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ifo Standpunkt: „Abgesang auf das EEG“

  • Autor: Hans-Werner Sinn, Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft, Präsident des ifo Instituts
  • Text: erschienen unter dem Titel „Abgesang auf das EEG“, WirtschaftsWoche, Nr. 6, 6. Februar 2012, S.40

(29.2.2012) Auf einer gerade abgeschlossenen Konferenz der Bayerischen Akademie der Wissenschaften waren viele Meinungen zum Klimawandel vertreten, aber es gab nicht einen Redner, der sich für den Erhalt des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ausgesprochen hätte. Es ist nämlich ein Faktum, dass das EEG dem Klima nichts bringt, wohl aber extrem teuer ist.

Wie das RWI überzeugend ausgerechnet hat, liegt der Barwert der von den Verbrau­chern zu zahlenden Umlage auf den Strompreis, der für die heute schon installierten Fotovoltaik-Anlagen zu zahlen ist, bei über 100 Milliarden Euro, und allein im letzten Jahr betrug die Umlage für den grünen Strom insgesamt etwa zwölf Milliarden Euro oder vier Transrapidstrecken vom Münchner Flughafen zum Hauptbahnhof München. Dass die Deutschen heute schon das Doppelte dessen für Strom zahlen müssen als die Franzosen, liegt nicht nur am fehlenden Atomstrom, sondern auch an der exzessiven Förderung des grünen Stroms. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hat also Recht, wenn er eine Kehrtwende einfordert.

Das EEG ist wirkungslos, weil es mit dem europäischen Emissionshandel kollidiert, der 99 Prozent des CO₂-Ausstoßes bei der Stromerzeugung erfasst. Den Emissionshandel gibt es seit 2005, und er befindet sich nun schon in der zweiten Handelsperiode. Die großen Börsen sind in Amsterdam und Leipzig. Dort werden die Emissionszertifikate gehandelt, die den Kraftwerken zugeteilt wurden. Aber wo auch immer die Zertifikate eingesetzt werden – da der Cap, also die Gesamtmenge der Zertifikate, in Brüssel festgelegt wird, kann das EEG den CO₂-Ausstoß nicht verringern. Der grüne Strom, den es in Deutschland hervorbringt, verdrängt zwar den in Deutschland erzeugten Strom aus fossilen Quellen, doch zugleich verdrängt er auch die Emissionszertifikate aus Deutschland und senkt deren Preis. Zu dem niedrigeren Preis finden diese Zerti­fikate in anderen EU-Ländern Absatz und ermöglichen dort den Ausstoß von genauso viel zusätzlichem CO₂, wie in Deutschland eingespart wird. Die Kohle- und Gaskraft­werke stehen dann eben in Polen oder Italien.

Das ist kein Nachteil des Emissionshandels, sondern ein Vorteil. Da der Handel einen einheitlichen CO₂-Preis erzeugt, regt er überall in Europa Einsparaktionen an und treibt sie bis zu dem Punkt, an dem die letzte eingesparte Tonne CO₂ so viel Vermeidungs­kosten verursachtet, wie ein Zertifikat kostet, und da das Zertifikat überall gleich viel kostet, sind alle Vermeidungskosten für die letzte Tonne gleich. Das aber ist die Be­dingung für eine Minimierung der Vermeidungskosten über alle Kraftwerksbetreiber in Europa. Das EEG kann diese Bedingung nur stören und insofern die Stromkosten pro Kilowattstunde in Gesamteuropa erhöhen. Da freilich nur die deutschen Stromkosten steigen, während die Stromkosten der anderen Länder wegen der fallenden Preise der Zertifikate sinken, folgt, dass der deutsche Lebensstandard durch das EEG um mehr gesenkt wird, als er im Rest Europas steigt.

Das EEG nützt noch nicht einmal den grünen Technologien selbst, denn indem es den Preis des fossilen Stroms senkt, untergräbt es die Marktchancen des grünen Stroms im Rest Europas, der nicht in den Genuss der deutschen Einspeisetarife beim EEG kommt. Während Deutschlands Naturlandschaften durch riesige Windkraftanlagen verunstaltet werden, verhindert man Solaranlagen in der Estremadura.

Zugunsten des EEG wird angeführt, dass damit der deutschen Industrie zukünftige Märkte erschlossen werden, auf denen sich einmal viel Geld wird verdienen lassen. Auch das Argument ist falsch. Um Marktchancen zu erschließen, braucht man keine Bürokraten, die über das Geld anderer Leute verfügen, sondern Unternehmer, die ihr eigenes Geld einsetzen.

Im Übrigen hilft das EEG den aus China importierten Anlagen für grünen Strom genauso wie den heimischen. Wenn man gezielt die deutschen Technologien fördern will, weil man sich Spill-over-Effekte verspricht, dann sollte man das Angebot der deutschen Hersteller statt der Nachfrage der deutschen Haushalte subventionieren.

Das Problem mit dem Argument der Markterschließung ist aber insbesondere, dass der Markt für die Erneuerbaren auf absehbare Zeit von öffentlichen Subventionen lebt und nicht vom ureigenen Interesse der Nachfrager getrieben ist. Was, wenn den Staaten das Geld ausgeht oder sie weniger umweltbewusst sind als der deutsche Staat? Dann produziert man für einen Markt, den es nicht gibt.

US-Präsident Barack Obama, der sein Geld für die Finanzkrise braucht, musste sich gerade dazu durchringen, die Subvention für amerikanische Windkraftanlagen und Solaranlagen zu kürzen. Auch die europäischen Kosten der Finanzkrise werden die Bürger nicht gerade ermuntern, für die Experimente der grünen Politik weiterhin das Geld zum Fenster hinaus zu werfen.

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