Gebäude mit multifunktionalen (Fenster-)Elementen minimalinvasiv sanieren
(20.8.2012) Wenn Wohngebäude energetisch ertüchtigt werden müssen, ist dies heute in der Regel mit langwierigen Baumaßnahmen verbunden. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) haben vor diesem Hintergrund ein neues Modernisierungskonzept entwickelt, welches Montagezeiten verkürzen soll. So lassen sich beispielsweise mit vorgefertigten, multifunktionalen Fensterelementen herkömmliche Renovierungsabläufe ersetzen.
Operationen im Bauchraum werden immer häufiger minimalinvasiv durchgeführt: Ein kleiner Schnitt in die Bauchdecke genügt, um Instrumente einzuführen und die Organe mit einem Endoskop sichtbar zu machen. Diese Methode strapaziert den Körper weniger als konventionelle OPs. Auch für Architekten und Bauträger kann sich diese Art des „minimalinvasiven Eingriffs“ rentieren: „Auch Gebäude lassen sich minimalinvasiv sanieren und auf schonende Weise energieeffizient modernisieren“, betont Michael Krause, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP in Kassel. Der Forscher und sein Team haben im Projekt „Prefab“ multifunktionale Fensterelemente entwickelt, die künftig klassische, langwierige und damit für Bewohner lästige Renovierungsmethoden ersetzen sollen. „Prefab“ wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert.
Bislang erfolgen Sanierungsmaßnahmen zumeist getrennt
nach Gewerken wie Fassaden- und
Vorgefertigte Bauteilkomponenten mit herausnehmbarer Technikbox
Das Fensterelement besteht neben dem eigentlichen Fenster und der Fensterzarge aus einer Technikbox und einem Dämmstoffrand, der beispielsweise passend zum Wärmedämmverbundsystem (WDVS) aus Polystyrol gefertigt sein kann. Dieses selbsttragende Modul wird von außen in die alte Fensterlücke geschoben und überdämmt die alte Fassade im Fensterbereich.
Alternativ zum WDVS können Architekten auch eine Holzrahmenkonstruktion mit mineralischen Dämmstoffen wie Glas- oder Steinwolle verwenden. Die herausnehmbare Technikbox befindet sich unter der Fensterbank. In die Box lassen sich Komponenten wie Wärmetauscher, dezentrale Heizungsmikropumpen und Lüftungsfilter einbauen, aber auch Stromanschlüsse, Lüftungskanäle oder Internetkabel. Stromleitungen und Wasserrohre werden unter dem Dämmstoff über die Fassade erschlossen und über Einlässe durch die Technikbox ins Haus geführt. Zahlreiche Arbeiten im Gebäude wie das Verlegen von Rohren und Leitungen entfallen auf diese Weise.
Der Fensterbauer liefert die Elemente inklusive Technikbox vorgefertigt an, dadurch beschleunigt sich der Installationsprozess am Gebäude deutlich. Ein weiterer Vorteil: Da man die Fensterbank öffnen kann, lassen sich sämtliche Komponenten einfach warten, nachrüsten oder austauschen, etwa wenn eine Reparatur erforderlich ist. „Indem wir Wärmetauscher und Lüftungstechnik in das Sanierungssystem integrieren, reduzieren wir Wärmeverluste durch die Gebäudehülle und die Lüftung. Außerdem werden durch die gute Verarbeitung des Systems Luftundichtigkeiten und Wärmebrücken vermieden, das heißt, die Wärme kann nicht nach außen entweichen. Alles in allem senken wir den Energieverbrauch“, resümiert der Forscher. „Da die Dämmelemente mit einer Tragstruktur kommen, sind sie so stabil, dass es denkbar ist, sie mit Solarkollektoren und Photovoltaikmodulen zu bestücken.“
Das vorgefertigte, multifunktionale Fensterelement gibt es bereits als Demonstrator. Hergestellt wurde es von dem Kasseler Industriepartner Walter Fenster + Türen. Im nächsten Schritt wollen Krause und seine Kollegen vom Fraunhofer IBP das Fassadenelement in einem sanierungsbedürftigen Wohngebäude im realen Einsatz testen: „Prinzipiell ist es in vielen Bestandsbauten einsetzbar, wir haben vor allem die Mehrfamilienhäuser der Wiederaufbaujahre im Visier.“
siehe auch für zusätzliche Informationen:
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siehe zudem: