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Textiles Bauen ein Schwerpunkt der Techtextil vom 11.-13.6. in Frankfurt

(17.3.2013) Carbon-, Glas- oder Aramidfasern als Verstär­kungsmaterialien einzusetzen, ist in der Industrie schon seit langem üblich. In Kombination mit Beton bieten faserbewehrte Konstruktionen für das Baugewerbe immer mehr Potenziale zur Reduzierung des Mate­rialaufwands und die Umsetzung von Leichtbaukonstruktionen für Fassadenelemente und Flächentragwerke. Auf der Techtextil, internationale Fachmesse für technische Textilien und Vliesstoffe, die vom 11. bis 13. Juni 2013 in Frankfurt am Main stattfin­det, zeigen führende Unternehmen und Institute ihre neuesten Entwicklungen für den textilen Leichtbau.

Dass sich vor allem Kohlenstofffasern auch für die Herstellung besonders filigraner Betonstrukturen im Baugewerbe eignen, ist relativ neu und inspiriert inzwischen Ar­chitekten und Hersteller gleichermaßen zu neuen Entwürfen. Aus diesem Grund ver­anstaltete der Weltmarktführer in der Graphitherstellung, die SGL Carbon Group mit Hauptsitz in Wiesbaden, im Frühjahr 2012 unter dem Namen „Carbocrete“ einen of­fenen Innovationsprozess auf der „Innovationskraftwerk“ - Plattform der Initiative „Deutschland - Land der Ideen“, um nach neuen Anwendungsideen und Einsatzsze­narien für carbonfaserverstärkten Beton zu suchen - siehe auch den Baulinks-Bei­trag „SGL Group prämiert beste Ideen für Carbocrete-Carbonbeton Anwendungen“ vom 19.4.2012:

1. Preis für das Leipziger Designerteam Stefan Paulisch, Uta Kleffling und Pamela Voigt für ihr Konzept „Carbocrete Balcony“ 

Das weitestgehend neue Verbundmaterial verspricht einige Vorteile. Es ist so fest wie Stahlbeton, aber um bis zu 75% leichter und langlebiger. Im Vergleich zu Bauteilen aus Stahlbeton können solche aus Carbocrete nicht rosten, was sie für den Kontakt mit Wasser besonders geeignet macht. Und so zeigten die über 300 eingereichten Ideen, den Einsatz des Materials im Kontext von Außenraum, Witterung und Leichtbau auf. Sieger des Wettbewerbs wurde das Leipziger Designerteam Stefan Paulisch, Uta Kleffling und Pamela Voigt mit ihren „Carbocrete Balconies“, bepflanzbaren und orga­nisch geschwungenen Balkonen (Bild oben), um dem Gesteinswüstencharakter unserer Innenstädte entgegenzuwirken.

Den Sonderpreis für Design erhielt Vinzenz Maria Hoppe mit dem an Seehunden angelehnten Entwurf von Wellenbrechern (Bild rechts), die Erosion reduzieren und durch eine filigrane Geometrie in Masse gefertigt werden können. „Wir sind beein­druckt von der Vielfalt, der Kreativität und der Qualität der Konzepte unseres ersten Open Innovation Wettbewerbes“, so Dr. Gerd Wingefeld, Mitglied des Vorstandes der SGL Group. „Das zeigt uns, welches Potenzial im Leichtbauwerkstoff Car­bocrete steckt und wir stehen erst am Anfang der Entwick­lung.“

In Forschungsprojekten an der RWTH Aachen, der TU Dresden sowie dem Sächsischen Textilforschungsinstitut Chemnitz wer­den derzeit die Möglichkeiten zur organischen Gestaltung unter Einsatz von 3D-Textilbewehrung mit dem notwendigen Know-How und neuen Werk­stoffentwicklungen unterfüttert. So hat das STFI im Rahmen eines Verbundprojekts mit der TU Chemnitz, der FiberTech Group, der Hentschke Bau GmbH sowie den Fir­men Panadur GmbH und Metallbau Hausmann GmbH einen neuen Hybridwerkstoff ent­wickelt, der die Vorteile von Textilbeton und glasfaserverstärktem Kunststoff hinsicht­lich Festigkeit, Dauerhaftigkeit und Gestaltungsfreiheit vereint.

Für die Bewehrung kamen 3D-Gewirke aus gitterförmig angeordneten Glasfilamentgar­nen zum Einsatz. Zur Veranschaulichung der Ergebnisse wurde ein Referenzgebäude in Form eines Pavillons aus GFK-Textilbeton-Fertigteilen umgesetzt. Die Bewehrung des Textilbetons bestand dabei aus einer Lage biaxialer Kettengewirke aus alkaliresisten­ten Glasfasern (2400 tex). Sie wurde aus vier Lagen Glasgewebe aufgebaut, so dass Bauteile mit einer Dicke von 10 mm und einer Zugfestigkeit von bis zu 165 MPa ent­standen. Zur Vermeidung von Rissen und der Entkopplung der beiden Materialien in Bezug auf deren mechanischen, chemischen und thermischen Eigenschaften wurde eine Zwischenschicht eingesetzt, welche aus Epoxidharz und Polyester-Wabenvlies besteht.

