus dauerte fast drei Jahre: Treppenhaus und Badezimmer wurden verlegt, das ehemalige Eishaus mit einem Zwischenbau eingebunden.

Ein zweistöckiger Glasanbau erweitert im Erdgeschoss die Wohn-/Nutzfläche, das Obergeschoss dient als galerieartiger Arbeitsraum. Die Sanierung umfasste auch Dach, Außenputz, Wärme- und Schallschutz, den Einbau von Energiespar-Fenstern und die Heizanlage. Da die Erweiterung das barocke Bild des Gutsensembles nicht verändert, stimmte auch die Denkmalschutzbehörde zu.

Kühlende Wasserverdunstung

Vorhandene, natürliche Energiequellen einzubinden war die zentrale Idee des Klima- und Energiesparkonzeptes. Grundwasser mit einer relativ konstanten Temperatur zwischen 8 und 12° Celsius kommt über einen Saugbrunnen aus 25 Metern Tiefe und dient als Wärmequelle. Ein Wärmetauscher entzieht ihm in etwa vier Grad bevor es über einen Schluckbrunnen dem Erdreich wieder zugeführt wird.

Die Kühlung der Räume erfolgt ebenso auf natürliche Weise. Die Architekten aus Berlin planten auch deshalb den gläsernen Anbau. Dieser kragt über einen Wassergraben aus, die Verdunstung kühlt im Sommer das Hausinnere ab.

Glasanbau: im Wasser aufgelagert

Für den gläsernen Anbau wurden IPE-Stahlträger im Mauerwerk des Altbaus verankert und mit einer Pfahlgründung aus Stahlbetonstützen im Graben abgestützt. Die Verglasung konnte nur von außen in die Pfosten-Riegel-Konstruktion eingesetzt werden – ein Kran transportierte die bis zu 185 Kilogramm schweren Scheiben. Wind- und Dachlast trägt eine Stahlkonstruktion. Die thermisch getrennte Außenhaut aus Aluminiumprofilen nimmt das Glas auf.

Anbau als Klimapuffer

Mit "Wintergärten von früher" haben heutige Glasbauten raumklimatisch nicht mehr viel gemeinsam. Der zweistöckige Anbau fungiert - bei geschlossenen Fenstern und Türen in der Altbauwand - als thermischer Puffer zwischen innen und außen und senkt die Temperaturdifferenz zwischen Raum- und Außenzone. Dieses verringert Transmissions- und Lüftungswärmeverluste und spart Heizenergie. Sind Fenster und Türen geöffnet gleicht sich das Raumklima zwischen Alt- und Neubau an (Frühling, Herbst). Sind zusätzlich die Außenfenster offen, ist eine Querlüftung in Ost-Westrichtung in beiden Ebenen möglich (Sommer).

Auch Pflanzen sind ins Klima- und Energiesparkonzept integriert. Laubbäume spenden im Sommer Schatten, im Winter lassen sie Sonnenstrahlen ungehindert passieren. Jalousien und das weit auskragende Flachdach dienen als Sonnen- und Blendschutz.

High-Tech-Glas hält die Wärme im Raum

Dank High-Tech-Beschichtungen dämmen Gläser heute hocheffizient. Planer und Bauherr entschieden sich beim Anbau und den Fenstern für iplus CS (Interpane, Lauenförde). Ausschlaggebend war der niedrige Wärmedurchgangs-Koeffizient von 1,1 W/m²K (Ug-Wert nach DIN EN) bei einer Glasdicke von nur 24 Millimetern. Insgesamt wurden rund 45 Quadratmeter Fenster und 125 Quadratmeter Fassade des Anbaus mit dem High-Tech-Glas ausgerüstet.


Auf der zum Scheibenzwischenraum gewandten Oberfläche der Innenscheibe ist eine hauchdünne, praktisch unsichtbare Schicht aus Edelmetall aufgebracht. Sie reflektiert die langwelligen Wärmestrahlen ins Haus und verhindert so den Verlust von Heizenergie. Zusätzlich verbessert ein Edelgas (hier: Krypton) im Scheibenzwischenraum die Dämmung. Tageslicht gelangt jedoch weitgehend ungehindert ins Innere. Die Wärmefunktionsschicht lässt auch energiereiches Sonnenlicht weitgehend passieren und sorgt so für den passiven Energiegewinn.

Denkmalpflege und Klimaschutz elegant vereint

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) engagiert sich für nachhaltiges Bauen indem sie zinsgünstige Kredite für energiesparende Sanierungsmaßnahmen vergibt. Mit dem Bauherren-Wettbewerb "Wohneigentum mit Zukunft - Modernisieren und Energie sparen" will die Bankengruppe der Öffentlichkeit demonstrieren, wie zukunftsweisendes Bauen auch im Bestand möglich ist.

Weil innovative Energieeinspar-Projekte von der Investitionsbereitschaft der Bauherren abhängen, richtete sich der Wettbewerb an sie - und nicht an Architekten. Preisträger Lothar von Mansberg setzte sich mit seinem Kavaliershaus gegen rund 400 Mitbewerber durch und erhielt ein Preisgeld von 10.000 Euro.

Die Jury lobte besonders das auf pfiffige Weise divergierende Ansprüche erfüllende Gesamtkonzept. "Modernen Wohnkomfort so elegant mit denkmalpflegerischen Aspekten zu vereinbaren und dabei auch noch ungewöhnliche umweltnahe Ideen bei der Energieeinsparung sowie dem Klimaschutz zu realisieren, verdient Anerkennung".

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