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Praxisbeitrag: Lehmbau

  • Lehm ist eine Mischung aus Ton und Sand

(1.11.2007) Erfahrungsbericht über die Anwendung und Verarbeitung des Thermolut-Lehmputzsystems als kapillaraktivem, diffusionsoffenem und authentischem Baustoff in Kombination mit Holzfaserdämmplatten. Der Autor ist Dipl.-Ing. (FH) Hilmar Zittlau, Anwendungstechnik Schomburg GmbH.


Totentempel Ramses II. - 3.200 Jahre alt (Bild aus "Das neue Lehmbau-Handbuch" von Gernot Minke)

Lehm ist der am meisten verbreitete und am längsten bewährte Baustoff der Welt. In allen Regionen der Erde kennt man ihn als verlässlichen und beständigen Baustoff. Weltweit finden sich antike Gebäude, die heute noch intakt und bewohnt sind. Vor rund 9.000 Jahren wurden bereits Kultbauten, Verteidigungsbauten und Wohnhäuser aus Lehm erstellt. Lehm als Baustoff hat hervorragende Eigenschaften, die sich positiv auf Wohn- und Lebensbedingungen auswirken.

Lehm ist ein Gemisch aus Tonmineralien und Sanden. Der Tonanteil wirkt als Bindemittel und die Sande stellen, wie bei mineralischen Mörteln, das füllende Korngerüst dar. Die Zusammensetzung und Qualität des Lehms ist von entscheidender Bedeutung für dessen Verwendbarkeit. Deshalb kommt der Auswahl von geeigneten Lehmen für die Beschaffenheit und Anwendung des Endproduktes eine hohe Bedeutung zu.

Durch die große Oberfläche der Tonmineralien und ihrer Struktur kann Lehm Wasser aufnehmen und einlagern, wodurch er plastisch bzw. formbar wird. Die Verfestigung erfolgt ausschließlich über die Wasserabgabe bei der Trocknung. Da es sich dabei um einen physikalischen Vorgang handelt, sind der frische Lehm und das Endprodukt stofflich identisch. Deshalb ist Lehm wiederverwendbar, sofern er nicht mit anderen Stoffen - wie zum Beispiel Kalk oder Zement - verunreinigt wurde.


alter Lehmputz

Lehm wirkt außerdem Holz-konservierend, denn die Eigenschaften des Lehms beruhen auf seiner Gleichgewichtsfeuchte von 4,5 M%. Hygroskopische Materialien, wie Lehm, geben solange Wasserdampf ab, bis die sie umgebende Luft die relative Luftfeuchte besitzt, die der Gleichgewichtsfeuchte des Materials entspricht. Durch die Wasserdampfabgabe verringert sich der Wassergehalt des Materials, und der Wassergehalt der Luft steigt. Pflanzliche und tierische Schädlinge benötigen einen Wassergehalt von 8% bis 16%, daher sind sie in einer Lehmumgebung nicht überlebensfähig. Aus diesem Grund findet man sehr viele alte Gebäude, in denen das Holz noch in einem erstaunlichen Zustand ist.

Auch Schomburg Thermolut-Lehmputze wirken feuchtigkeitsregulierend - sie nehmen durch ihre hohe Kapillarität Luftfeuchtigkeit (mehr als 300 %) auf, speichern sie in ihrem Kapillarsystem und geben sie bei zu trockener Luft wieder an die Umgebung ab. In Häusern mit Lehmputz herrschen damit immer gleichbleibend gute relative Luftfeuchtigkeiten. Die Problematiken mit trockener Wohnungsluft im Winter stellen sich damit erst gar nicht. Lehmputze sind außerdem dampfdiffusionsoffen - d.h., dass sie in der Lage sind, Luftfeuchtigkeit hindurch zu lassen, sowohl von innen nach außen, als auch in die entgegengesetzte Richtung.

Konstruktive Voraussetzungen

Bei der Sanierung von erhaltenswürdigen Gebäuden muss auf einige konstruktive Vorbedingungen geachtet werden: Die Gebäude müssen beispielsweise ihrer Schlagregenbeanspruchungsklasse zugeordnet werden. Bei hoher Schlagregenbeanspruchung der Fassadenseiten muss eine entsprechende Maßnahme zum Schutz vor Schäden ergriffen werden. Denn durch die Fugen zwischen Fachwerk und Ausfachung kann immer Feuchtigkeit in tropfbarer Form eindringen. Diese muss jedoch auch wieder ausdiffundieren können. Das funktioniert nur, wenn die Fuge nicht mit irgendwelchen Dichtungsmaterialien geschlossen wird:


Detail Fachwerkfuge (Bild: Energieagentur NRW)

Untergründe und Untergrundvorbereitung

Bei der Sanierung alter Fachwerk- oder Bruchsteingebäude sind die Oberflächen, die man vorfindet, in der Regel sehr uneben. Auch die verwendeten Materialien können sehr unterschiedlich sein.

