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Chemikalien im Trinkwassersystem nach Rohrsanierung per Relining-Verfahren

(7.6.2015; upgedatet am 9.6.2015) Mit Hilfe des sogenannten Relining-Verfahrens wer­den gerne alte Wasserleitungen durch Auskleidung mit Epoxid­harz saniert. Relining wird häufig bei Abwasserrohren eingesetzt, aber auch das Beschichten von Trinkwasserleitungen ist gebräuchlich. Das Problem dabei ist, dass das eingesetzte Epoxidharz die gesundheitsgefährdende und krebserregende Chemikalie Bisphenol A (BPA) enthält und in das Trinkwasser abgeben kann. Der Verband der Rohrinnen­sanierer schätzt, dass es um bis zu 100.000 Wohnungen geht, in denen das Verfahren angewendet wurde.

fragwürdig, distanziert, verboten

„Nicht nur das bei dieser Methode eingesetzte Material ist kritisch zu betrachten. Auch das Verfahren an sich ist frag­würdig, da gültige Richtlinien zur Umsetzung, Prüfung und Qualifizierung fehlen und es dadurch fraglich ist, ob es den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht“, erklärt David Dreesen, Mitarbeiter des Arbeitsgebiets gefährliche Stoffe bei TÜV NORD. So wundert es nicht, dass der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) seine entsprechenden Richtlinien zurückzog und sich von dieser Methode distanziert hat. Einige Wasserversorger gingen ferner so weit, dass sie das Verfahren in ihrer Region ganz verbieten ließen. Erschwerend kommt hin­zu, dass keines der eingesetzten Harze beim Umweltbundesamt (UBA) als unbedenk­lich registriert ist. Dennoch wird die Methode von zahlreichen Unternehmen angebo­ten und eingesetzt.

Keine vorgeschriebene Kontrolle der Wasserqualität

Besonders problematisch ist, dass es keine vorgeschriebenen, regelmäßigen und sys­tematischen Kontrollen der Wasserqualität nach einer Innenrohrsanierung mit Epoxid­harz gibt. Auch die wissenschaftliche Debatte ist noch nicht beendet. Dreesen emp­fiehlt daher Immobilienbesitzern und -betreibern immer eine klassische Rohrsanierung, das heißt den Austausch der alten Leitungen, durchführen zu lassen.

Mieter sollten sich zudem bei den Hauseigentümern erkundigen, ob vorhandene Leitun­gen mit Epoxidharz saniert wurden. Wenn ja, sollten sie auf jeden Fall eine regelmäßi­ge Überprüfung der Wasserqualität fordern.

Zur Erinnerung: Beim Relining-Verfahren werden die Rohrleitungen zunächst mit auf­bereiteter Luft getrocknet. Anschließend werden die Rohre durch Sandstrahlen von Rost und Ablagerungen gereinigt. Dann wird die Epoxidharzbeschichtung aufgetragen. Hierbei müssen bestimmte Mischungsvorschriften, Temperaturen, Aushärtungszeiten etc. beachtet werden. „Wird auch nur der kleinste Fehler bei der Reinigung der Rohre gemacht und es bleiben Rostrückstände zurück, kann die Beschichtung nicht einwand­frei aufgebracht werden“, warnt David Dreesen. Aber auch eine zu kurze Trocknungs­phase nach dem Auftragen des Epoxidharzes kann zu einer höheren Belastung des Wassers führen. Darüber hinaus können die Temperatur des Wassers und das Alter der Epoxidbeschichtungen die Menge des freigesetzten BPAs erhöhen.

Besonders heikel wird es bei Bleirohren: „Rohre, die aus Blei bestehen, sind besonders empfindlich und können daher bei unsachgemäßer Behandlung schnell Schaden neh­men. Zusätzlich wird durch das Strahlen die Oxidschicht zerstört, die das Trinkwasser sonst vor dem Blei schützt. Wenn es dann zu einem Fehler beim Auftragen des Epo­xidharzes kommt, kann der Bleigehalt im Wasser enorm steigen.“

Epoxidharz ist ein Kunstharz, das neben anderen kritischen Bestandteilen eben auch auch Bisphenol A (BPA) enthält. Dies ist eine hormonell wirksame Chemikalie, welche die hormonell basierte Kommunikation der Zellen im Körper stört und sich daher tief­greifend auf die Gesundheit auswirken kann. Besonders für Schwangere ist BPA ge­fährlich, da die Substanz die Plazenta durchdringen und zu Entwicklungsstörungen sowie Geburtsfehlern führen kann.

Update vom 9.6.2015: Verband der Rohrinnensanierer widerspricht

Laut dem Verband der Rohrinnensanierer sei konkret vom TÜV Nord Falsches und Rich­tiges vermengt worden. Falsch sei beispielsweise die Einschätzung des eingesetzten Materials: Epoxidharz enthält zwar Bisphenol A - aber diesen Stoff lasse die Beschich­tungsleit­linie des Umweltbundesamtes für die Beschichtung von Trinkwasserleitungen aus­drücklich zu - siehe Beitrag „Verband der Rohrinnensanierer hält Warnung vor Relining-Verfahren für unberechtigt“ vom 9.6.2015.

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