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Forscher weisen die netzstützenden Eigenschaften von PV-Kraftwerken im Feldversuch nach

(25.6.2013; Intersolar-Bericht) Bereits heute wird an sonnigen Tagen zur Mittagszeit bis zu ein Drittel des deutschen Strombedarfs durch Solarstrom gedeckt. Aus diesem Grund müssen Solarkraftwerke, die Strom in das Mittelspannungsnetz einspeisen, die in Deutschland geltenden Mittelspannungsrichtlinien erfüllen. Diese fordern u.a. eine aktive Beteiligung an der statischen Netzstützung. Dazu müssen sie in der Lage sein, die abgegebene Wirk- und Blindleistung zu regeln, wodurch im regulären Betrieb Fre­quenz und Spannung im Netz stabilisiert werden. Neben der statischen wird von So­larkraftwerken auch die dynamische Netzstützung verlangt, wodurch eine Stabilisie­rung des Stromnetzes während Netzfehlern und Netzspannungseinbrüchen gewähr­leistet werden soll. Denn nur eine richtige und schnelle Reaktion aller Energie erzeu­genden Kraftwerke, inklusive der erneuerbaren Energien, auf den tatsächlichen Zu­stand des Stromnetzes kann die Versorgungssicherheit mit elektrischer Energie ga­rantieren.

Hochauflösendes Messsystem zur detaillierten Analyse des elektrischen Verhaltens von Solarparks. Das System ermöglicht die zeitsynchrone Erfassung der Ströme und Spannungen von mehreren räumlich verteilten Solarwechselrichtern. 

Dass auch Solarkraftwerke diese Funktion zuverlässig erfüllen können, konnten For­scher des Fraunhofer ISE jetzt erstmals im Feldversuch am Beispiel des Solarparks in Dürbheim erfolgreich beweisen. Der im Süden Baden-Württembergs am Fuß der Schwäbischen Alb gelegene Park hat eine Leistung von fünf Megawatt. Er liegt auf einem ehemaligen NATO-Gelände, versorgt 1500 Haushalte mit Strom und ist gleich­zeitig eine Forschungsplattform.

Der Nachweis für diese Schutzfunktion wird durch einen so genannten LVRT-Test er­bracht, den die einzelnen Erzeugungsanlagen bestehen müssen. LVRT steht für Low Voltage Ride Through und bedeutet aktive Stützung der Netzspannung bei einem Spannungseinbruch. Nach den gültigen Richtlinien ist hierfür die Vermessung einzel­ner Wechselrichter - also jener Komponenten, die den Gleichstrom aus den Solarmo­dulen in Wechselstrom umwandeln - ausreichend. Dies hat zur Folge, dass über die LVRT-Fähigkeit ganzer PV-Kraftwerke, also einem Verbund von mehreren Wechsel­richtern, bis vor kurzem lediglich Simulationsrechnungen vorlagen.

Um Untersuchungen im Feldtest an einem großen Solarpark mit mehreren Wechselrich­terstationen durchführen zu können, haben die Freiburger Forscher einen LVRT-Prüf­container der Fa. windtest grevenbroich gmbh (wtg) eingesetzt, der sonst v.a. zur Vermessung von Windkraftanlagen herangezogen wird. Die mehrwöchige Testkampag­ne im April wurde in Kooperation mit dem Wechselrichterhersteller, KACO newenergy GmbH, und dem Parkbetreiber, BES new energy GmbH, sowie in Absprache mit dem örtlichen Energieversorger, der EnBW AG, durchgeführt.

Um das Verhalten des Solarparks während der LVRT-Prüfungen im Detail untersu­chen zu können, wurde ein aufwändiges, mobiles Messsystem entwickelt und für den Zeitraum der Prüfungen im Energiepark Dürbheim installiert. „Die Herausforderung be­stand darin, die Ströme und Spannungen der fünf räumlich verteilten Wechselrichter­stationen hochauflösend und exakt synchron zu erfassen“, berichtet Gregor Dötter, der das Forschungsprojekt am Fraunhofer ISE leitet. „Wir setzen daher an den einzel­nen Messstationen GPS-Sensoren ein, wodurch es möglich ist, jedem Messwert einen sehr genauen Zeitstempel zu geben. Die Messwerte werden anschließend mittels einer Richtfunkstrecke über mehrere hundert Meter zu einem zentralen Messrechner über­tragen.“ Dort können die Forscher das Verhalten jedes einzelnen Wechselrichters live verfolgen, die Ergebnisse der Tests analysieren und mit den zuvor gemachten Simula­tionsrechnungen vergleichen.

„Das neue Messsystem ist für uns ein sehr wertvolles Werkzeug für die Analyse des komplexen Zusammenspiels der einzelnen Wechselrichter untereinander“, so Sönke Rogalla, Leiter der Arbeitsgruppe Zentralwechselrichter und Solare Kraftwerke am Fraunhofer ISE. „Wir können so Solarparks viel genauer unter die Lupe nehmen und die Simulationsmodelle für deren Bewertung hinsichtlich ihres Verhaltens bei Netzfeh­lern weiter verfeinern und optimieren. Dies hilft uns auch bei der Entwicklung verbes­serter Regelstrategien, um Solarparks als zentrale und zuverlässige Bausteine unse­rer zukünftigen Energieversorgung zu etablieren.“

Das Fraunhofer ISE entwickelt seit mehr als 30 Jahren Leistungselektronik für erneu­erbare Energien und Industrieanwendungen. Das Projekt zur „Verifikation der dyna­mischen Netzstützung durch PV-Anlagen bei Fehlern im Mittelspannungsnetz“ wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) sowie der beteiligten Wechselrichterhersteller und dem Betreiber des Energie­parks Dürbheim finanziert. Im weiteren Projektverlauf sind weitere Labor- und Feld­testkampagnen mit den beteiligten Wechselrichterherstellern, AEG Power Solution, BONFIGLIOLI VECTRON GmbH und KOSTAL Solar Electric GmbH, geplant. Dabei sollen u. a. auch zusätzliche Möglichkeiten zur Netzstabilisierung durch Solarparks und de­ren Wechselrichter untersucht werden, die über heutige Anforderungen hinausgehen. Um den Umbau unserer Energieversorgung hin zu einer vollständigen Deckung durch erneuerbare Quellen zu ermöglichen, sollen diese weiter erforscht werden und in zu­künftige Richtlinien einfließen.

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