Mit einer Lehmausgleichsschicht können fest anhaftende Putzreste oder Anstriche auf dem Untergrund überarbeitet werden. Sie müssen jedoch diffusionsoffen sein und dürfen keine reinen Gipsputze sein. Lehmputz haftet nur mechanisch. Der Untergrund muss daher tragfähig, sauber und ausreichend rau sein. Eine gewisse Restfeuchte darf im Untergrund vorhanden sein, jedoch keine dauerhafte Durchfeuchtung oder Salzbelastung. Ein Vornässen des Untergrundes ist nur zum Binden von Oberflächenstaub auf alten Putzgründen notwendig. Putzträger wie Rohrgewebe etc. müssen trocken sein. Filmbildende Altanstriche etc. sind unbedingt zu entfernen.


Bei Fachwerkuntergründen werden Putzträger aus Schilfrohr (hier Thermolut-Schilfrohr-Gewebe) verwendet.

Des Weiteren ist bei bestehenden Gebäuden auf aufsteigende Feuchtigkeit aufgrund einer fehlenden Horizontalsperre zu achten. Hier sind vor Einbau des Thermolut-Systems geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Es kommen chemische wie mechanische Horizontalsperren in Frage, ebenso kann mit einer Temperierung des Wandsockels gearbeitet werden.

Verarbeitung und Erhärtung von Lehmputzen

Die Verarbeitung von Thermolut-Lehmputzen wird durch Wasserzugabe ermöglicht, die Trocknung erfolgt durch Wasserabgabe. Dieser Vorgang ist reversibel - d.h., dass verbauter, fester Lehm vor Wassereinwirkung zu schützen ist.

Das Thermolut-Lehmputzsystem besteht aus verschiedenen Unterputzen, Oberputzen und Feinputz. Zur farblichen Gestaltung ist zudem der Colorputz Thermolut®-CP40 in zehn verschiedenen Farbtönen erhältlich. Unterputz und Oberputz sind als trockene Sackware und erdfeucht im BigBag lieferbar.

Thermolut-Gesamtaufbau
  
  1. Ziegelmauerwerk ohne dampfsperrende Schichten
  2. Lehm-Unterputz Thermolut
  3. Holzfaserdämmplatten Thermolut, hohlraumfrei verlegt und verdübelt
  4. Lehm-Unterputz Thermolut mit Einlage Glasgittergewebe
  5. Lehm-Oberputz Thermolut
  6. Lehm-Feinputz Thermolut
  7. Lehm-Colorputz Thermolut

Applikation

Lehmputze können per Hand oder maschinell verarbeitet werden. Der Mörtel wird entweder mit der Kelle angeworfen bzw. aufgezogen oder mit der Putzmaschine aufgespritzt. Die Stärke des Putzauftrages richtet sich nach der Konsistenz. Mit steif angemischtem Mörtel lassen sich mit Thermolut-Unterputz Putzstärken von bis zu 4,0 cm herstellen. Je weniger tragfähig und rau der Untergrund ist, umso geringer ist die Putzstärke auszuführen und umso dünnflüssiger ist der Mörtel anzumischen.


Maschinelle Applikation des Thermolut-UP11

Dickschichtige Putzsysteme sollten mehrlagig verarbeitet werden, wobei zur Reduzierung der Trocknungszeiten die unterste Putzlage möglichst abgetrocknet und aufgeraut sein sollte, bevor die nächste Lage aufgetragen wird. Die nachfolgenden Lagen sollten möglichst dünner sein als die vorherigen.

Als Trocknungszeit bei normalem Raumklima von ca. +20°C und 65% relativer Luftfeuchte sind ca. 1-2 Tage pro mm Putzdicke anzusetzen.

Eigenschaften und Einsatzbereiche

Energieeinsparung ist bei heutigen Sanierungsmaßnahmen ein außerordentlich wichtiger Faktor. Im Thermolut-Systemaufbau mit Lehmputzen und Holzweichfaserplatten (Thermolut-DP180) kann man den heute erhöhten Ansprüchen an Energieeinsparung gerecht werden. Die entsprechenden Werte werden durch eine hinreichende Dämmstoffstärke erreicht.

