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Besenstrich, ein Putz in handwerklicher Qualität auf 1.700 m²

(23.11.2016) Im Gustav-Stresemann-Weg in Münster (siehe Google-Maps) hat sich ein neues, 55 m langes und 12 m hohes Bürogebäude entfaltet - mit langen Reihen aus schlanken, flächenbündigen Fenstern, dicht an dicht. Der abgewinkelten Süd/Ost-Fassade gelingt es dabei, dem voluminösen Bauwerk die Schwere zu nehmen:

Foto © Ratiodata/Gregor Schläger
alle weiteren Fotos © Knauf/Mathias Lehmann

Putzstruktur mit individueller Handschrift

Steht man vor dem Gebäude, fällt neben den vielen Fenstern der Putz ins Auge: Waagerechte Rillen, nicht wie mit dem Lineal gezogen, sondern ganz individuell strukturiert, mal breiter, mal dünner, mit Ansatz- und Abriebspuren. Unregelmäßige Putzstränge und Vertiefungen überziehen die Gebäudehülle. „Durch den mit einer speziellen Technik aufgebrachten Putz zeigt die Fassadenoberfläche einen besonderen handwerklichen Charakter“, erklärt Architekt Andreas Heupel. Die Farbe des Putzes, ein weicher Grauton, erinnert an Beton.

Beim „Besenstrich“ wird der noch weiche Putz mit einer Feinstruktur versehen, indem ein optimierter Straßenbesen über den Putz gezogen wird. So ergibt sich eine gerichtete Struktur, die in der Rauigkeit bzw. Grobheit variabel gewählt werden kann. Der Geschäftsführer des ausführenden Stuckateurbetriebs, Frank Vorwerk, hat die Putztechnik Outdoor Dragged genannt -„dragged“ bedeutet „geschleift“.

Das Bürogebäude von Ratiodata, einem IT-Dienstleister mit mehr als 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland, war für ihn eine spannende Aufgabe. „Wir veredeln Architektur“ lautet der Slogan seines Betriebs. Vorwerk berät und experimentiert gerne und kreiert neue Putztechniken in Zusammenarbeit mit Architekten und Industrie. „Beim Bürogebäude im Gustav-Stresemann-Weg haben wir vier verschiedene, jeweils ca. 20 Quadratmeter große Musterflächen angelegt, bevor die Entscheidung klar war“, erinnert er sich.

Mineralisch von der Dämmung bis zum Putz

Die Stuckateure haben nicht nur die kreative Putzoberfläche hergestellt: Sie brachten auch das Wärmedämm-Verbundsystem Knauf Warm-Wand Plus mit Mineralwolle-Putzträgerlamellen in 160 mm Stärke auf den Wandbildner aus Beton an. Unebenheiten im Rohbau glichen sie mit dem Leichtunterputz LUP 222 und dem mineralischen Klebe- und Armiermörtel SM300 aus.

Auf das WDVS trugen die Fachhandwerker den Armierungsmörtel SM700 Pro auf, in den das Armierungsgewebe eingebettet wurde. SM700 Pro selber ist mit Mikrofasern versetzt, was den Putz rissfrei halten sollte. Den Alleskönner wählten die Verantwortlichen auch als Oberputz, eingefärbt in einem mittleren Grauton. Passend zur Dämmung, ist der Putz ebenfalls mineralisch, außerdem diffusionsoffen und zugleich sehr hoch wasserabweisend. Der SM700 Pro wurde maschinell in 4 bis 6 mm Stärke und 1 mm Körnung aufgebracht und glattgezogen, bevor der Besen im noch feuchten Putz für die Strukturierung sorgte - ein gewöhnlicher Straßenbesen, dem aber einige Borsten entfernt wurden.

Unregelmäßigkeiten zeigen den handwerklichen Charakter

„Es brauchte etwas Übung, beispielsweise an den Gerüstständern, aber es hat gut geklappt und auch richtig Freude gemacht. Wir waren insgesamt vier Monate mit dem Putz beschäftigt. In Spitzenzeiten standen sechs bis acht Mitarbeiter auf dem Gerüst um die zwölf Meter hohe Fassade zu strukturieren“, berichtet Frank Vorwerk. Unregelmäßigkeiten wie der Besenansatz im Strich seien nicht nur unvermeidlich, sondern sogar erwünscht, denn das ist die spezielle Handschrift, ergänzt er.

Eine besondere Herausforderung für die Stuckateure waren die flächenbündigen Fenster, die auf der großen Fassadenfläche eine entsprechende Rohbautoleranz aufwiesen. Mit dem Putz konnte dies jedoch gut ausgeglichen werden, die Oberfläche schließt überall perfekt mit den Fenstern ab.

Auf Wunsch von Bauherr und Architekt wurde der Oberputz nicht beschichtet. Eine Silikatlasur könnte Farbunterschiede egalisieren, die beim Auftragen des eingefärbten Putzes unweigerlich entstehen können. Doch beim Bürogebäude in Münster waren diese vom Bauherrn und Architekten erwünscht. „Es gibt eine Entwicklung hin zu einer natürlicheren Erscheinung, hin zur Lebendigkeit des handwerklich Gefertigten. Die Wahl unserer Oberflächenstruktur ist einer von vielen möglichen Wegen“, beschreibt Architekt Heupel.

Summa summarum wurden an dem Bürogebäude über 1.600 m² Mineralwolle, 1.700 Meter Eck- und Abschlussprofile, knapp 2.000 m² Gewebe sowie 47 Tonnen Klebe- und Armierungsmörtel verarbeitet.

Weitere Informationen zu Außenputzen, die sich z.B. per Besenstrich extravagant gestalten lassen, können per E-Mail an Knauf angefordert werden.

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