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Rom: Ein Gebäude, zwei Gesichter

(21.11.2016) Neue Architektur für die ewige Stadt: Seit kurzem residiert der Finanzdienstleister BNL BNP Paribas in Rom in einem imposanten Neubau: Nahe dem Bahnhof „Roma Tiburtina“ entstand ein Bauwerk mit einer Gesamtfläche von etwa 85.000 m² auf einem vergleichsweise schmalen Grundstück (siehe Google-Maps). So ist ein wesentlicher Gebäudeabschnitt gerade einmal 18 Meter breit.

alle Fotos © Oskar Dariz, Bozen

Den Architekten Alfonso Femia und Gianluca Peluffo zufolge entspricht das Gebäude einer „kollektiven Architektur“, bei der die Räume zur Interaktion und zur gemeinschaftlichen Nutzung einladen und so der öffentlichen Funktion entgegenkommen. Die unumstrittene Hauptrolle spielt jedoch die extravagante Gebäudehülle - ausgeführt vom Bozener Unternehmen Stahlbau Pichler.

Immer in Bewegung

Das klassische Konzept einer Vorder- und Rückseite wurde zugunsten einer dynamischen Gestaltung des Bauwerks aufgegeben. So verjüngt sich das Gebäude beispielsweise an der Südseite sowohl im Grundriss als auch in der Höhe:

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siehe auch Google-Street-View; siehe auch Foto aus ähnlicher Perspektive

Das Gebäude geht intensiv auf die örtlichen Gegebenheiten ein - nicht nur erzwungenermaßen durch benachbarten Schienen. So ermöglicht  beispielsweise ein großes Fenster den Blick auf den historischen Wasserspeicher  „Mazzoni“, der durch den „Codice dei Beni Culturali“ geschützt ist. In diesem Bereich gibt es keine tragenden Säulen, welche die Sicht versperren. Stattdessen ist das Bauwerk an einer Art Brücke aufgehängt.

Transparenz auf der einen, Kinetik auf der anderen Seite: So präsentiert sich das doppelte Gesicht des neuen Hauptsitzes von BNL BNP Paribas in Rom. Stahlbau Pichler zeichnet dabei sowohl für die verglaste Westseite als auch für die vorgehängte Fassade der Ostseite verantwortlich:

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Die Fassade ist auf beiden Seiten über unterschiedlich geformte Aluminium-Stahlkonsolen am Haupttragwerk oder Rohbau des Gebäudes verankert. So kann ein Ausgleich für Bau- und Montagetoleranzen und mögliche Bewegungen des Gebäudes erfolgen. Der Großteil der Konsolen wurde über einbetonierte Montageschienen Typ „Locatelli V40/22“ mit der Bodenplatte verankert. Wo dies nicht vorgesehen war, kamen chemische Dübel Typ „Hilti HIT HY“ zum Einsatz. In einigen Bereichen des Gebäudes sind zudem facettierte Fensterbänke zwischen den vertikalen Fassadenelementen angebracht. Abwechselnd innen und außen montiert, dienen sie als optische Verbindung zwischen den aus der Fassadenebene hervorstehenden Giebeln.

Structural Glazing-Elementfassade im Westen

Die 230 m lange Westseite der Gebäudehülle gestalteten die Experten aus Südtirol als 15.000 Quadratmeter große, gläserne Elementfassade mit objektspezifischen Sonderprofilen. Die Structural Glazing-Elemente hängen an Konsolen, die wiederum an den Geschossdecken verankert sind. Die Mehrscheibenverglasung besteht aus zwei – per Dichtungsfuge verbundenen – 10 mm dicken Scheiben. Die Rahmen selbst sind mit speziellen Aluminium-Strangpressprofilen samt EPDM-Dichtungen und Zubehörteilen montiert. Um Deckenverformungen durch Gebrauchslasten und Ausdehnungen infolge von Temperaturdifferenzen aufnehmen zu können, sind die Elemente vertikal und seitlich frei.

Bei dem Bauprojekt verzichteten die Planer auf außenliegende Sonnen- und innenliegende Blendschutzsysteme: Die ESG-H-Außenscheibe soll dank ihrer Sonnenschutzschicht ausreichend hohe Lichtreflexionswerte aufweisen. Der Wärmedurchgangskoeffizient (Ucw) der Glasfassade ist mit 1,25 W/m²K angegeben.

VHF im Osten und Norden

Als visueller und funktioneller Gegenpol zur Westseite besteht die Ostseite des Bauwerks aus 10.000 m² vorgehängter hinterlüfteter Fassade. Sie ist in mehrere Module unterteilt:

  • ungedämmte Fassade in Höhe der Technikräume,
  • wärmegedämmte Fassade in Höhe der Büroräume,
  • wärmegedämmte Stahlbetonkerne im Inneren der Büros.

Sogenannte „bow windows“ stehen auf der Ostseite im Mittelpunkt des Fassadensystems. Zudem nehmen dreidimensional geformte und geschliffene Keramikfliesen im Format 30 x 60 cm die dynamische Gestaltung im oberen Fassadenteil auf:

Nachhaltigkeit dank Energieeffizienz

Das Projekt zeichnet sich durch eine hohe ökologische Nachhaltigkeit der Klasse A beziehungsweise LEED „Gold“ aus. Auch das Fassadensystem von Stahlbau Pichler trägt seinen Teil bei: Eine Gebäudehülle, die zur einen Hälfte als Elementfassade und zur anderen als hinterlüftete Fassade ausgeführt wird, erweist sich hier aus technologischer sowie wirtschaftlicher Sicht als ideal. So ist das Gebäude im Hinblick auf Energieeffizienz weitestgehend autonom, da der Baukörper weder übermäßig viel Energie aufnimmt noch abstrahlt. Zudem ist in der Verkleidung noch eine Photovoltaikanlage vorgesehen, die bei einer Größe von 2.700 m² 1.238 monokristalline Siliziumsolarzellen mit jeweils 333 Watt Peak (Wp) umfasst. Hinzu kommen Wärmepumpen zur Erzeugung von Heizenergie. Weiterhin wurden CO₂-Sensoren installiert, um die Luftqualität zu bestimmen und gegebenenfalls entsprechend zu regulieren. Auch die Beleuchtung und die Klimaanlage mit fünf polyvalenten Kühlaggregaten sind für einen niedrigen Energieverbrauch konzipiert - und machen das neue Domizil der BNL BNP Paribas besonders nachhaltig.

Nordseite mit dem zweiten Gesicht 

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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