Durch seine Absorptionsfähigkeit und sein Absorptionsverhalten kann der Thermolut-Lehmputz Gase und Schadstoffe aus der Luft aufnehmen und diese in seinem Inneren speichern. Dies zeigt sich ebenfalls bei alten Lehmen, die aus einem Gebäude entfernt und mit Wasser aufgemischt werden - es entsteht nämlich ein erheblicher Gestank aus den Gerüchen der Vergangenheit. Lehmputze sind zu 100% wieder verwertbar und ökologisch. Er kann eingesumpft und beim Bauen erneut verwendet werden.

Der energetische Einsatz (Energiebilanz) bei der Herstellung von Baustoffen spielt heute ebenso eine wichtige Rolle. Lehmputz wird mit geringem Aufwand an Fremdenergie und Technik gewonnen und verarbeitet. Erschließung, Transport, Baustelleneinrichtungen und Schalungen erfordern Kosten, die erheblich unter denen vergleichbarer Bautechniken liegen. In der praktischen Anwendung lässt sich Lehm leicht reparieren und ist problemlos überarbeitbar.

Die bei der energetischen Sanierung erhaltenswürdiger Fachwerk- oder Bruchsteinfassaden zu verwendenden Thermolut-Holzfaserdämmplatten sind aus reinen Holzfasern ohne dampfbremsende Schichten hergestellt.

  • Der Diffusionswiderstandswert "µ" liegt bei 5,
  • die Wärmeleitfähigkeit "λ" bei 0,045 und
  • die Wasseraufnahme der Thermolut-Dämmplatte bei > 2 kg/(m2h0,5) und ist damit als kapillar leitfähig zu bezeichnen.

Die Thermolut-Dämmplatten haben außerdem ein hohes Schallschutzpotenzial. Befestigt werden sie mit Schraubdübeln im tragenden Untergrund.

Beim Einbau der Thermolut-Dämmplatten ist darauf zu achten, dass diese weitestgehend hohlraumfrei in eine "frische" Lehmunterputzschicht eingebettet werden, um Hinterströmungen der Dämmschicht zu verhindern. Hier kann sich ggf. schädigendes Kondensat bilden. Auf der getrockneten Schicht aus Unterputz und Dämmplatte wird erneut eine Schicht Unterputz mit Armierungsgewebe aufgebracht, um zu verhindern, dass die Plattenstöße im Oberputz erkennbar sind. Nach erneuten Trocknungsphasen werden dann Ober- und Feinputz aufgebracht.

Tauwasserbereich statt Taupunkt

Der Kern des Systems beschreibt ein komplett dampfdiffusionsoffenes System, das in der Lage ist, Feuchtigkeit aufzunehmen und im Bedarfsfall wieder abzugeben. Dabei kommen Baustoffe zum Einsatz, die unempfindlich sind im Kontakt mit Feuchtigkeit und diese sogar speichern können. Dampfbremsende Folien oder andere Schichten behindern das System und kommen nicht zum Einsatz. Den "angsterfüllten" Taupunkt (nach Glaser) gibt es in diesem Systemaufbau nicht - es gibt einen "Tauwasserbereich", in dem Tauwasser entstehen kann und auch entstehen darf. Dieser Bereich liegt zwischen Lehmunterputz und Dämmplatte. Beides sind Baustoffe, die Feuchtigkeit absorbieren können, ohne Schaden zu nehmen. Die Thermolut-DP180 Holzweichfaserplatte kann 20% ihres Eigengewichtes an Feuchtigkeit aufnehmen ohne nennenswert an Dämmwirkung zu verlieren. In der Sommerperiode diffundiert die Feuchtigkeit dann wieder aus.

Im Vergleich zu Außendämmsystemen verbessert ein Innendämmsystem mit Thermolut das Wohnklima erheblich und wirkt sich positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden aus. Bei einer Sanierung mit Innendämmplatten entfallen die Kosten für das Einrüsten des Gebäudes und es kann auch in Teilsanierungen ausgeführt werden. Das System bietet sich zudem auch als Dämmsystem für den Neubau - z.B. den Bereich Holzrahmenbau oder Fachwerkbau an.

Welche Heizungssysteme bieten sich an?

Da Lehm ein sehr guter Wärmespeicher ist, bieten sich idealerweise Wandheizungssysteme an. Die Heizschlangen werden auf der Dämmplatte verlegt und anschließend mit Thermolut-UP11 (Unterputz) überarbeitet. Der Lehmputz speichert die Wärme und gibt sie langsam an die Raumluft ab. Sehr angenehm für das Wohlbefinden im Raum ist zudem die Strahlungswärme, die von den Wandflächen ausgeht. Diese wird oftmals angenehmer empfunden, als die Strahlungswärme von Fußbodenheizungen (siehe auch Beitrag "Reiz- und allergenarmes Raumklima durch Lehm und Wandheizung" vom 27.9.2007).

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