Interview mit dem BVBS: GAEB-Zertifizierung steigert Qualität im Datenaustausch
(2.11.2012) Die Steigerung der Qualität im elektronischen Datenaustausch ist eines der Ziele des Bundesverbandes Bausoftware e.V. (BVBS). Ein Baustein dazu ist die Zertifizierung von Softwareprogrammen der Anwendungsbereiche Bauausführung und AVA. Dieses geschieht in Zusammenarbeit mit dem Gemeinsamen Ausschuss für Elektronik im Bauwesen (GAEB). Seit 2010 wurden 23 Softwareprodukte der 70 Mitglieder durch den BVBS zertifiziert.
Heike Blödorn M.A. befragte dazu Michael Fritz, Geschäftsführer des BVBS, und Vorstandsmitglied Wilhelm Veenhuis, zuständig für Datenaustausch beim BVBS.
Frage: Für wen kommt die Zertifizierung in Frage?
Michael Fritz: Grundsätzlich für alle
Softwareprodukte, die GAEB-Dateien auslesen und einlesen müssen.
Hierbei unterscheiden wir zwischen dem Bereich Bauausführung und
AVA, Ausschreibung Vergabe Abrechnung. So haben wir inzwischen
sieben Software-Versionen im Bereich AVA und 16 Software-Versionen
in der Bauausführung zertifiziert. Nur für ca. 20% unserer
Mitglieder kommt eine Zertifizierung nicht in Frage, da diese wie
zum Beispiel alle CAD-Hersteller oder Anbieter von
Kosteninformationen keine GAEB-Dateien im- und exportieren müssen.
Frage: Was beinhaltet die Zertifizierung?
Wilhelm Veenhuis: Der BVBS bietet die
Zertifizierung für den Datenaustausch nach GAEB DA XML 3.1 an.
Dabei importieren und exportieren wir GAEB-Dateien und prüfen, ob
diese den Prüfkriterien entsprechen. Da sich Softwareanwendungen
stetig neuen und veränderten Anforderungen anpassen, bezieht sich
die Zertifizierung auf eine bestimmte Softwareversion und ist fünf
Jahre gültig. Danach muss entweder eine neue Zertifizierungen
beantragt werden oder diese verliert ihre Gültigkeit. Während der
Laufzeit kann der Softwareanbieter bei einer Versionsänderung oder
einem Update eine Re-Zertifizierung beantragen. Die neue
Zertifizierungsurkunde enthält dann die geänderte Versionsnummer
und das neue Prüfungs- und Gültigkeitsdatum.
Frage: Wer hat das Prüfverfahren festgelegt?
Michael Fritz: Das Prüfverfahren hat der BVBS mit
den Mitgliedern seines Arbeitskreises Datenaustausch in einem
demokratischen Prozess in mehreren Sitzungen definiert. Wichtig
war uns sowohl die Prüfungskriterien für die GAEB DA XML
Zertifizierung in den Bereichen AVA und Bauausführung als auch
entsprechende Musterdateien zum Test auf der BVBS-Website nicht
nur unseren Mitgliedern, sondern jedem Interessierten zugänglich zu
machen. So können sich die Softwarehäuser vorab das Prüfszenario
anschauen und testen, ob der Datenaustausch funktioniert.
Frage: Welche Kosten kommen auf die
Softwarehäuser zu?
Michael Fritz: Für
Mitglieder kostet die Erstzertifizierung einer Software 1.950 €,
alle weiteren Zertifizierungen neuer Softwareversionen 250 €.
Möchte der Hersteller weitere Produkte zertifizieren lassen,
liegen die Kosten dann bei 975 €. Also ein durchaus überschaubarer
Betrag.
Natürlich können auch Nicht-Mitglieder ihre Produkte zertifizieren lassen. Für diese kostet die Erstzertifizierung allerdings 2.950 € und die Re-Zertifizierung 500 €. Ein weiterer guter Grund, bei uns Mitglied zu werden.
Frage: Wie läuft das Prüfverfahren ab?
Wilhelm Veenhuis: Normalerweise suchen wir die
Softhäuser auf und führen die Zertifizierung zusammen mit dem
entsprechenden Softwareentwickler vor Ort durch. Da wir die
Softwarelösungen in der Regel nicht kennen, benötigen wir dazu die
Unterstützung der jeweiligen Unternehmen. Abhängig von der Art der
Anwendung werden die entsprechenden GAEB-Dateien eingelesen und
ausgegeben. Diese müssen den Prüfkriterien entsprechen und dem
GAEB-XML-Checker standhalten. BVBS und GAEB haben gemeinsam den
GAEB-XML-Checker herausgegeben. Dieser steht zum
Download auf der Website des GAEB zur Verfügung.
