Gefahrensituationen bei Großveranstaltungen können umgangen werden
(21.6.2006) Fünf Monate vor Beginn der 18. Fußball-Weltmeisterschaft hatte die Stiftung Warentest mit ihrer Studie zur Sicherheit der zwölf WM-Stadien für großes Aufsehen unter den deutschen Fußball-Fans gesorgt (siehe auch: "Brandsicherheit in WM-Stadien: 'Vorbildlicher Brandschutz nur mit Sprinkleranlagen'" vom 3.2.2006). Dabei gilt immer: Egal, ob Fußballspiele, Volksfeste, Konzerte, Demonstrationen oder andere Großveranstaltungen - sobald eine größere Anzahl von Menschen an einem Ort aufeinander trifft, gehen damit immer auch Risiken einher.
"Trotz strenger gesetzlicher Sicherheitsvorschriften in Deutschland und sämtlicher denkbaren Präventivmaßnahmen kann es bei Großveranstaltungen zu unerfreulichen Zwischenfällen kommen", so Prof. Dr.-Ing. Thomas Stocker von SecurityPoint. Rauchentwicklung, ein Feuer, eine Explosion, sogar ein heftiger Regenschauer oder starkes Gedränge können plötzliche Panikreaktionen auslösen. Solche so genannten Massenpaniken sind mit unkontrollierter Angst und massiven Fluchtbewegungen verbunden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Bedrohung tatsächlich existiert oder nur eingebildet ist. Die Betroffenen wollen sich oder ihr Leben schützen und fliehen. Sie mobilisieren sämtliche Kräfte, um der Gefahr zu entkommen. "Dieser Zustand ist ansteckend", erklärt Thomas Stocker. "Wenn Panik einmal da ist, sind die Menschen kaum mehr ansprechbar."
Wer zu einer Großveranstaltung geht, sollte sich daher nicht zu dicht an die Absperrungen stellen. "Drängen Menschen gleichzeitig in eine Richtung, beispielsweise zu einem Ausgang, auf die Bühne oder zu einem Fluchttor auf das Spielfeld, können sie enormen Druck ausüben", so Stocker. Besucher, die sich vor einem Gitter, einer Wand oder in dichtem Gedränge befinden, können dabei erdrückt oder niedergerissen werden. "In solchen Situationen ist sich jeder selbst der Nächste. Der natürliche Drang zur Selbsterhaltung ist so stark, dass soziales Verhalten wie Rücksicht ausgeblendet wird", erläutert der SecurityPoint-Fachmann. "Dennoch können Gefahrensituationen bei Großveranstaltungen umgangen werden."
Eine Massenpanik kann bei jeder Veranstaltung ausbrechen. "Das
beste Mittel ist dann, Ruhe zu bewahren und sich so wenig wie möglich von der
Panik anstecken zu lassen", sagt Thomas Stocker. "Wichtig ist, sich den Weg, den
man herein gekommen ist, gut zu merken und Ausschau nach alternativen Ausgängen
und Notausgängen zu halten." Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann sich bei
der Ankunft auch den Fluchtwegplan des Gebäudes, der Konzerthalle oder des
Stadions einprägen und die dort ausgewiesenen Wege kurz ablaufen. Bricht Panik
aus, sollte man sich nicht gleich der Masse anschließen. "Sind wir Menschen mit
unseren Entscheidungen unsicher, orientieren wir uns meist an der Mehrheit. Bei
Massenpaniken kann dieser Herdentrieb fatal sein", so Stocker. "In der Annahme,
einer werde schon den richtigen Weg finden, stürzen alle der Masse hinterher -
oftmals zu einem einzigen Ausgang. Aufgrund des hohen Drucks verkeilen sich die
Menschen ineinander; der Ausgang wird blockiert. Drücken, Drängeln und Schieben
bringt also nichts." Durchgänge und Treppen sollten als Aufenthaltsorte stets
vermieden werden, da an derartigen Stellen - als Teile des Fluchtwegs - schnell
unkontrolliertes Gedränge entstehen kann. Reagieren Menschen panisch, ist es
hilfreich, sich gegenseitig Mut zuzusprechen. "Geben Sie den Menschen in Ihrer
Umgebung das Gefühl, dass alles wieder gut wird, dass sich die Situation binnen
weniger Minuten beruhigt und die Sicherheitskräfte alles unter Kontrolle haben",
sagt Thomas Stocker. Bei
Generell ist Massenpanik ein seltenes, dafür aber folgenschweres Phänomen. Um darauf vorbereitet zu sein, sollten die Verantwortlichen von Großveranstaltungen - neben der Einrichtung von entsprechender Sicherheitstechnik - potenziell auftretende Notfälle in Gedanken durchspielen. "So können Sie im Falle einer Massenpanik schneller und gefasster reagieren", erklärt Thomas Stocker. "Und wer ruhig wirkt, gewinnt bei den Betroffenen Vertrauen: Wenn Menschen spüren, dass Sie als Veranstalter Sicherheit ausstrahlen, bleiben auch die Betroffenen ruhiger." Für Veranstalter oder Sicherheitspersonal von Großereignissen ist es wichtig, mit den Betroffenen Kontakt aufzunehmen. "Ziehen Sie die Aufmerksamkeit der in Panik geratenen Besucher auf sich", rät Thomas Stocker, "so kann es gelingen, Aufregung und Angst einzudämmen." Am besten geschieht dies mit eindringlichen Lautsprecherdurchsagen, mit schockartigen Ablenkungen wie schrillen Pfeiftönen oder mit einfachen Aufgabenstellungen wie "Achten Sie auf Kinder!".
