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Energiegewinnung, wenn das Haus "arbeitet"

(1.4.2006) April, April: Unter den Energietechnikern ist die englische First Lirpa Ltd. bereits eine große Nummer. Die ungewöhnlichen Konzepte des Londoner Unternehmens werden auf Kongressen und Messen immer wieder gerne kontrovers diskutiert. Bereits auf den ersten Blick recht spektakulär ist der erst kürzlich vorgestellte Ansatz, "arbeitende" Gebäude zur Stromgewinnung heranzuziehen. Lirpa will sich dabei nicht nur auf die Top-Aushängeschilder moderner Architektur konzentrieren (gemeint sind z.B. Wolkenkratzer), sondern hat auch Konzepte für "normale" Einfamilienhäuser in petto

Energiegewinnung bei schwankenden Wolkenkratzern ...

Es dürfte allgemein bekannt sein, dass Wolkenkratzer wie der neue Freedom Tower in New York (Bild rechts oben) in ihrem Oberstübchen um mehrere Meter schwanken. Besonders der Wind zieht und zerrt an hohen Gebäuden. Die verantwortlichen Architekten und Bau-Ingenieur versuchen mit federnd oder pendelnd gelagerten Ausgleichsgewichten dieser Dynamik Herr zu werden, damit die Penthouse-Bewohner nicht ständig seekrank sein müssen.

Die Techniker von First Lirpa Ltd. (und vermutlich nicht nur diese) haben sich nun gefragt, wie man diese große kinetische Energie zur Stromerzeugung nutzen kann. Einige Zeit ist man dem Vernehmen nach zweigleisig gefahren und hat sowohl einen thermokinetischen wie auch einen kinetisch-voltaischen Ansatz verfolgt. Inzwischen konzentrieren sich die Londoner nur noch auf die direkte Stromerzeugung und beleuchten dabei zwei Situationen - nämlich: die Gebäudedynamik mit großer und kleiner Amplitude.

Wenn z.B. die Spitze eines Wolkenkratzers mit großer Amplitude um mehrere Meter hin und her schwankt, sollen Stab-Dynamos zum Einsatz kommen. In ihnen befinden sich gut gelagert massive Metallstäbe, die auf Schwankungen des Gebäudes aufgrund des Trägheitsprinzips nur wenig reagieren. Die aktiven Teile der Stab-Dynamos sind dagegen fest mit dem Gebäude verbunden. Das Bewegungs-Δ zwischen diesen beiden System-Komponenten sorgt schließlich durch Induktion für elektrische Energie.

... und mit der kleinsten Hütte.

Aber nicht nur Wolkenkratzer "arbeiten"; auch Einfamilienhäuser sind ständig in Bewegung - nicht zuletzt zu erkennen an Setz- und Spannungsrissen im Außenputz oder der Tapete. Warum also nicht auch diese Energie nutzen und vielleicht gleichzeitig etwas gegen die Risse tun? Bei Einfamilienhäusern sind die Bewegungs-Amplituden zwar sehr, sehr gering; dafür ist aber die Masse in einer "arbeitenden" Wand unverhältnismäßig groß. Um einem Laien den technischen Hintergrund deutlich zu machen, hat der CTO / Chief technical officer bei Lirpa folgende Gleichung aufgemacht: Wenn man eine Palette mit Ziegelsteinen 2 mm bewegen möchte, wird "ziemlich viel Energie" benötigt. Stellt man nun die Parameter um, ergibt sich bereits rein mathematisch, dass die Bewegung von einer Wand um 2 mm "ziemlich viel Energie" erzeugt / erzeugen muß. Somit stellt sich eigentlich nur noch die Frage, wie man die offensichtlich vorhandene Energie "ernten" kann. Dazu arbeitet Lirpa angeblich mit Nano-Technikern aus Mainz zusammen, und man stehe kurz vor dem Durchbruch in Form einer zweilagigen Sandwich-Folie. Erste Test hätten gezeigt, dass die Doppel-Folie sowohl vertikal wie horizontal verbaut werden könne. Besonders ergiebig sei es, die Folie überall dort vorzusehen, wo im Mauerwerk große Ausschläge in der statischen Belastungskurve vorkämen - also beispielsweise rechts und links von einer Fensterbrüstung oder auch horizontal im Mauerfuß. Bei horizontalen Fugen sollten besonders die berücksichtigt werden, die längs zu Hauptwindrichtung verlaufen. Aber auch Querkräfte würden in elektrische Energie umgesetzt werden können.

Positiver Nebeneffekt der Lirpa-Folie: Sie hat neben der energiegewinnenden Funktion mit Blick auf die Rissbildung einen stabilisierenden Effekt. Die Doppelfolie kann zwar ein Mauerwerk nicht im üblichen Sinne armieren, aber sie kanalisiert die Bewegungsenergie der Wand und kann insofern doch der Rissbildung vorbeugen.

Während die Lösung für große Amplituden binnen 12 Monaten serienreif sein soll, erwartet Lirpa bezüglich der Sandwich-Folie für kleine Bewegungs-Amplituden noch einigen Entwicklungsaufwand. Möglicherweise können wir also bereits am 1. April 2007 von der Energierevolution in Hochhäusern berichten und die "kleine" Lösung am 1. April 2008 nachtragen. Angesichts steigender Rohstoffpreise bestimmt ein ernstzunehmender Ausblick.

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