Bodenatlas 2015 beleuchtet Bedeutung, Nutzung und Zustand von Land, Böden und Agrarflächen
(11.1.2015) Die Heinrich-Böll-Stiftung, das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Le Monde Diplomatique haben die erste Ausgabe ihres Bodenatlasses 2015 veröffentlicht. Er bietet Daten, Grafiken und Fakten über die Bedeutung, die Nutzung und den Zustand von Land, Böden und Agrarflächen in Deutschland, Europa und weltweit.
Der Bodenatlas 2015 macht unmissverständlich deutlich, das Land und Böden immer knapper werden. In Deutschland beträgt demnach der Flächenverbrauch durch Städte- und Straßenbau mehr als 70 Hektar pro Tag. Dies entspricht der Fläche von über 100 Fußballfeldern (siehe Baulinks-Beitrag „Siedlungs- und Verkehrsfläche wächst immer noch um 73 Hektar täglich“ vom 21.12.2014). Auch sei ein Viertel aller Ackerflächen in Deutschland von Wind- und Bodenerosion betroffen - rund drei Millionen Hektar -, während der Flächenverbrauch weiter steige. Zugleich importiere Deutschland Agrarprodukte und andere Verbrauchsgüter, die mit knapp 80 Millionen Hektar mehr als das Doppelte der eigenen Landesfläche in Anspruch nehmen (siehe auch Bauletter-Editorial „30% mehr Fläche für Ernährung als wir selbst verfügbar haben!“ vom 11.12.2014)
Für die Europäische Union sieht es auch nicht besser aus: Laut Bodenatlas benötigt der Konsum der EU-Bürger eine Fläche von rund 640 Millionen Hektar pro Jahr, eineinhalb Mal mehr als die Fläche aller 28 Mitgliedstaaten zusammen beträgt. Und rund 60% der für den europäischen Konsum genutzten Flächen befinden sich außerhalb der EU. Damit ist Europa wohl der Kontinent, der für seinen Lebensstil, seine Agrarindustrie und seinen Energiehunger am meisten von Land außerhalb seiner Grenzen abhängig ist.
„Agrarpolitik umsteuern!“
Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, kritisierte bei der Vorstellung des Bodenatlasses den wachsenden Flächenbedarf: „Die EU ist der weltweit größte ,Importeur’ von Landflächen. Das meiste davon geht auf das Konto der intensiven Fleischproduktion, für die wir gigantische Mengen Futtermittel aus Ländern des globalen Südens importieren. Das Resultat ist, dass Kleinbauern und mittlere Betriebe zunehmend ihr Land und damit ihre Nahrungs- und Existenzgrundlage verlieren“, so Unmüßig. „Jeder EU-Bürger verbraucht im Jahr 1,3 Hektar Land - das sind zwei ganze Fußballfelder und sechsmal so viel wie der Flächenverbrauch eines Einwohners von Bangladesch. Das widerspricht angesichts der Ernährungssituation in vielen Ländern jedem Sinn für Gerechtigkeit und ist auch ökologisch unhaltbar. Hier ist nicht nur der europäische Verbraucher mit verantwortungsvolleren Konsumgewohnheiten gefragt, sondern vor allem die Politik: Die EU und Deutschland müssen ihre Agrarpolitik umsteuern und sich schrittweise von der Massentierhaltung verabschieden", betonte Unmüßig.
Deutschlands intensive Bodennutzung über die eigenen Landesgrenzen hinaus wirke sich gravierend auf globale Ökosysteme aus, sagte Prof. Klaus Töpfer, Exekutivdirektor des Nachhaltigkeits-Instituts IASS in Potsdam und Mitherausgeber des Bodenatlasses. Die Freisetzung von Kohlendioxid aus Böden durch nicht nachhaltige Bewirtschaftung sei nur ein Beispiel für die komplexen Folgen unseres Umgangs mit den Böden. „Die Zerstörung der Böden ist ein großes Problem in Deutschland“, warnte Töpfer. „Wir müssen die neuen globalen Ziele der Vereinten Nationen für Nachhaltige Entwicklung deswegen auch für die Verbesserung des Bodenschutzes in Deutschland nutzen. 2015 bietet sich die Chance dazu“, appellierte Töpfer.
„Im internationalen Jahr des Bodens 2015 muss die Bundesregierung alles dafür tun, damit der Bodenschutz endlich besser gesetzlich geregelt wird“, sagte der BUND-Vorsitzende Prof. Hubert Weiger. „Immer mehr Flächen an fruchtbaren Böden in Europa werden durch schwere landwirtschaftliche Maschinen verdichtet, degradiert oder zerstört. Der fortschreitenden Überbauung, Erosion und dem Humusverlust muss Einhalt geboten werden“, forderte Weiger - siehe auch Bauletter-Editorial „Internationales Jahr des Bodens 2015“ vom 8.12.2014.
Nachteilig wirke sich auch die einseitige Agrarförderpolitik der EU und Deutschlands aus. Sie fördere vor allem das Wachstum landwirtschaftlicher Großbetriebe und die Konzentration des Landbesitzes in den Händen weniger. Dies gelte insbesondere für den Osten Deutschlands und Europas. Eine Folge dieser Landkonzentration sei auch der Anstieg der Preise für Ackerland. So habe sich der Bodenpreis in Deutschland innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. In Rumänien seien die Preise für Ackerland im selben Zeitraum sogar um 1.800% gestiegen. „Kleinbetriebe und Kleinbauern müssen oft aufgeben, weil sie nicht mehr konkurrieren können“, sagte Weiger. „Vorschub wird vor allem der Tendenz zur Konzentration landwirtschaftlicher Flächen in den Händen großer Konzerne und auch Staaten geleistet.“
Die Herausgeber des Bodenatlasses 2015 wollen im UN-Jahr der Böden zeigen, warum der Schutz der Böden uns alle angeht und wie besserer Bodenschutz gelingen kann. Eine gerechte und nachhaltige Land- und Bodenpolitik lohnt sich. Dazu können auch Verbraucher beitragen, wenn sie beim täglichen Einkauf an den Schutz der Böden denken.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- „Bodenatlas 2015“ als PDF-Dokument (bund.net/bodenatlas)
- Heinrich-Böll-Stiftung
- Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS)
- Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
- Le Monde Diplomatique
- 618 m²/Einwohner für Siedlung und Verkehr (19.11.2017)
- Vierter Bodenschutzbericht verabschiedet (1.10.2017)
- Zur Umsetzung der Flächenziele für 2030 „erhebliche“ Anstrengungen erforderlich (4.4.2017)
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siehe zudem:
- GIS und kommunale Verbände auf Baulinks
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