Auch bauliche Maßnahmen und eine entsprechende technische Ausrüstung können Paniksituationen abmildern.
Brandschutz beispielsweise ist gesetzlich vorgeschrieben. Gerade in größeren Gebäuden oder bei Veranstaltungen ist es Pflicht, Fluchtwege für den Notfall zu schaffen. Die Rettungs- und Fluchtwege müssen deutlich beschildert sein - auch bei Stromausfall und Dunkelheit - mit international verständlichen Piktogrammen, damit auch Gäste, die die jeweilige Landessprache nicht beherrschen, im Ernstfall schnell den Weg finden. Die Fluchtwege sollten möglichst kurz sein und dürfen nicht mit Hindernissen verstellt oder gar verschlossen sein. "Leider kommt es immer wieder vor, dass Fluchttüren abgeschlossen werden, um bei Veranstaltungen Betrügern und Dieben keine Möglichkeit zu bieten, das Gebäude heimlich zu betreten oder zu verlassen", weiß Thomas Stocker. "Gesetzlich sind zwei verschiedene Fluchtwege vorgeschrieben. Sollte der bezeichnete Fluchtweg verschlossen sein, sollte man sich unbedingt nach einer zweiten Fluchtmöglichkeit, beispielsweise einem Fenster oder einem Schacht etc. umsehen." Professionelle Rettungswegsysteme garantieren dabei Sicherheit für Menschen sowie Schutz für Sachwerte. Geregelt werden solche Systeme durch die "Richtlinie über elektrische Verriegelungssysteme von Türen in Rettungswegen (EltVTR)", die das Deutsche Institut für Bautechnik erlassen hat und die als Norm für die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die Herstellung und Prüfung von Fluchttürsystemen gilt.
Auch Rettungskräfte wie Notärzte, Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz müssen ständig freien Zugang haben. "Hier sind breite Fluchtwege und große Ausgänge von Vorteil", erklärt Thomas Stocker. "Dasselbe gilt auch für Treppen, Treppenhäuser und Gänge: Sie müssen so breit sein, dass sie von mehreren Personen nebeneinander genutzt werden können, da an schmalen Durchgängen hoher Staudruck entstehen kann." Papierkörbe, Informationstafeln, Aufsteller und Prospekthalter müssen so aufgestellt oder angebracht sein, dass sie in den Laufwegen keine Stolperfallen bilden. "Auch unregelmäßige Treppenstufen können Fliehende leicht zu Fall bringen", weiß Stocker. In den Gängen sowie - im Idealfall - in jedem Raum sollten Rauchmelder installiert werden. Die Geräte werten Temperatur, Luftzusammensetzung, Rauchdichte, etc. aus und lösen im Falle von Rauchentwicklung oder Brand umgehend Alarm aus; die im Gebäude befindlichen Personen werden gewarnt. Sprinkleranlagen, die an die Rauchmelder gekoppelt sind, werden gleichzeitig aktiviert und dämmen den Brand ein. "Weitere wichtige Einrichtungen sind Rauchabzüge und Steigleitungen für das Löschwasser", so Thomas Stocker. Bei Fußballspielen bieten im Notfall Rettungstore Schutz für die Besucher: Im Falle einer Massenpanik bauen sie Staudruck ab und öffnen den Zuschauern den Fluchtweg über das Spielfeld.
siehe auch:
-
www.securitypoint.org
Neutralitäts-Check: SecurityPoint ist eine internationale Initiative von ASSA ABLOY. Ihr Ziel ist es, das Interesse und die allgemeine Aufmerksamkeit gegenüber dem Thema Sicherheit zu erhöhen und gewerblichen wie auch privaten Nutzern eine Informationsplattform zu bieten. ASSA ABLOY ist ein weltweit agierender Hersteller und Lieferant von Schließlösungen und damit verbundenen Produkten. Das selbstdefinierte Zielsetzung von ASSA ABLOY ist es, "die Bedürfnisse eines Jeden nach Sicherheit, Schutz und Komfort zu befriedigen."
- high ceiling: Sicherheitsleuchte Onlite Resclite von Zumtobel für überhohe Räume (11.9.2014)
- Esylux rundet sein Sortiment mit Rettungswegekennzeichen und -beleuchtung ab (11.9.2014)
- LED-Rettungs- und Sicherheitsleuchten neu von EOOS und Zumtobel (9.8.2012)
- licht.de präsentiert Hefte zu Notbeleuchtung und Sicherheitsleitsystemen (21.5.2012)
- Fluchttürintegriertes Notraffsystem (21.10.2009)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
- Schlösser und Beschläge auf der BAU 2007 (21.6.2006)
- Funktürwächter für Diskotheken (21.6.2006)
- Kompakte Notlichtversorgung für den Unterverteilerkasten (7.6.2006)
- Notleuchten: Kostenreduzierung durch geeignete Lampenwahl (4.5.2006)
- GfS-Schulungsfilm "Sicherer Fluchtweg" (4.4.2006)
- Innovationen und Erweiterungen beim KFV-Panik- und Fluchtwegprogramm (28.3.2006)
- Flucht- und Rettungswege sind Sache des Unternehmers (2.2.2006)
- Panikverschluss-System nach EN 1125 geprüft und zertifiziert (16.8.2005)
- Fachverband Türautomation empfiehlt automatische Schiebetüren bei Rettungswegen (10.8.2003)