Baulinks -> Redaktion  || < älter 2010/0205 jünger > >>|  

Rat der Immobilienweisen stellt Frühjahrsgutachten 2010 vor

  • Keine neue Wohnungsnot in Sicht

(7.2.2010) Der von Immobilien Zeitung und Zentralem Immobilien Ausschuss (ZIA) initiierte Rat der Weisen der Immobilienwirtschaft hat heute sein Frühjahrsgutachten auf dem Immobilienkongress Quo Vadis vorgestellt. In ihrer Prognose für das Jahr 2010 gehen die Experten von drastisch steigenden Leerständen an den deutschen Büromärkten aus. Dafür sei entgegen anders lautender Veröffentlichungen die Sorge vor einer neuen Wohnungsnot völlig unbegründet. Ähnliches gelte für die befürchtete Kreditklemme, deren Auftreten für dieses Jahr nicht ausgeschlossen, aber als eher unwahrscheinlich eingestuft wird.

Der Rat der Immobilienweisen besteht seit seiner Gründung 2002 durch die Immobilien Zeitung aus Vertretern führender unabhängiger Forschungsinstitute. Mitglieder sind Bulwien Gesa, Gfk GeoMarketing und empirica. Neu hinzugekommen ist im vergangenen Jahr Prof. Wolfgang Wiegard, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung für die Analyse der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich die Märkte für Büros, Wohnungen und Einzelhandel entwickeln.

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung: Kreditklemme für 2010 kann nicht ausgeschlossen werden

"Das größte Risiko für die konjunkturelle Erholung besteht im Auftreten einer Kreditklemme", betont Professor Wolfgang Wiegard, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung. Für dieses Jahr könne eine Kreditklemme nicht ausgeschlossen werden. Andererseits bestehe kein Anlass zu apokalyptischen Visionen, derzeit gibt es noch keine Kreditklemme. Der Rückgang des Kreditwachstums lasse sich durch die realwirtschaftliche Entwicklung und die gestiegene Wahrscheinlichkeit von Kreditausfällen erklären. "Für eine darüber hinausgehende bankseitige Verknappung des Kreditangebots gibt es keine Anhaltspunkte", betont Wiegard.

Wiegard rechnet auch nicht mit einer hohen Inflation. "Es deutet nichts auf mittel- oder längerfristige Inflationsgefahren im Euro-Raum hin", so Wiegard. Die Europäische Zentralbank habe die Instrumente, um schnell und unproblematisch überflüssige Liquidität kurzfristig einzusammeln.

Bei den kurzfristigen Zinsen geht Wigard angesichts unausgelasteter Kapazitäten und günstiger Inflationsaussichten auf absehbare Zeit weiter von niedrigen Sätzen aus. Eine Leitzinserhöhung sei bis weit in die zweite Hälfte des laufenden Jahres nicht in Sicht. Eine ausufernde Staatsverschuldung würde allerdings die langfristigen Zinsen ansteigen lassen. Andererseits würden bei einer mutigen Haushaltskonsolidierung die langfristigen Zinsen nur moderat ansteigen. "Für die Immobilienwirtschaft wären langfristig steigende Zinsen fatal. Deshalb ist gerade auch aus immobilienwirtschaftlicher Sicht eine Begrenzung der dauerhaften staatlichen Neuverschuldung erforderlich." Es deute aber einiges darauf hin, dass in den OECD-Staaten ab 2011 mit einer merklichen Haushaltskonsolidierung begonnen wird, macht Wiegard der Branche Mut.

Büroimmobilien: Rekordleerstände zu erwarten

Ein Rückgang der Zahl der Bürobeschäftigten bei gleichzeitiger Zunahme der Fertigstellungen wird 2010 auf den deutschen Büromärkten zu neuen Höchstwerten bei den Leerständen führen, so die Prognose von Andreas Schulten, Vorstand von Bulwien Gesa. Demnach werde die Zahl der Bürobeschäftigten nach einem leichten Zuwachs von 0,12% im Jahr 2009 in diesem Jahr um 2,0% oder 270.000 Personen auf knapp 12,7 Mio. sinken. Gleichzeitig steigt das Fertigstellungsvolumen im Neubau in den sieben wichtigsten Bürostandorten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) 2010 um 16,3% auf knapp 1,15 Mio. m², den höchsten Wert seit fünf Jahren.

