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Warum Natürliche Entrauchung?

(4.1.2005) Die zunehmende Zahl der Brandkatastrophen, die nicht nur enorme Sachschäden verursacht und unzählige Menschenleben gefordert haben, verdeutlichen die zunehmende Bedeutung der Feuerbekämpfung. Da Brände in Gebäuden grundsätzlich nicht verhindert werden können, rücken Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) im Sinne des vorbeugenden Brandschutzes in den Fokus.

Brandopfer sind Rauchopfer!

Zur Erinnerung: Der bauliche Brandschutz ist so weit entwickelt, dass in einem brennenden Gebäude in der bei uns üblichen massiven Bauweise kaum noch Personen direkt durch Feuer verletzt oder getötet werden, wohl aber durch toxischen Brandrauch. Besonders brennbare Baustoffe wie sie zur Wärme- oder Schalldämmung verwendet werden erzeugen beim Abbrand sehr hohe Rauchgasmengen. 10 kg brennendes Schaumgummi beispielsweise produzieren 25.000 m³ Rauchgas in nur einer Stunde, d.h. ein Treppenhaus mit einer Höhe von 15 m wird über 100 mal völlig mit Rauch gefüllt, wenn nur etwas Schaumgummi verbrennt. Die wichtigste Aufgabe des vorbeugenden Brandschutzes besteht darum darin Flucht- und Rettungswege rauchfrei zu halten, damit sich Personen in brennenden Gebäuden selbst in Sicherheit zu bringen.

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Der Gefahr durch Verbrennungsprodukte wie Rauchgas, Oxide und Wärmeenergie begegnet man am besten durch ihre Abführung ins Freie. Diese wichtige Aufgabe übernehmen Rauch- und Wärmeabzugsanlagen. Speziell die natürliche Entrauchung nutzt dabei den thermischen Auftrieb (Kamin-Effekt) - mit Zuluftöffnungen im unteren Wandbereich und Abluftöffnungen im oberen Wand- oder Deckenbereich, um den Rauch in einer stabilen Rauchschichtgrenze oberhalb des Aufenthaltsbereiches des Menschen zu binden. Unter dieser Grenze befindet sich die raucharme, darüber die schwarze, giftige Rauchgasschicht.

Wichtig bei der natürliche Entrauchung ist, dass es an der Rauchschichtgrenze nicht zu einer Verwirbelung kommt, denn das könnte zu einer Absenkung der giftigen Rauchschicht in den raucharmen Bereich führen. Zur natürlichen Abführung des Rauches kann man ...

  • die natürlich wirkenden (NRA) oder
  • die maschinell wirkenden Rauchabzugsanlagen (MRA) verwenden.

Auf die (Haupt-)Windrichtung achten!

Die entsprechenden Rauchabzugsgeräte müssen allerdings gegen äußere Windeinflüsse ausreichend geschützt sein. Denn die Ausbreitung und Ableitung von Rauchgasen hängt insbesondere bei Bränden in großen Räumen wesentlich von der Raumströmung ab. Diese wird wiederum von der äußeren Winddruckverteilung mitbestimmt. So genannte Zonenmodelle zur Beschreibung der Rauchausbreitung eignen sich in der Regel aufgrund dieser Wechselwirkung nicht. Studien zur Rauchausbreitung über Seitenwände unter Berücksichtigung des Windeinflusses lassen sich aber gut im Windkanal an Modellobjekten im verkleinerten Maßstab durchführen. Solche Untersuchungen zeigen, dass eine windrichtungsabhängige Öffnung von Ab- und Zuluftflächen in den Seitenwänden unumgänglich ist. Da sich diese Öffnungen immer an der Wind abgewandten Seite befinden müssen, ist der Einbau von NRA- und Zuluftflächen in mindestens zwei gegenüberliegenden Gebäudewänden erforderlich. Ausführlich beschreibt die DIN 18232 Teil 2 die Anforderungen und Bemessungen an Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen.

Der Vorteil der NRA liegt darin, dass sie bei zunehmenden Temperaturen durch höhere Abzugsleistung die zusätzlich entstehenden Rauchgasvolumen abtransportieren kann.

Bei der MRA werden die Rauchgase mechanisch über Ventilatoren bei einem konstanten Fördervolumen abgeleitet. Dieses Verfahren ist gut geeignet für niedrige Brandtemperaturen. Bei höheren Temperaturen dagegen kann es vorkommen, dass das konstante Fördervolumen der Ventilatoren die durch die Temperatur wachsenden Volumenströme nicht ausreichend abführen kann.

Lichtkuppeln, Lichtbänder, Glaspyramiden, Kipp- oder Klappflügel...

Je nach Gebäudeart und Architektur sind verschiedene Formen des Einbaus von RWA-Öffnungen möglich. Bei Flachdachbauten können RWA-Öffnungen in Form von Lichtkuppeln, Lichtbändern oder Glaspyramiden ausgeführt werden. Im geneigten Dach oder Sheddach ist der Einbau als Kipp- oder Klappflügel möglich. Am häufigsten werden RWA-Öffnungen mit den unterschiedlichsten Flügelformen in die Außenwand eingebaut. Um die optimale Wirkung der natürlichen Entrauchung zu gewährleisten, müssen Größe, Art und Anordnung des Öffnungselements beachtet werden. Wichtig ist, dass die Rauchgase möglichst ungehindert aus dem Gebäude ins Freie ausströmen können, weder der Fensterflügel selbst, noch bauliche Gegebenheiten wie Mauervorsprünge, Treppen, Lüftungskanäle etc. dürfen das Ausströmen behindern.

