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Paradox? Niedrigzins birgt das Risiko, die eigene Schuldenfreiheit nicht mehr zu erleben!

(30.5.2014) Bis ins Jahr 2064 dauert eine Immobilienfinanzierung, wenn Kreditnehmer im jetzigen Zinstief nur auf die Monatsrate schauen und die Tilgungshöhe vernachläs­sigen. „So erfreulich das aktuelle Zinstief für Bauherren und Hauskäufer auch ist: In Kombination mit geringen Tilgungsraten kann sich die Kreditlaufzeit auf mehr als 50 Jahre verlängern“, warnt Michiel Goris, Vorstandsvorsitzender der Interhyp AG. „Nie­mandem ist daran gelegen, dass die Finanzierung dann ernsthaft wackelt, wenn die Zinsen wieder steigen sollten“, betont Thorsten Berg, Pressereferent der LBS West.

Die Gefahr lauert - so paradox es klingt - in den niedrigen Zinsen. Was viele nicht er­ahnen: Je niedriger die Zinsen für den Immobilienkredit sind, desto länger dau­ert bei gleicher nominaler Tilgungshöhe von Annuitätendarlehen die Entschul­dung!

Keine Frage: Eine monatliche Kreditrate von 667 Euro für ein Immobilienkredit von 200.000 Euro klingt verlockend. Aber eine Finanzierung über 200.000 Euro mit einer jährlichen Tilgung von einem Prozent wäre bei einem aktuellen Zinssatz von drei Pro­zent erst nach 46 Jahren abbezahlt (blaue Linie in der obigen Grafik). Das sind bei gleicher Tilgung 14 Jahre mehr als bei einem Zinssatz von sechs Prozent (rote Linie), der noch vor gut zehn Jahren für ein Annuitätendarlehen bezahlt werden musste. Bei einem Zinssatz von drei Prozent und einer Tilgung von vier Prozent wäre der Bauherr jedoch bereits nach 18 Jahren schuldenfrei und würde durch die verkürzte Laufzeit mehrere zehntausend Euro sparen (grüne Linie).

Verantwortlich für die langen Kreditlaufzeiten bei niedrigen Tilgungsraten ist die Funktionsweise von Annuitätendarlehen:

  • Ein Annuitätendarlehen ist ein Darlehen mit konstanten Rückzahlungsbeträgen (Raten). Im Gegensatz zum Tilgungsdarlehen bleibt also die Höhe der zu zahlenden Rate über die gesamte Laufzeit - bzw. innerhalb der Zinsbindungsfrist - gleich.
  • Die Annuitätenrate oder kurz Annuität setzt sich immer aus einem Zins- und einem Tilgungsanteil zusammen.

Da also mit jeder Rate ein Teil der Restschuld getilgt wird und sich über die Laufzeit systembedingt der Zinsanteil zugunsten des Tilgungsanteils verschiebt, fliesen bei höheren Zinssätzen und damit Monatsraten auch schneller immer höhere Beträge in die Tilgung, wodurch die Schulden wiederum schneller abgebaut werden:

  • Bei 6% Zinsen, 1% nominaler Tilgung und einer monatlichen Rate von 1.166,67 werden nach 10 Jahren 294 Euro getilgt, nach 20 Jahren 534 Euro und nach 30 Jahren 972 Euro.
  • Bei 3% Zinsen, 1% Anfangs-Tilgung und einer Rückzahlungsrate von 666,67 Eu­ro werden dagegen nach 10 Jahren 221 Euro getilgt, nach 20 Jahren 298 Euro, nach 30 Jahren 403 Euro und nach 40 Jahren auch erst 544 Euro.

Darlehen mit zwei oder mehr Prozent tilgen

„Wir empfehlen, die freie Liquidität durch die niedrigeren Zinsen in eine höhere Til­gung von zwei oder mehr Prozent zu stecken“, rät Berg. Nur so könne eine schnelle und günstige Rückzahlung des Darlehens erreicht werden und das Risiko steigender Kreditraten nach Ablauf der Zinsfestschreibung minimiert werden.

Allein aus dem Zinsaufwand, den Finanzierer vor zehn oder zwanzig Jahren für ihren Kredit aufwenden mussten, sollte sich heute genügend Spielraum für eine höhere Til­gung ableiten lassen. So lag die monatliche Belastung für ein 200.000-Euro-Darlehen im Jahr 1992 mit 8,5 Prozent Zinsen bei 1.416,67 Euro. 2002 wurden bei sechs Pro­zent Zinsen 1.000 Euro fällig. Aktuell leisten Darlehensnehmer bei drei Prozent nur noch 500 Euro Zinsaufwand (ohne Tilgungsanteil) pro Monat.

Außerdem: Je länger es bis zur Entschuldung dauert, umso öfter setzt sich der Dar­lehensnehmer dem Zinsänderungsrisiko aus, das bei einem Annuitätendarlehen im­mer dann besteht, wenn die festgelegte Zinsbindung endet.

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