Die Ergebnisse protokollieren wir beim Prüfungsvorgang. Wenn sie den Vorgaben entsprechen, was relativ einfach und objektiv zu prüfen ist, stellen wir die Zertifizierungsurkunde aus. Die Hürde für eine GAEB-Zertifizierung liegt zwar hoch, ist aber durchaus erreichbar, was an der Anzahl der bisher zertifizierten Softwareprodukte abzulesen ist. Die Softwareversion erhält dann ein entsprechendes Zertifizierungssiegel sowie eine Urkunde, die das Datum der Zertifizierung beinhaltet und wann die Gültigkeit abläuft.
Frage: Wie viel Zeit müssen die Unternehmen für
die Prüfung einplanen?
Michael Fritz: In der
Regel dauert eine Prüfung zwischen zwei und vier Stunden. Das ist
ein überschaubarer zeitlicher Aufwand. Es kann vorkommen, dass der
Entwickler während des Prüfvorgangs merkt, dass etwas nicht stimmt
und es dann sofort in der Software ändert. Dann wird die
entsprechende Position noch einmal geprüft. Ist die Änderung
allerdings komplexer Natur, muss ein neuer Prüfungstermin
vereinbart werden. Das ist allerdings bisher nur zweimal
vorgekommen.
Frage:
Welche Daten können eingelesen werden?
Wilhelm Veenhuis:
Bei der Zertifizierung Bauausführung wird die Datenart 83, die
Angebotsaufforderung, eingelesen und die Datenart 84, die
Angebotsabgabe, ausgegeben. Bei der AVA-Zertifizierung ist die
Prüfung umfangreicher. Da werden Dateien der Datenart 81, die
Datenaustauschphase Leistungsbeschreibung, Datenart 84, die
Angebotsabgabe, und die Datenart 86, die Auftragsart, eingelesen
und ausgegeben.
Frage: Warum sollten Softwarehäuser ihre Software
zertifizieren lassen?
Michael Fritz: Die
Zertifizierung stellt eine Qualitätsüberprüfung der Software dar.
Sie gibt dem Anwender Sicherheit und schafft Vertrauen, dass die
durch Zertifizierung geprüften Anwendungen und Prozesse fehlerfrei
sind. Diese Sicherheit erlangt besondere Bedeutung, wenn wir uns
vorstellen, wie viele unterschiedliche Partner in der gesamten
Prozesskette des Planens und Bauens untereinander Projektdaten
austauschen. Somit stellen sich die Hersteller den festgelegten
Qualitätskriterien. Einige Softwarehäuser haben diese
Prüfkriterien sogar schon in die Qualitätssicherung ihrer Software
eingebaut. Anhand der Prüfkriterien des BVBS hat jedes
Softwarehaus die relativ einfache Möglichkeit, durch den Import und
Export der Daten eine Prüfung durchzuführen.
Wilhelm Veenhuis: Immer mehr Auftraggeber der
öffentlichen Hand verlangen eine zertifizierte Software für den
Datenaustausch. Das heißt, es besteht konkret die Forderung und
ist Voraussetzung für die Teilnahme an einer Ausschreibung, dass
GAEB-
Ich selber habe immer wieder in Gesprächen festgestellt, dass die Bereitschaft eines Interessenten, eine zertifizierte Software einzusetzen wesentlich größer ist als eine nicht-zertifizierte Software einzusetzen. Und die Mitarbeiter in der Bauwirtschaft kennen die Bedeutung von Zertifizierungen, denn viele bauausführende Betriebe haben sich selber zertifizieren lassen.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Befragung zeigt Potenziale der Prozessoptimierung in der Baubranche auf (24.11.2012)
- GAEB-Online 2018 ermöglicht nun REB 23.003-konforme, prüfbare Aufmaße (25.5.2018)
- GAEB-Online 2018 konvertiert Excel-Daten und erstellt EFB-Preisblätter (13.2.2018)
- Cosobas AVA.relax erhält GAEB Zertifizierung DA XML V. 3.2 für AVA und Mengenermittlung (10.11.2017)
- 100. GAEB-Zertifikat vom BVBS auf der BAU ausgehändigt (24.2.2017)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Beschleunigtes Vergabeverfahren mit neuer „Paper to Digital“-Lösung von RIB (2.11.2012)
- „Ermittlung lohnbasierter Kalkulationsansätze im Baugewerbe“ neu aufgelegt vom ZDB (22.10.2012)
- Qualifizierte elektronische Signatur oft unentbehrlich (26.8.2012)
siehe zudem:
- AVA-Programme und Handwerkersoftware bei Baulinks