Komponenten eines Rauchabzuges

  • Zum Öffnen und Schließen von RWA-Öffnungen benötigt man einen RWA-Sicherheitsantrieb. Man kann dafür elektromotorische 24V-Antriebe wie z.B. Spindelantriebe, Kettenantriebe und Zahnstangenantriebe verwenden. Auch durch ein elektrisch oder pneumatisch angetriebenes Gasfedersystem lassen sich die Ab- und Zuluftklappen schnell öffnen. Solche Systeme eignet sich allerdings nicht für die tägliche Lüftung, denn ein Pneumatikzylinder beispielsweise öffnet mittels Druckluft oder CO₂-Gas die Öffnung.
  • Die RWA-Zentrale ist die Steuereinheit für die RWA-Antriebe. Sie nimmt die Meldung der Brandmelder auf, überwacht Störungen und steuert die Lüftungsfunktion. Integrierte Notstrombatterien sorgen bei Netzausfall für eine 72 Stunden währende Betriebsbereitschaft. Die pneumatische Bedienstation enthält CO₂-Kapseln. Nach Einschlagen der Glasscheibe und Betätigung des Handknopfes erfolgt die Auslösung.
  • Manuelle Brandmelder dienen zur Meldung einer durch Hand erfolgten RWA-Auslösung. Die Zustände Betriebsbereitschaft, RWA-Auslösung und Störung werden über Leuchtanzeigen signalisiert. Automatische Brandmelder erkennen einen Brand selbständig. Ob manueller oder automatischer Brandmelder, die Ausführung richtet sich u.a. nach dem Brandschutzkonzept und den örtlichen Gegebenheiten.
  • Ein Windmessgerät, das die Windgeschwindigkeit und Windrichtung aufnimmt, gewährleistet, dass bei der Entrauchung nur die windabgewandten Flächen öffnen. Die Auswertung der Messwerte übernimmt die angeschlossene RWA-Zentrale.
  • Da sich die 24V-RWA-Sicherheitsantriebe auch für Lüftungszwecke eignen, können die Antriebe mit Lüftungstastern zur manuellen Lüftung, Thermostaten und Hygrostaten zur automatischen Lüftung sowie Anschlüssen zur rechnergesteuerten Lüftung über eine zentrale Leittechnik (ZLT/GLT) ausgelöst werden.

Einbau von RWA und Lüftungs-Systemkomponenten

  • Die Ab- und Zuluftöffnungen müssen so bemessen sein, dass im geöffneten Zustand die geforderte geometrische bzw. aerodynamische Fläche erreicht wird. Zu beachten sind Behinderungen, wie z. B. durch Blendrahmen und Stürze sowie die Profilstärken der Fenster sind.
  • Bei der Öffnungsmotorik müssen die Antriebe und die Befestigungselemente für die benötigten Kräfte ausgelegt sein. Die geforderten Ausstellweiten der Fenster sind zu erreichen. Es darf in keinem Fall zu Kollisionen mit den Fensterprofilen kommen. Die Zuleitungen müssen den örtlichen Brandschutzbestimmungen entsprechen und vom Querschnitt den benötigten Motorströmen bzw. Volumen angepasst sein.
  • Die elektrische RWA-Zentrale sollte in einen dafür vorgesehenen belüfteten Technikraum eingebaut werden. Um eine sofortige Auslösung bei einem Brand in diesen Räumen zu gewährleisten, sind hier automatische Brandmelder empfehlenswert.
  • Manuelle Brandmelder müssen gut sichtbar sein und sollten an zentralen Stellen wie an Eingangs- oder Empfangsbereichen montiert werden. Es ist sinnvoll, den Einbauort mit einem Schild Rauchabzug zu kennzeichnen. Automatische Brandmelder sind so zu platzieren, dass das Auslösekriterium, wie z. B. Rauch oder Hitze, den Melder erreichen kann. Um Fehlauslösungen zu vermeiden, muss bekannt sein, welche Gegebenheiten in dem entsprechenden Gebäudeteil im Normalbetrieb herrschen. Hierzu gehören u. a. Staub, Wasserdampf oder auch höhere Temperaturen unter Glasflächen. Abstände zu Wandflächen sowie die Überwachungsfläche der Melder sind bei der Planung und beim Einbau zu beachten.
  • Um eine einwandfreie Funktion des Windmessgerätes zu gewährleisten, muss es an einer verwirbelungsfreien, aber dem Wind zugänglichen Stelle auf dem Dach montiert werden.

Innovation, Flexibilität und Beweglichkeit

RWA-Anlagen sind im Hinblick auf die Rettung von Menschenleben und Materialien eine zwingende Notwendigkeit. Nur die Installation einer RWA-Anlage kann die Gefahr durch Rauch- und Brandgase bannen. Nicht ohne Grund ist die Forderung nach einer RWA-Anlage Bestandteil jeder Bauordnung der Bundesrepublik Deutschland. Baulicher Brandschutz erreichte durch die Gestaltung der Gebäude zwar wichtige Fortschritte, doch die individuelle Konzipierung bringt diese Art des Brandschutzes schnell an seine Grenzen. Wesentlich mehr Innovation, Flexibilität und Beweglichkeit bieten anlagentechnische Lösungen. Zuletzt ist nicht zu vergessen, dass jede elektromotorische RWA-Anlage automatisch den Zusatznutzen der täglichen Lüftung bietet.

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