In der Folge werden dieses Jahr in den großen Metropolen 8,75 Mio.m² Bürofläche leer stehen – eine erneute Zunahme um 18,8% nach einem Wachstum von 10% im vergangenen Jahr. Die durchschnittliche Leerstandsquote steigt nach 8,8% im Jahr 2008 und 9,7% im Jahr 2009 dieses Jahr auf den neuen Höchststand von 11,3%. Mit Ausnahme von Berlin werden alle wichtigen Bürostandorte voraussichtlich neue Rekordleerstände zu verzeichnen haben, wobei Frankfurt mit 19,1% (2009: 17,4%; 2008: 15,7%) die mit Abstand höchste Leerstandsquote aufweisen wird. In der Bankenmetropole wird demnach dieses Jahr fast jeder fünfte Quadratmeter Bürofläche leer stehen.

Eine deutlich negative Entwicklung prognostiziert Schulten auch für die zwölf von Bulwien Gesa als Sekundärstandorte eingestuften Städte in Westdeutschland (Bochum, Bonn, Bremen, Dortmund, Duisburg, Essen, Hannover Karlsruhe, Mannheim, Münster, Nürnberg und Wiesbaden). Aufgrund nur geringer spekulativer Bauvolumina wiesen die westdeutschen Sekundärstandorte in der Vergangenheit nur geringe Schwankungen bei der Leerstandsquote auf. Diese lag seit Mitte der 90er Jahre zwischen 3% und 6%. Auch im Jahr 2009 wurde mit 6,1% noch ein ähnlicher Wert wie im bisher schlechtesten Jahr (2005 mit 6,3%) erzielt. "Die schwache Konjunktur wird sich 2010 aber auch in den Sekundärstandorten negativ auf die Leerstandsentwicklung auswirken, so dass ein Wert jenseits der Marke von 8% realistisch erscheint", sagt Schulten.

Deutlich optimistischer als die meisten Maklerhäuser ist Schulten dagegen für den Investmentmarkt. Nach einer Halbierung des Transaktionsvolumens auf knapp 12 Mrd. Euro im Jahr 2009 erwartet er für 2010 Transaktionen mit einem Volumen von 20 Mrd. Euro. Grundlage hierfür ist die Belebung auf dem Investmentmarkt ab August 2009 und die positive Entwicklung der wirtschaftlichen Frühindikatoren wie des King Sturge Immobilienkonjunktur-Index. "Diese Entwicklung sollte, eine Fortschreibung der wirtschaftlichen Erholungstendenzen vorausgesetzt, auch im Jahr 2010 anhalten", betont Schulten. Sollte es nicht zu größeren Finanzierungsengpässen kommen, erwartet er deshalb auch eine Entspannung bei Portfoliodeals.

Einzelhandelsimmobilien: Aufgabe von Warenhäusern

Die Aufgabe von Warenhäusern bietet erhebliche Potenziale für attraktivere Innenstädte Der deutsche Einzelhandel verzeichnete 2009 einen realen Umsatzrückgang um 2%, berichtet Olaf Petersen, der im Management Board von GFK GeoMarketing den Geschäftsbereich Real Estate Consulting vertritt. "Die reale Umsatzentwicklung verlief damit nur geringfügig ungünstiger als in den letzten 15 Jahren, in denen die Schwankungsbreite zwischen +2,4% und -1,8% lag." 2010 werden die Einzelhandelsumsätze mit real 2,5% etwas stärker zurückgehen als 2009.

Deutliche Unterschiede gibt es bei der Umsatzentwicklung bezüglich einzelner Sortimente. So verzeichneten die Sortimente des zoologischen Bedarfs sowie Sport-/Outdoor-/Campingartikel Umsatzsteigerungen von 3%. Überdurchschnittliche Umsatzrückgänge hinnehmen mussten dagegen die Bereiche Technik/Unterhaltungselektronik und Augenoptik (-3%), Schreib- und Papierwaren (-4%) sowie Getränke(-7%). Dieses Jahr dürften Möbel und Einrichtungsgegenstände - 2009 noch mit einem Umsatzzuwachs von 2% - tendenziell ungünstiger als der Durchschnitt abschneiden. "In den Bereichen Technik sowie Sportartikel halten wir wegen den kommenden Mega-Events, der Winter-Olympiade und vor allem der Fußball-WM, auch geringfügige Zuwächse für möglich", erläutert Petersen.

