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Winterbaustelle oder eingewinterte Baustelle?

(25.11.2014) Früher ruhte der Bau im Winter - ganz selbstverständlich. Heute halten dagegen Schnee und Eiseskälte kaum noch jemanden vom Bauen ab: Bauherren drän­gen zur Eile, Baufirmen versprechen ihnen den schnellen Einzug - Zeit ist eben Geld. Und moderne Baustoffe ermöglichen auch die Arbeit bis fast an den Gefrierpunkt - vo­rausgesetzt, dass sie nach Vorschrift verarbeitet werden. Grundsätzlich aber sind die Probleme in einem Winter des 21. Jahrhunderts (trotz Klimaerwärmung) aber immer noch dieselben wie 1886, konstatiert der Verband Privater Bauherren (VPB): Damals untersagte die Leipziger Baupolizei das Bauen in der kalten Jahreszeit. Die Obrigkeit wollte die Bürger vor den gesundheitlichen Gefahren nasser Räume schützen. Das sprichwörtliche Trockenwohnen wurde so unterbunden.


Bild von Viebrockhaus aus dem Beitrag "Winterbau: Bauen bei Eis und Schnee" vom 27.9.2005

Bauvertrag: Wer übernimmt die Kosten für den Winterschutz?

Wasser ist auch heute noch das größte Problem beim Bauen im Winter. Dipl.-Bauinge­nieur Volker Wittmann, Leiter des VPB-Büros Regensburg, empfiehlt deshalb allen Bau­herren, den Winterschutz bereits im Bauvertrag verbindlich zu regeln und die Verant­wortung dafür möglichst der Baufirma aufzuerlegen. „Bauherren sollten zum Beispiel frühzeitig vereinbaren, dass die Baufirma bei ungünstigen Witterungsverhältnissen hei­zen und lüften muss, damit das Haus trocknet und die versprochene Bauzeit eingehal­ten wird.“ Sonst wird das Versprechen einer kurzen Bauzeit über den Winter mögli­cherweise auf Kosten der überraschten Bauherren erfüllt. Man sollte sich also bes­ser bereits bei der Vereinbarung des Bauzeitenplanes darauf verständigen, wer die Kosten für möglicherweise erforderliche Zusatzmaßnahmen für die Baustelle im Winter tragen soll. Alternativ kann man selbstverständlich auch die Baustelle im Winter ruhen lassen. Dann entstehen kaum Kosten für besondere Zusatz­maßnahmen. Wintersicher sollte man seine Baustelle aber trotzdem machen.

eingewinterte Baustelle

Wichtig ist der Schutz des Rohbaus vor der Witterung immer. „Damit die wertvolle Bausubstanz nicht auffriert, müssen die Bodenplatten frostfrei bleiben, und zwar von innen und von außen. Das gilt gleichermaßen für unterkellerte wie für nicht unter­kellerte Gebäude. Dazu muss die Baugrube zumindest im unteren Bereich verfüllt, be­ziehungsweise das Erdreich beigefüllt werden. Sämtliche Gebäudeöffnungen sollten mit sturmsicheren Folien verschlossen werden“, erklärt der Bausachverständige, „an­dernfalls dringt der Frost ungehindert in das Bauwerk.“

Neben Frosteinwirkungen sollte die eingewinterte Baustelle selbstverständlich auch gegen eindringendes Wasser geschützt werden. Sonst steht im Frühjahr ein See im Keller und die gemauerten Kellerwände sind möglicherweise tropfnass. „Besonders ge­fährdet sind dabei die Durchbrüche in den Kellerwänden, dort, wo die Hausanschlüsse vorgesehen sind. Diese Öffnungen werden am besten druckdicht verschlossen.“

Besonders neuralgische Punkte sind stets Kellerfenster. „Sie müssen gegen Überflu­tung gesichert werden.“ Das gelingt am besten, wenn Regen und Tauwasser sich gar nicht erst am Haus sammeln können, sondern abgeleitet werden. Das gehört eigent­lich zum Handwerk erfahrener Bauleute und sollte von der Firma selbstverständlich er­ledigt werden. Dringt doch einmal Wasser ins Haus ein, muss es natürlich so schnell wie möglich wieder raus. Steht es monatelang im Keller, sind Schäden und Schimmel die so gut wie sicheren Folgen.

„Wird das Haus vor der Winterpause nicht mehr eingedeckt, rate ich dazu, es mit einem geeigneten Notdach abzudecken“, erklärt Volker Wittmann. „Auch das sollte die Firma von Beginn an mit in ihr Angebot einkalkulieren, wenn der Bauzeitenplan auf Kante mit Dacheindeckung im Dezember geplant werden muss. Häufig können Zimme­rerarbeiten und Dachdeckerarbeiten dann witterungsbedingt nicht mehr ausgeführt werden.“

Baustellensicherung

„Die Sicherung der Baustelle hat das ganze Jahr über Priorität“, erläutert Bauherren­berater Wittmann. „Bauzaun, Bautür, Öffnungen und bodentiefe Fenster müssen abends und am Wochenende stets geschlossen sein. Das gilt im Winter ganz beson­ders, weil der Bau vielleicht doch einmal ein paar Tage oder sogar Wochen ruht.“

Mindesttemperaturen und Verarbeitungsvorschriften beachten!

Moderne Materialien ermöglichen die Arbeit im Winter. Allerdings gelten für viele Bau­stoffe Mindesttemperaturen, unterhalb derer sie nicht mehr eingesetzt werden dür­fen. Zu jedem Baustoff geben die Hersteller verbindliche Gebrauchsanweisungen he­raus, an die sich die Firmen halten müssen. „Dabei geht es aber nicht nur um Mindest­temperaturen. Auch die Holzfeuchte oder die relative Luftfeuchte spielen bei der Ver­arbeitung bestimmter Baustoffe im Winter eine wichtige Rolle“, erklärt der Bausach­verständige. „Kunststoffmodifizierte Dickbeschichtungen (KMB) zum Schutz von Kel­leraußenwänden etwa dürfen nur bis plus 5 Grad Celsius verarbeite werden. Auch die jetzt häufig ein­gesetzten modernen feuchtevariablen Dampfbremsbahnen für den Dachausbau sind bei einer Luftfeuchte über 75 Prozent oder auch bei einer Bauholz­feuchte über 20 Prozent nicht mehr sicher zu verlegen. Gleiches gilt für Gipsplatten im Trockenbau: Bei über 80 Prozent Luftfeuchte beziehungsweise unter zehn Grad Celsius können sie nicht mehr vorschriftsmäßig eingebaut oder verspachtelt werden.“

„Erfahrene Handwerker sollten das wissen und auch beachten“, konstatiert Volker Wittmann. „Bauherren können sich aber nicht darauf verlassen.“ Deshalb rät der VPB, alle Schutzmaßnahmen für den Winter vertraglich und detailliert zu regeln und die Baustelle regelmäßig durch erfahrene Sachverständige kontrollieren zu lassen.

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