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Mauern und Zäune vor Gericht

(27.6.2016) Menschen reagieren dann besonders empfindlich, wenn man ihnen zu sehr auf die „Pelle rückt“. Das gilt ganz besonders auch für Wohnsituationen. Oft wird dann vor Gerichten erbittert gestritten, weil irgendeine „Demarkationslinie“ verletzt wurde. Der LBS-Infodienst Recht und Steuern hat dazu für eine Extra-Ausgabe neun relevan­te Urteile deutscher Gerichte gesammelt. Mal ist es die Mauer, mal der Zaun und mal der Müllcontainer an der Grundstücksgrenze, der für Ärger sorgt.

Vorsicht! Bissiger Hund

Einfriedungen werden nicht nur geschaffen, um die dahinter Wohnenden zu schützen, sondern manchmal auch, um Au­ßenstehende vor Schaden zu bewahren - zum Beispiel dann, wenn sich ein Hund auf dem Grundstück aufhält. Das Oberlan­desgericht Stuttgart (Aktenzeichen 1 U 38/10) musste vor diesem Hintergrund entscheiden, ob das Schild „Hier wache ich! Betreten auf eigene Gefahr!“ mit der Abbildung eines Hun­des ausreicht, um dem Besucher klarzumachen, dass er kei­nesfalls das Gartentürchen öffnen und das Grundstück betre­ten sollte. Im konkreten Fall konnte man die Klingel nicht an­ders erreichen. Die Richter waren der Meinung, bei besonders aggressiven Hunden reiche die obige Warnung nicht aus. Hier müsse zum Beispiel die Bissigkeit des Tieres eigens betont werden.

Verkehrssicherungspflicht

Der Bürgersteig zählt, was die Verkehrssicherungspflicht betrifft, in der Regel zum Ver­antwortungsbereich des Anliegers. Ein Hauseigentümer hatte eine besondere Gefah­renquelle geschaffen, indem er (durchaus ortsüblich) eine Regenwasserableitung vom Dach direkt auf den Bürgersteig führte. Prompt rutschte ein Passant am frühen Mor­gen auf der daraus entstandenen Eisplatte aus und verletzte sich. Der Hauseigentü­mer habe seiner Verkehrssicherungspflicht nicht genügt, urteilte das Oberlandesge­richt Naumburg (Aktenzeichen 2 U 25/13). Er hätte neben dem Streuen auch noch mit Warnhinweis und eventuell mit Beleuchtung auf die Gefahrenstelle hinweisen müs­sen.

„nackte“ Haustrennwand

Manche Grundstücksbesitzer leben geradezu in Symbiose miteinander, indem ihre Au­ßenwände unmittelbar aneinander grenzen, teilweise sogar verbunden oder ineinander verzahnt sind. Was geschieht eigentlich, wenn der eine sein Gebäude abreißt und die Mauer des anderen ohne Dämmung und Witterungsschutz  plötzlich „nackt“ da steht? Das musste das Oberlandesgericht Dresden (Aktenzeichen 11 U 568/08) entscheiden. Es beschloss, dass der Verursacher des Abrisses und damit des Schadens an der ge­meinsamen Grenzeinrichtung für eine „fachgerechte Isolierung“ aufkommen müsse.

Findlinge sind „bauliche Veränderung“ und benötigen Einstimmigkeit

Wenn ein Anwesen nicht genügend nach außen abgesichert ist, dann nehmen sich manche Zeitgenossen ziemliche Freiheiten heraus. So zum Beispiel das Parken auf ei­ner gar nicht dafür vorgesehenen Wiese. Um das zu verhindern, beschloss eine Eigen­tümergemeinschaft, drei große Findlinge aufstellen zu lassen, die ein Befahren der ver­botenen Fläche verhindert hätten. Ein Mitglied der Gemeinschaft klagte dagegen. Die Richter des Amtsgerichts Oberhausen (Aktenzeichen 34 C 94/12) gaben ihm recht. Das Aufstellen solch wuchtiger Steine stelle eine bauliche Veränderung dar, die nur einstimmig beschlossen werden könne. So blieb der Gemeinschaft als Alternative nur das Anpflanzen von Büschen oder das Aufstellen eines Zaunes.

