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Wilde Dachdeckung für Romantiker mit eBay-Account

(22.7.2011) Die Materialien für dieses Haus - alte und neue - kommen aus vielen Ländern Europas. Jedes Detail ist liebevoll gestaltet, das ganze Haus eine Skulptur. Und über allem krönt ein bemerkenswertes Schieferdach. In Zell an der Mosel (siehe Google-Maps und Panoramabild) ist für die Bauherren ein Traum in Erfüllung gegangen, der auch zahlreiche Touristen zum Fotografieren anregt.

Organische Architektur ist das Gegenmodell zur nüchternen, geradlinigen Bauwelt. Es ist vor allem ein Bauen mit allen Sinnen, emotional, voller Freude und Erfüllung verborgener Wünsche. Der Bauherr, ein Allgemeinmediziner und Psychotherapeut, hat schon von Berufs wegen eine ganz besondere Beziehung zu Geometrien. Kopfmenschen, „verkopfte“, so heißt es bei ihm, lieben es gerade; Romantiker sind dagegen gefühlsbetont und lieben es rund und weich. Romantiker sehen überhaupt viel Dinge anders. Deshalb besitzen die Dachfenster dieses Projekt u.a. "Augenbrauen", die Regenrinne hält ein Herz und über die Firste kriechen Drachen.

Wilde Deckung = wilde Romantik?

Über allem krönt ein Dach, das es so in Deutschland nur selten gibt. Die Wilde Deckung aus Moselschiefer von Rathscheck Schiefer wurde in Zell in einer harmonischen rundlichen Steinform verarbeitet. Hinter der nur scheinbar wahllosen Verlegung der Schiefer steckt eine handwerkliche Meisterleistung eines gestaltenden Schieferdeckerhandwerks. Denn: Für die Wilde Deckung werden Schiefersteine weitgehend im Rohzustand an die Baustelle geliefert und erhalten erst vom Dachdecker vor Ort ihre auf das Deckbild abgestimmte, individuelle Form. So kann der Dachdecker jede auch noch so ausgefallene Dachgeometrie mit verschieden großen und kleinen Steinen nachvollziehen. Auf diese Weise gelingt es, sozusagen aus einem Guss, Gauben, Zwiebeltürmchen und den mächtigen Schornstein, ohne störende Unterbrechungen, fließend in die Dachflächen zu integrieren.

Insgesamt wurden rund 270 m² Wilde Deckung ausgeführt und 17 Tonnen Moselschiefer verarbeitet. Und zu den Kosten nur so viel: Das Gebäude wirkt größer und kostspieliger, als es in Wirklichkeit ist.

Seelen-Bau mit eBay-Hilfe

Architekt Walter Andre ist bekannt für seine energiesparenden organischen Bauten. An diesem Objekt stieß der routinierte Planer auf einen ganz eigenen Bauherrentyp. Nennen wir sie mal "eBay-Bauherren". Sie ersteigern die schönsten und skurrilsten Bauteile und möchten diese in ihr neues Zuhause integriert bekommen.

  • Die imposante Eingangstreppe beispielsweise stammt aus Dresden.
  • Die Sandsteingewände kamen aus Belgien, Frankreich und Polen.
  • Die Fliesen im Inneren schmückten u.a. mal französische Schlösser, ebenso wie eine weitere Außentreppe.
  • Aus Leipzig fanden die gusseisernen Stützen für den Balkon ihren Weg an die Mosel.
  • Und aus verschiedenen europäischen Schlössern, Villen und Gehöften stammen die Innen- und Außentüren.

Diese Fundstücke wurden zum Teil aufwändig restauriert und ggfls. auch auf den neuesten Stand gebracht. So bestehen z.B. die Außentüren aus jeweils zwei historischen Türblättern, die nach der Sanierung mit einem Kern aus Vakuumisolationspaneele und einer entsprechenden Kantenbearbeitung hoch wärmedämmend sind. Dies soll übrigens eine recht preiswertere Lösung sein gegenüber einer neuen Tür von der Stange.

Ein solches Hobby kostet daher nicht unbedingt viel Geld - aber Zeit. Für eine ganz spezielle Tür reiste der Bauherr sogar mehrmals zum damaligen Besitzer. Es dauerte ein Jahr und mehrere Abende, bis der Kauf gelang. Ein absolutes Highlight in diesem Sinne ist ein im Inneren des Hauses integrierter historischer Torbogen, unter dem einst erwiesenermaßen kein Geringerer als Goethe wandelte.

Das Haus in Zell weist über das imposante Schieferdach hinaus eine Vielzahl interessanter Details auf. Jedes der hier integrierten alten Teile kann eine eigene Geschichte erzählen. Jeder Raum folgt einem Thema. Das Ganze ist ein Stück Seelenheimat für einen Bauherren, der mit viel Engagement seinen Traum lebt. Dazu wird gehört auch eine raffinierte, offene(!) Fußbodenheizung (siehe Bild weiter oben) sowie ein Kamin im Wohnzimmer mit Schieferdach, Kamindach-Bewässerung zur Raumluftbefeuchtung und Regenrinne (Bild rechts oben).

Übrigens: Das Haus steht im Überschwemmungsgebiet der Mosel. Deshalb besteht das Untergeschoss komplett aus Beton und muss flutbar sein.

Weitere Informationen zur wilden Schieferdeckung können per E-Mail an Rathscheck angefordert werden.

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