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Jahrhundertflut vor dem Kadi: Gericht hält Mietminderung um 100 Prozent für angemessen

(6.5.2003) Monatelang beherrschten im vergangenen Jahr die Meldungen von der Flut im Osten Deutschlands die Medien. Unzählige Menschen standen plötzlich auf der Straße, weil ihre Wohnungen voll Wasser gelaufen und damit unbenutzbar geworden waren. Inzwischen sind die schlimmsten Schäden beseitigt. Aber nun müssen sich die Juristen mit den mietrechtlichen Folgen der Jahrhundertflut befassen. Das Amtsgericht Grimma spielte den Vorreiter: Es sprach nach Mitteilung des Infodienstes Recht und Steuern der LBS einem Mieter das Recht auf hundertprozentige Mietminderung und fristlose Kündigung zu. (Aktenzeichen 2 C 0983/02, nicht rechtskräftig)

Jahrhundertflut, Mietminderung, Hochwasser, gemietete Gewerberäume

Der Fall: Der 13. August 2002 war ein schwarzer Tag für Grimma. Ein großer Teil der Stadt wurde vom Hochwasser überflutet – darunter auch die gemieteten Gewerberäume eines Unternehmers. Die Immobilie konnte unbestreitbar über einen längeren, kaum überschaubaren Zeitraum nicht mehr genutzt werden. Ohne gründliche Austrocknung der Wände und anschließende Renovierung war nicht an einen Wiedereinzug der Firma zu denken. Deswegen weigerte sich der Mieter, seine monatlichen Zahlungen zu leisten. Außerdem sprach er eine fristlose Kündigung aus, da ihm die Wartezeit nicht zuzumuten sei. Es kam zu einem Prozess vor dem Amtsgericht Grimma, weil der Vermieter das alles nicht hinnehmen wollte. Er vertrat die Meinung, seine Immobilie habe im streng juristischen Sinne keinen Mangel aufgewiesen. Für solch außergewöhnliche Naturgewalten sei er nicht haftbar zu machen.

Das Urteil: Der zuständige Amtsrichter stellte sich auf die Seite des Mieters. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich eine so genannte Garantiehaftung des Vermieters für Mängel vorgesehen. Dieses Risiko dürfe nicht auf den Mieter abgewälzt werden. Der Firmeninhaber sei darauf angewiesen gewesen, seine Geschäfte möglichst schnell wieder aufnehmen zu können, sonst hätte dies seine Existenzgrundlage bedroht. Bei Abwägung beider Interessen habe in diesem Fall dem Mieter der Vorrang gelten müssen.

Dieser Fall bezog sich zwar auf Gewerberäume, könnte aber nach Juristenmeinung auch bei privaten Mietverhältnissen Anwendung finden, wenn die Wohnung durch eine Überschwemmung unbrauchbar geworden ist. Der Mieter könnte dann gegenüber dem Eigentümer eine Mietminderung geltend machen und bei sich lange hinziehenden Renovierungsarbeiten den Vertrag kündigen.

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