Schatten versus Luft- und Lebensqualität

Die Fernwirkung von einem Grundstück auf das andere ist nicht zu unterschätzen. So fühlte sich ein Hauseigentümer gestört, weil zwei 25 Meter hohe Eschen, die auf öffentlichem Grund standen, sein Anwesen verschatteten. Der Fall ging bis vor die höchste Instanz, den Bundesgerichtshof (Aktenzeichen V ZR 229/14). Die Juristen entschieden, dass die beiden Bäume bleiben dürften, weil sie keine schwere und un­erträgliche Beeinträchtigung darstellten. Außerdem sei die Natur in der Stadt wichtig für die Luft- und Lebensqualität.

Eigenes Vergehen versus eigenes Recht

Eine vorausgegangene „böse Tat“ führt unter Umständen dazu, dass man sich seiner eigenen Rechte beraubt. So ging es einem Autofahrer, der seinen PKW verbotenerwei­se auf dem Bürgersteig parkte. Es blieb deswegen nur noch ein schmaler Durchlass von etwa einem Meter. Prompt kam ein siebenjähriges, Rad fahrendes Kind ins Schlin­gern und verursachte einen Schaden an dem Fahrzeug. Der Halter forderte Ersatz von den Eltern, die ihre Aufsichtspflicht verletzt hätten. Das Amtsgericht München (Ak­tenzeichen 331 C 5627/09) sah das nicht so. Das habe sich der Betroffene selbst zu­zuschreiben, er hätte sein Fahrzeug ja auch ordnungsgemäß parken können.

Elefantengras gilt nicht als Grenzbepflanzung

Zwei Nachbarn in Bayern kamen über eine grenznahe Bepflanzung mit Elefantengras ins Streiten. Das Schilfgewächs, das mehrere Meter hoch werden könne, stelle eine Beeinträchtigung dar, meinte der Kläger. Er befürchtete, dass üppiges Wurzelwerk auf seinen Grund herüberwachsen könne, und dass die ausgetrockneten Blätter in der Hit­ze Feuer fangen könnten. Beides betrachtete das Landgericht Coburg (Aktenzeichen 32 S 23/09) als nicht so dramatisch. Zudem handle es sich bei Elefantengras nicht um Bäume, Sträucher oder Hecken, weswegen die Vorschriften zur Grenzbepflanzung nicht anzuwenden seien.

sozialadäquates Müllcontainerhaus

Anwohner eines Altenheims fühlten sich durch ein Müllcontainerhaus an der Grund­stücksgrenze beeinträchtigt. Von dort würden Abfallgerüche herüberdringen, Ungezie­fer werde angelockt und die Deckel der Tonnen würden vom Personal auch nicht im­mer ordentlich geschlossen. Aber das Verwaltungsgericht Neustadt (Aktenzeichen 3 K 470/15.NW) ließ das Müllhäuschen bestehen. Das baurechtliche Gebot der Rücksicht­nahme werde hier nicht verletzt. Die Errichtung des Gebäudes sei sozialadäquat ge­wesen.

Unberechtigt gefällte Bäume als „allgemeines Lebensrisiko“

Wenn der Grenzverlauf zwischen zwei Grundstücken nicht ganz klar ist, dann kann es schon mal zu folgenschweren Irrtümern kommen. So fällte ein Grundbesitzer mehrere Bäume, die die Nutzung des Anwesens störten. Was er nicht wusste: Er hatte auch Bäume aus öffentlichem Besitz geschlagen. Vor dem Oberlandesgericht Oldenburg (Ak­tenzeichen 5 U 25/14) ging es darum, wer nun dafür haften müsse. Der zuständige Zivilsenat war der Meinung, das sei ein Fall für die Haftpflichtversicherung des Betrof­fenen, denn hier habe sich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht.

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