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Positionspapier: „Vorurteile gegen den Einsatz von Dämmstoffen sind unberechtigt“

(16.9.2014) Wärmedämm-Maßnahmen führen zu Schimmel, sind brandgefährlich, verunstalten Wohnhäuser und rechnen sich darüber hinaus auch finanziell nicht. Zu diesen und ähn­lichen Auffassungen rund um den baulichen Wärmeschutz ha­ben jetzt fünf Institutionen aus Deutschland und Österreich in einem Positionspapier Stellung bezogen:

... wollen mit dem Papier einen Beitrag zur Versachlichung der Debatte leisten und kommen in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass der Wärmeschutz der Gebäudehülle bei richtiger Planung und Ausführung nicht nur unbedenklich ist, sondern erhebliche Vorteile bietet. Zu den Vorteilen zählen vorrangig eine schadensfreie Gebäudehülle und gesundes Wohnen. In zweiter Linie stünden die behaglichkeitssichernden, ener­gieeinsparenden und ökonomisch motivierten Aspekte.

„Die Informationen der unabhängigen Bauexperten werden dazu beitragen, Vorurteile gegen den Einsatz von Dämmstoffen abzubauen“, erwartet Baden-Württembergs Um­welt- und Energieminister Franz Untersteller. „Die Wärmedämmung ist ein lohnender Baustein der Gebäudesanierung, wird aber als solcher immer wieder verkannt.“ Haus­besitzer könnten sich bei qualifizierten Gebäudeenergieberatern aus ihrer Region über sinnvolle Dämmmaßnahmen an Dach, Außenwänden und Kellerdecke informieren, so der Minister.

Foto (© Sto) aus dem Beitrag „Wohnheim-Sanierung mit WDVS incl. optischer Aufwertung“ vom 24.11.2010

Derzeit diskutieren viele Bürger, Verbände und Medien intensiv die Wärmedämmung, besonders die von Altbauten. Die Wahrnehmung ist nicht immer positiv. „Grundsätzli­che Kritik an Dämmmaßnahmen stellt bauphysikalische Fakten oft verzerrt dar und reißt sie aus dem Zusammenhang einer komplexen Planungs- und Bauaufgabe“, be­mängelt Dr. Volker Kienzlen, Leiter der KEA und Initiator der Analyse. Seiner Meinung nach liege das an Vorurteilen, Fehlinterpretationen und anderen Missverständnissen

Dämmung zu Unrecht in der Kritik: Fünf von 13 Argumenten

Einwand: „Häuser müssen atmen können“

Ein traditioneller Einwand gegen die Wärmedämmung lautet: Wände müssen atmen können, um die Bewohner mit Frischluft zu versorgen und um Schadstoffe und Feuch­tigkeit abzuführen. Das Bild der atmenden Wand im Sinne eines Luftaustausches zwi­schen Innen- und Außenraum und eine Verschlechterung durch Dämmung entbehrt aber jeder funktionalen Grundlage, betonen die Verfasser. Einen Luftaustausch durch Außenwände gibt es nicht, ob gedämmt oder ungedämmt – außer sie sind baufällig.

Einwand: „Wärmedämmung führt zu Schimmel“

Auch die Schimmelgefahr sinkt durch Dämmung: Schimmel kann immer dann auftre­ten, wenn sich warme Raumluft an Wandoberflächen abkühlt und dadurch die relative Feuchte der Luft dort stark zunimmt; im Extremfall kommt es sogar zur Kondensatbil­dung. Ein zusätzlicher, von außen angebrachter Wärmeschutz führt hingegen immer zu einer Anhebung der Oberflächentemperatur der Wand und senkt so das Schimmel­risiko. Eine konsequente Vermeidung von Wärmebrücken, etwa an den Fenstern oder der Balkonplatte, reduziert das Risiko weiter. Die Bewohner sollten zudem nach einem Fenstertausch intensiver lüften.

Einwand: „Wärmedämmung wird zur Brandfalle“

Die Brandgefahr erhöhe sich ebenfalls nicht, so die Autoren. Die meisten Dämmstoffe werden so hergestellt, dass sie als „schwer entflammbar“ eingestuft werden. Brennen­de Dämmungen sind in Deutschland deshalb äußerst selten. Von den 200.000 Brand­fällen pro Jahr sind die, bei denen die Fassadendämmung eine Rolle spielt, an einer Hand abzuzählen - ein Teil der Häuser befand sich zudem noch in der Bauphase. Viel häufiger brennen Inneneinrichtungen aus Holz und Kunststoffen.

Einwand: „Wärmedämmung verunstaltet Gebäude“

Besonders emotional wird es, wenn es um die Außengestaltung geht. Wärmedämmung verunstalte die schönen, alten Gebäude, heißt es vielerorts. Wärmedämmung bedeu­tet aber keineswegs das Ende der Baukultur, erklären Kienzlen und Kollegen. Zwar gibt es ausreichend gestalterisch fragwürdige Beispiele für gedämmte Gebäude, aber auch viele gelungene. Und nicht jedes ungedämmte Haus ist optisch eine Perle. Die Frage der Gestaltung ist also nicht vorrangig eine Frage der Wärmedämmung, sondern der kreativen Architektur beim Umgang mit Materialien. Für denkmalgeschützte Fassaden oder solche mit Sichtmauerwerk oder aus Natursteinen besteht zudem die Möglichkeit, eine Innendämmung einzubauen.

Einwand: „Wärmeschutz ist teuer und rechnet sich nicht“

Dass Wärmeschutz teuer sei und sich nicht rechne, ist ebenfalls nicht haltbar. Viele Investitionen können wirtschaftlich sein, besonders wenn die energetische Sanierung an den normalen Renovierungszyklus gekoppelt wird – steht das Gerüst für die Putz­erneuerung schon, sind die Dämmmaßnahmen günstiger und bringen über die Lebens­dauer mehr Einsparungen als sie gekostet haben. Auch sollte die Berechnungsmethode der Sanierungskosten stimmen, so der Tenor im Positionspapier. Für Wirtschaftlich­keitsaussagen dürften nur die Mehrkosten für die Energieeinsparung zugrunde gelegt werden, nicht die Sowieso-Kosten der baulich notwendigen Sanierung, etwa der neu­en Dachziegel, so die Verfasser. Pauschale Aussagen zur Wirtschaftlichkeit seien je­doch mit Vorsicht zu genießen, denn jedes Haus sei individuell.

Das Positionspapier und die weiteren Argumente sind unter kea-bw.de > Die KES > Publikationsliste zu finden - sowie auf den Internetseiten der Mitautoren.

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