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Nicht nur eine Frage der Haftung: Sind alte Toranlagen sicher genug?

(2.4.2007) Mit der europaweit verbindlichen Einführung der Toreproduktnorm DIN EN 13241-1 in 2005 sind hohe Sicherheitsanforderungen für alle Arten von Toren und Schranken festgelegt, die für den Durchgang bzw. die Durchfahrt von Personen und Fahrzeugen gedacht sind. Die Anforderungen, die gleichermaßen für den privaten wie für den industriellen/gewerblichen und öffentlichen Bereich gelten, beziehen sich allerdings "nur" auf das In-Verkehr-Bringen von neuen Toranlagen.


Bild: Teckentrup GmbH & Co. KG

Was ist aber bei Toren und Schranken zu beachten, die vor dem 1.5.2005 installiert worden sind?

Diese Frage stellt sich vor allem dann, wenn schwere Unfälle mit einer Toranlage zu beklagen sind - wie z.B. Anfang März 2007 in Hamburg. Hier hatte sich ein siebenjähriger Junge beim Spielen in einer Tiefgarage auf das Rollgitter gestellt, das den Zugangsbereich der Garage abschließt. Beim Hochfahren des Tores wurde das Kind in die Wickelwelle eingezogen. Trotz schwerer Verletzungen hat der Junge glücklicherweise das Unglück überlebt.

Hätte der Unfall vermieden werden können?

Zunächst einmal ist alles dafür zu tun, dass solch gefährliche Situationen gar nicht erst entstehen können. Das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) spricht hier von "vorhersehbarer Fehlanwendung." Das bedeutet, dass - ebenso wie im Straßenverkehr - die Eltern ihre Kinder auf die möglichen Gefahren bei der Benutzung einer solchen Toranlage hinweisen müssen. In dem konkreten Fall gab es dazu sogar ein Rundschreiben des Betreibers an die umliegenden Haushalte, in dem davor gewarnt wurde, Kinder in der Tiefgarage spielen zu lassen.

Darüber hinaus ist allerdings auch der Sicherheitszustand der Toranlage zu betrachten: Das 13 Jahre alte Rollgitter wurde erst vor wenigen Jahren mit einem neuen Antriebssystem nachgerüstet. Nach Angaben des zuständigen Serviceunternehmens ist die Toranlage mit einer mechanischen Einzugssicherung ausgestattet und wurde jährlich gewartet.

Wie ist hier die Rechtslage zu beurteilen? Ist jegliche Haftung für Betreiber und/oder Wartungsdienst auszuschließen?

Zur Klärung dieser Fragen sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen: Die Toranlage ist 13 Jahre alt und fällt damit noch nicht unter den Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie. Nun ist das Rollgitter aber mit einem neuen Antriebssystem ausgerüstet worden. Ist damit gemäß GPSG der Tatbestand einer "wesentlichen Veränderung" gegeben, was gleichbedeutend wäre mit einem Neu-In-Verkehr-Bringen des Produktes?

Nach gängiger Rechtsauffassung ist hier nicht von einer wesentlichen Veränderung auszugehen. Nur wenn durch den Umbau neue Risiken entstehen oder bestehende Risiken vergrößert werden, gilt die Toranlage als neu in Verkehr gebracht. Bleibt das Gefährdungspotenzial gleich oder wird es verringert, liegt keine wesentliche Veränderung vor, da die neue Technik keine Risiken geschaffen sondern möglicherweise sogar verringert hat.


Bild: Hörmann KG

Neben den maschinenrechtlichen Anforderungen ist auch das Baurecht zu berücksichtigen. Gemäß den technischen Prüfverordnungen der Länder sind kraftbetätigte Tore einmal jährlich durch einen Sachkundigen zu überprüfen. Dieses scheint in dem vorliegenden Fall offensichtlich erfolgt zu sein. Die Sicherheitsüberprüfung ist in dem dafür vorgesehenen Prüfbuch zu dokumentieren. Sollten bei der Sicherheitsüberprüfung Mängel festgestellt werden, ist der Betreiber bzw. Auftraggeber darüber zu informieren. Bezüglich der Frage, ob der Unfall zu vermeiden gewesen wäre, ist demnach hier zu klären, ob an der Toranlage ein für den Unfall relevanter Mangel vorlag, den der Sachkundige hätte erkennen müssen.

Was ist zukünftig zu tun?

Im Interesse aller Beteiligten sind mögliche Sicherheitsrisiken im Zusammenhang mit kraftbetätigten Toren so weit als möglich auszuschließen - ganz gleich ob es sich um eine Neuanlage oder eine Anlage im Bestand handelt. Insbesondere bei Altanlagen kommt dem Sachkundigen eine Schlüsselfunktion zu. Kraft seiner Fachkompetenz hat er bei jeder Sicherheitsüberprüfung und Wartung genau zu kontrollieren, ob kein zusätzliches Gefährdungspotenzial entstanden ist. Wenn Risiken erkannt werden, ist der Betreiber unbedingt darauf hinzuweisen, ggf. verbunden mit einem Vorschlag / Angebot zur Beseitigung. Dies gilt gleichermaßen, wenn neue Technologien zur Absicherung von Gefahrstellen auf dem Markt verfügbar sind, mit denen der Sicherheitsstandard der Toranlage erhöht werden könnte. Hier sollte man den Betreiber ebenfalls auf die Möglichkeit der Nachrüstung aufmerksam machen. In beiden Fällen profiliert sich das Serviceunternehmen durch Fachkompetenz und kann ggf. ein Zusatzgeschäft bzw. einen neuen Auftrag für sich verbuchen.

ttz-Leitfaden:

Die Sicherheitsanforderungen für kraftbetätigte Toranlagen sind anschaulich in dem Leitfaden zur Toreproduktnorm des Industrieverbandes Tore Türen Zargen beschrieben - siehe Beitrag vom 8.2.2005.

siehe auch für weitere Informationen:

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