In der Karstadt-Insolvenz sieht Petersen keine Katastrophe für die betroffenen Kommunen. "GfK GeoMarketing vertritt die Auffassung, dass aus dem Karstadt-Portfolio auch heute eine ganze Reihe von Standorten – bei einer angemessenen Miete – weiterhin erfolgreich als Warenhaus geführt werden kann." Und auch wenn das für viele andere Warenhausstandorte angesichts der Rahmenbedingungen nicht möglich sein werde, entspreche die Sorge um eine nachlassende Zugkraft der betreffenden Innenstädte nicht der Realität, da die Warenhäuser die Rolle als Magnet für die Innenstadt heute in der Regel ohnehin nicht mehr ausfüllten.

Petersen sieht im Gegenteil sogar Chancen für die Städte: "Die Aufgabe von Warenhäusern kann erhebliche Potenziale für attraktivere Innenstädte eröffnen, indem das innerstädtische Angebotsspektrum an einem maßgeblichen Platz des innerstädtischen Lagegefüges verbessert wird." Dabei gehe es vor allem um die Ansiedlung modernerer oder passenderer Einzelhandelsformate.

Wohnimmobilien: Angst vor Wohnungsnot unbegründet

Gute Nachrichten hat Harald Simons, Vorstand von empirica, für die Eigentümer von Wohnimmobilien. Nach einem Rückgang der Wohnimmobilienpreise in den vergangenen Jahren steigen die Preise auf den deutschen Wohnungsmärkten mittlerweile wieder. "Das Jahr 2009 dürfte den unteren Wendepunkt des Wohnungsmarktzyklus markiert haben", betont Simons. Die Wirtschaftskrise habe die Trendwende auf dem Wohnungsmarkt zwar möglicherweise abgeschwächt, aber nicht verhindert. Bei der Erholung handele es sich auch nicht um eine "Flucht in Sachwerte" aus Inflationsangst, da die fundamentalen Werte bereits seit über einem Jahr auf eine Trendwende hindeuten. "Dies bedeutet, dass die Erholung nicht nur vorübergehender Natur ist."

Simons rechnet damit, dass die Kaufpreise für Geschosswohnungen in westdeutschen kreisfreien Städten 2010 um 1,5% und damit ähnlich steigen werden wie 2009. In den nächsten ein bis zwei Jahren würden dann die Mieten und Preise auch in den Landkreisen wieder anziehen. Die angesichts der auf einen Rekordtiefststand gefallenen Fertigstellungszahlen immer wieder geäußerte Angst vor einer Wohnungsnot oder einer Wohnungsverknappung sei mit Ausnahme einzelner Regionen wie München, Freiburg oder Heidelberg unbegründet, betont Simons. "Die amtlichen Statistiken weisen darauf hin, dass sich das Wohnungsangebot im westdeutschen Mittel analog zur Wohnungsnachfrage entwickelt hat." So ist die Zahl der Haushalte in Westdeutschland zwischen 1994 und 2008 um knapp 10% oder 2,7 Mio. gestiegen. Die Wohnungsfortschreibung der statistischen Ämter weist dagegen einen Anstieg der Wohnungszahl um 14% oder 3,9 Mio. aus. Selbst bei einer Korrektur von Ungenauigkeiten der Statistik ergibt sich eine ausgeglichene Wohnungsmarktentwicklung. In die gleiche Richtung deuten auch andere Indikatoren: So zeigt der Leerstand in Westdeutschland seit 2002 einen leichten, kontinuierlichen Anstieg, und die Nominalmieten sind seit 2004 konstant.

In den Metropolen München, Köln, Hamburg und eingeschränkt Frankfurt würde ein weiterer Rückgang der Wohnungsfertigstellung tatsächlich zu einer wachsenden Anspannung auf den Wohnungsmärkten führen.

Das Gutachten kann zum Preis von 129 Euro bei der IZ Immobilien Zeitung Verlagsgesellschaft mbH bestellt werden.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

ausgewählte weitere Meldungen:

Impressum | Datenschutz © 1997-2024 BauSites GmbH