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DLR: Satellit zeigt Hitzeinseln in deutschen Städten

(14.8.2025) Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat erstmals eine systematische Auswertung der Oberflächentemperaturen in über 70 deutschen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern veröffentlicht. Die Analyse zeigt: Versiegelte Flächen treiben die Hitze in urbanen Räumen deutlich in die Höhe. Mithilfe von Satellitendaten der US-amerikanischen Landsat-Mission wurde sichtbar, wie stark Bebauung und Stadtstruktur lokale Temperaturen beeinflussen – eine datenbasierte Grundlage für gezielte Klimaanpassung in Ballungsräumen. Für die ausgewählten Großstädte, darunter Berlin, München, Frankfurt, Stuttgart, Köln und Hamburg, ist dies nun räumlich aufgelöst entsprechend der geografischen Lage und Struktur nachvollziehbar.

Hamburg: Unterschiedliche Temperaturen auf der Oberfläche (Bild: DLR, CC BY-NC-ND 3.0) 

Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR: „Das DLR begleitet und unterstützt mit seiner anwendungsorientierten Forschung aktiv öffentliche Stakeholder wie Ministerien, Kommunen und Behörden sowie die Wirtschaft. Durch einen intensiven Wissensaustausch vergrößert das DLR den Nutzen seiner Technologien für die Gesellschaft. ... Informationen aus dem Weltraum sind grundlegend für ein noch besseres Verständnis von Prozessen wie den klimatischen Entwicklungen in Städten und Ballungsräumen. Durch die im DLR entwickelten Verfahren und Methoden zur Be- und Verarbeitung von Satellitendaten können verlässliche Informationen und Anwendungen für ein breites Spektrum an Handlungsempfehlungen bereitgestellt werden.” 

München (Bild: DLR, CC BY-NC-ND 3.0) 

Bei der Analyse der Satellitendaten haben DLR-Forscher die durchschnittlichen Oberflächentemperaturen von Juni, Juli und August in den Jahren 2013 bis 2024 einbezogen. Die Satelliteninstrumente haben die Temperaturen der Oberflächen erfasst, nicht die Lufttemperaturen. Die Oberflächentemperatur und die Lufttemperatur entsprechen sich nicht 1:1, stehen aber in direktem Zusammenhang – die räumlichen Muster seien ähnlich. Hitzeinseln lassen sich eindeutig anhand der Oberflächentemperaturen identifizieren. Diese werden in Beziehung gesetzt zu Variablen wie Stadtgröße, Lage in Deutschland und Lage im Stadtgebiet. Hinzu kommen verschiedene Stadtstrukturtypen wie Einfamilienhausgebiet, Großwohnsiedlung oder Blockbebauung. Die Forschenden haben zusätzlich Erdbeobachtungsdaten mit Stadtklimamodellen kombiniert, um die Temperaturverteilung in verschiedenen Stadtgebieten mit bis zu einem Meter Auflösung detailliert zu simulieren. Mit diesen Simulationen auf Gebäudeebene lassen sich wichtige Faktoren wie Beschattung und Exposition einzelner Bereiche präzise erfassen. So kann gezielt analysiert werden, wo in der Stadt die Hitzebelastung besonders hoch ist. 

Stuttgart (Bild: DLR, CC BY-NC-ND 3.0) 

Hitzebelastung für Menschen

Thilo Erbertseder, DLR-Forscher zu Stadtklima und Gesundheit: „Aus der Fernerkundung haben wir mittlerweile umfangreiche Daten, um räumliche Hitze-Hot-Spots zu identifizieren, zu quantifizieren und zu monitoren. Dieses Wissen kann eingesetzt werden, um die Hitzebetroffenheit der Stadtbevölkerung zu reduzieren. Aus umweltmedizinischer Sicht hänge Hitzestress für den Organismus nicht allein von der Oberflächen- oder Lufttemperatur ab, sondern von weiteren Faktoren wie Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und Strahlung. Dies kann die Hitzebelastung für Menschen noch verstärken.

In einer Studie am Beispiel Augsburg konnte das DLR vor einigen Jahren bereits nachweisen, dass während einer Hitzewelle mehr als die Hälfte der Bevölkerung auch nachts dauerhaft hohen Temperaturen ausgesetzt seien. „Der Organismus des Menschen kann sich dann kaum von der Hitze erholen und die Gesundheitsgefährdungen steigen”, sagt Dr. Tobias Leichtle, der die Augsburg-Studie geleitet hat.

Berlin (Bild: DLR, CC BY-NC-ND 3.0) 

Unterschiede zwischen Stadt und Land

Prof. Hannes Taubenböck vom Earth Observation Center des DLR: „Unsere Auswertungen zeigen im Detail, dass die Differenzen von Oberflächentemperaturen zwischen Innenstadtgebieten und ländlichen Räumen teilweise 8 bis 10°C betragen können.”

Städtische Strukturen mit geringer Bebauungsdichte und hohem Grünanteil weisen geringere Temperatur-Differenzen zum Umland auf als dicht bebaute Gebiete mit geringerem Grünanteil. Grüne und blaue Infrastruktur (Vegetation und Wasserflächen) haben abhängig von ihrer Größe eine merkliche Temperaturwirkung. Sie werden daher vermehrt wegen ihres Kühlungseffekts als Anpassungsmaßnahmen eingesetzt. Vor allem Stadtgrün kann städtische Temperaturen signifikant senken.

„Diese Maßnahmen erscheinen offensichtlich. Und doch muss immer bedacht werden, dass in jeder Stadt Nutzungskonflikte bestehen zwischen der Notwendigkeit, sich an den Klimawandel anzupassen, und dem Bedarf an Wohnraum und Verkehrsinfrastruktur. Wir möchten Wissen liefern, um gesellschaftliche und politische Entscheidungen dazu bewusster treffen zu können”, sagt Hannes Taubenböck. Einige Maßnahmen könnten z.B. sein, Menschen bei Hitzewellen in einzelnen Stadtquartieren gezielt zu informieren, kühle Räume zur Verfügung zu stellen, Sanierungen mit Blick auf Hitzeschutz durchzuführen oder langfristig stadtplanerische Eingriffe umzusetzen.

Frankfurt (Bild: DLR, CC BY-NC-ND 3.0) 

Analysen zur Schaffung klimaresilienter Städte

Zukünftige Analysen des DLR sollen die Temperaturwirkung nach verschiedenen Anpassungsmaßnahmen einbeziehen. Der Blick in die Vergangenheit ermöglicht einerseits, städtebauliche Entwicklungen der Temperaturentwicklung gegenüberzustellen. Zum anderen sollen Stadtklima-Modelle mit Fernerkundungsdaten gekoppelt werden, um mögliche Szenarien und geplante Maßnahmen zu bewerten. Damit will das DLR einen Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung leisten.

Das DLR hat ein Flickr-Album mit weiteren Abbildungen der Oberflächentemperaturen für deutsche Großstädte erstellt.

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