Building Information Modeling (BIM) verändert das Baurecht in Deutschland
(17.4.2016) Großbauprojekte geraten regelmäßig in die Schlagzeilen. So stellte beispielsweise die Hertie School of Governance 2015 fest, dass abgeschlossene öffentliche Großprojekte in Deutschland im Durchschnitt 73% teurer werden als geplant - siehe Beitrag vom 4.5.2015. Das soll sich mit BIM ändern. „Building Information Modeling wird das Bauen in Deutschland grundlegend verändern“, erwartet auch Dr. Alexander Kappes von der ARGE Baurecht. „Das gilt für die technischen Aspekte von Bauvorhaben, aber auch für deren juristische Begleitung.“
Zur Erinnerung: Building Information Modeling (BIM) beschreibt ein Planungs- und Steuerungskonzept, das den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes digital abbildet. Im Zuge dessen entstehen fünfdimensionale Simulationen, die Planung, Umsetzung, Betrieb und Erhaltung von Gebäuden begleiten - mit dem Ziel, auf unvorhergesehene Erfordernisse oder mögliche Planungsfehler schneller reagieren zu können (siehe auch BIM-Magazin).
Mehrparteienvertrag unüberwindbare Hürde!?
Die Literatur diskutiert in diesem Zusammenhang die Möglichkeiten eines Mehrparteienvertrages. Hierbei wird nur ein Vertrag für das Projekt abgeschlossen, den alle wesentlichen Projektbeteiligten unterzeichnen. Angesichts des Aufwands, der häufig schon für die Erstellung eines Zweiparteienvertrages erforderlich ist, stellt dies eine nahezu unüberwindbare Hürde dar. Hinzu kommt, dass bei eintretenden Änderungen selbstverständlich mit allen Vertragspartnern nachverhandelt werden muss, da eine solche Vertragsstruktur keine stringente Trennung zwischen den Parteien vorsieht. „Theoretisch gut, aber praktisch schwierig“, sagt der Ingenieur und promovierte Jurist Kappes. „In der frühen Planungsphase reicht die Informationsbasis oftmals nicht für die Beauftragung eines ausführenden Unternehmens. Daher glaube ich kaum, dass sich der Mehrparteienvertrag durchsetzen wird.“
stattdessen vernetze Werkverträge
Kappes zufolge werde es vielmehr dazu kommen, dass baubeteiligte Parteien wie bisher Einzelverträge abschließen, diese aber miteinander vernetzen. Damit erhalten alle Partner ein einheitliches Verständnis von der BIM-Methode und setzen gleichzeitig den geforderten kooperativen Ansatz um.
„An der Rechtsnatur der jeweiligen Werkverträge ändert sich auch
mit Anwendung von BIM nichts“, so Kappes. Die ausführenden Unternehmen
schulden weiterhin dem Auftraggeber die Herstellung des vereinbarten Werkes.
Der bis dato bestehende Werkvertrag zwischen den Parteien muss lediglich um
eine Klausel ergänzt werden, die die Anwendung der besonderen
Vertragsbedingungen für BIM-Leistungen (BIM-BVB) und des BIM-Pflichtenhefts
definiert und inhaltlich regelt. Die BIM-BVB bilden dabei die juristische
und das BIM-Pflichtenheft die technische Grundlage. „Eine Trennung der
BIM-
BIM-spezifische Regelungen
Die BIM-BVB definieren die im Werkvertrag zwischen den Parteien in Bezug
auf die BIM-Methode zu regelnden Rechte und Pflichten. In ihrer Rechtsnatur
handelt es sich bei diesen BIM-BVB um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. §§
305 ff BGB. Die für ein Projekt und an die Anforderungen des Auftraggebers
jeweils anzupassenden BIM-
Anforderungen des digitalen Bauens
Künftig werden die Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) eine übergeordnete Stellung bei der Realisierung von BIM-Projekten einnehmen. In diesen muss der Auftraggeber zu Beginn eines jeden Projektes seine spezifischen Anforderungen und Ziele zum digitalen Bauen festlegen. Dazu gehören ...
- die Verantwortlichkeiten der beteiligten Partner,
- die Festlegung der wesentlichen Prozesse und Auswertungen,
- die Klärung und Kontrolle der geforderten Qualität sowie
- die verwendeten Softwaretechnologien, Formate und Übergabepunkte.
Daraus resultierend erhalten die weiteren Projektpartner das notwendige Wissen über die Anforderungen und die jeweiligen Verantwortlichkeiten, so dass die für das Projekt notwendigen Verträge und zusätzlichen Vereinbarungen formuliert und geschlossen werden können.
„Die Einführung der BIM-Methode stellt alle Baubeteiligten vor gewisse Herausforderungen. Die juristischen Anforderungen und die vertraglichen Anpassungen sind zwar durchaus komplex, aber lösbar“, resümiert Kappes. Wichtig sei, dass die guten Ansätze nun auch ihren Weg in die Praxis fänden.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- BIM-Portal des Bundes gestartet (12.10.2022)
- Nie mehr Streit am Bau? Wie ein Stuttgarter Fachanwalt Klagen bei Großprojekten verhindern will. (1.5.2019)
- Bundesregierung bekennt sich zur „Bau-Methode BIM“ (10.12.2018)
- Novellierung des Raumordnungsgesetzes sieht u.a. Bürgerbeteiligung bei Großprojekten vor (27.10.2016)
- BDU: „Mittelständische Bauwirtschaft steht vor größeren Veränderungen“ (26.10.2016)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen
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- BIM-Kompendium neu vom Fraunhofer IRB Verlag (3.4.2016)
- Wegen Flugdrohnen und BIM erweiterte Berufshaftpflicht für Architekten und Ingenieure (29.3.2016)
- Großbritannien und die Niederlande haben bei BIM die Nase vorn (1.3.2016)
- Wo stehen wir mit der Digitalisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft in Deutschland? (8.1.2016)
siehe zudem:
- Baurecht sowie BIM im Bau IT-Magazin von Baulinks