Eine ähnliche Entwicklung hat der Baustoffhersteller Hering in Kooperation mit der RWTH Aachen und der TU Dresden umge­setzt. Dabei entstand das Fassadensystem betoShell aus nur 30 mm dicken Fassadenplatten, die mit einer 3D-Textbeweh­rung ausgestattet wurden und Winddrücken von bis zu 1,80 kN/m² standhalten. Es kam das Abstandstextil SITgrid von V. Fraas - Solutions mit enorm hoher Tragfähigkeit und besonders geringem Eigengewicht zum Einsatz. Dieses wurde speziell auf die Bedürfnisse des Fassadenelements abgestimmt und besteht aus zwei Glasfaser-Lagen im Abstand von 10 mm, welche durch Polfäden drucksteif miteinander verbunden sind. Eine Fertigungsstraße erlaubt die Herstellung der Betonfassaden­platten in großen Abmessungen von bis zu 6000 x 3000 mm - siehe auch Beitrag „TU Dresden Pilotprojekt für 3 cm dicke 3D-textilbewehrte Betonelemente“ vom 17.9.2011.

Das geringe Gewicht hat Vorteile bei Transport und Montage. Im Vergleich zu ver­gleichbaren stahlbewehrten Fassadenelementen werden bei betoShell bis zu 80 Pro­zent der für die Herstellung benötigten Ressourcen eingespart. Betonfassaden können mit verschiedenfarbigen Gesteinskörnungen ausgestattet sowie gestrahlt, geschliffen oder gesäuert werden. Die im Vergleich zu anderen Fassadensystemen günstiger aus­fallende Ökobilanzierung konnte vom Institut LCEE aus Darmstadt nachgewiesen wer­den.

Insbesondere beim Bau großer Flächentragwerke für Fußballstadien oder Flughäfen spielen Leichtbau-Konstruktionen unter Verwendung von Membrantextilien ihre Vortei­le aus. Die Verseidag Indutex GmbH aus Krefeld hat sich in den letzten Jahren mit der Umsetzung einiger spektakulärer Bauwerke zu einem der Marktführer in diesem Bereich entwickelt. Das Unternehmen fertigt hochwertige Gewebe aus Glas- oder Polyesterfa­sern und beschichtet diese zum Schutz vor Witterungseinflüssen mit PTFE bzw. PVC. Die Gewebe werden zudem mit einer Low-E Beschichtung ausgestattet, die das Durchdringen von Wärme in den Innenraum verhindert und Sonnenstrahlung reflektiert. Auf diese Weise kommt es zu einem angenehmen Raumklima bei reduzierten Energie­kosten für die Klimatisierung.


Cape Town Stadium in Greenpoint/ Südafrika (Foto: Bruce Sutherland)

Beim Bau des Green Point Fußballstadions in Kapstadt wurden auch die optischen Möglichkeiten der Textilkonstruktion durch eine besondere Beschichtung des naturwei­ßen Glasfasergewebes ausgenutzt. Diese bewirkt, dass tagsüber Sonnenstrahlung an der Textilhaut reflektiert, so dass diese blickdicht wirkt. In der Nacht kehrt sich der Effekt aufgrund der Durchdringbarkeit für Lichtstrahlung von Innen um und die Fassa­de erhält eine schwebende Transparenz. „Außerdem bricht das Gewebe zwar Regen und Wind, lässt aber gleichzeitig Luft durch, so dass es im Sommer keine stehende Hitze gibt“, erklärt Dr. Peter Siemens, Leiter des Bereichs Entwicklung und Innovation der Verseidag Indutex GmbH. Das Gewebe ist auch in einer digital bedruckbaren Ver­sion erhältlich und für Flächentragwerke in Dach und Fassade geeignet.

Techtextil, internationale Fachmesse für technische Textilien und Vliesstoffe

Die Techtextil 2013 (11. bis 13. Juni 2013) konzentriert als weltweite Leitmesse sämt­liche Produktgruppen sowie Anwendungsbereiche technischer Textilien an einem zen­tralen Veranstaltungsort und gilt als Branchenhighlight. Hier finden Industrie, For­schung, Entwickler und Handel das gesamte Themenspektrum an technischen Texti­lien und Vliesstoffen in allen seinen Disziplinen auf einer weltweit einmaligen Innova­tionsplattform. Die Messe findet im Zweijahresturnus in Frankfurt am Main statt, dies­mal auch mit einem besonderen Augenmerk auf die Leistungsfähigkeit von Textilien für den Baubereich. Im Rahmen des Techtextil-Symposiums, das parallel zur Fachmesse im Congress Center Messe Frankfurt stattfindet, präsentieren anerkannte Referenten im Vortragsblock „Textilbeton“ am Donnerstag, den 13. Juni, neue Erkenntnisse im Be­reich des textilbewehrten Betons.

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