GWJ und ARGE Jungheim Métraux entwickeln städtebauliches Leitbild für das Wankdorffeld in Bern
(12.9.2024) Das Wankdorf, ein zentral gelegener Teil Berns, stellt das nördliche Einfallstor in Richtung Altstadt dar. Für eine 800 m lange Bandstadt namens Wankdorffeldstrasse wurde vor Kurzem eine städtebauliche Studie erarbeitet. Sie soll als Leitbild den Weg vom Richtplan zur Realisierung weisen. Die Studie stammt von zwei interdisziplinären Teams um die Berner Büros GWJ Architektur und ARGE Jungheim Architektur / Samuel Métraux Architektur und ist aus einem städtebaulichen Ideenwettbewerb hervorgegangen, den die Baurechtsnehmer des Areals ausgeschrieben hatten.
Von der Gewerbebrache zum grünen Stadtquartier
Zwischen Bahnlinie und Stadion prägen heute Lagerhallen und Gewerbebauten das Bild. Das rund 50.000 m² große Areal soll in ein gemischtes, lebendiges Stadtquartier mit Schwerpunkt Wohnen umgewandelt werden. Der Erhalt bestehender Spuren ist erwünscht. Geplant ist eine dichte Stadt mit ca. 170.000 m² Geschossfläche für ca. 2.400 Menschen, die hier leben und arbeiten werden. Interdisziplinäre Teams aus Stadtplanung, Freiraum, Architektur, Sozialraum und Mobilität formulierten die Vision eines ökologischen, vielfältigen, sozialverträglichen und wirtschaftlich tragfähigen Stadtquartiers.
Der westliche Teil des geplanten Quartiers wird durch gemeinschaftliche und soziale Nutzungen (z.B. genossenschaftliches Wohnen) geprägt. Der östliche Teil ist in den Sockelgeschossen vorwiegend für Gewerbe, Dienstleistungen oder Gastronomie vorgesehen. Der zentrale Quartierskern wird weitere quartierdienliche Nutzungen aufnehmen und die Wohnbebauung ergänzen. Die Übergänge sind fließend.
Quartierübergreifende Nachbarschaft
Kleine öffentliche Räume und Gassen durchziehen das Quartier. Über die Quartiersgrenzen hinaus sollen sozialräumliche Angebote zum gemeinschaftlichen Austausch in die angrenzende Nachbarschaft wirken. Der begrünte Begegnungsraum an der südlich gelegenen Wankdorffeldstrasse ist Bindeglied zwischen den Quartieren. Zwischen der Wankdorffeldstrasse und dem Gleisfeld verläuft eine innere Gasse. Sie folgt den noch vorhandenen ehemaligen Industriegleisen und bricht die Ausrichtung des Quartiers auf. Aus dem Wegenetz entwickelt sich entlang dieser Gasse eine Abfolge von Freiräumen. Die Freiräume können flexibel an die Veränderungen im Quartier angepasst werden und als zurückgesetzter Innenhof, belebter Platz, Gemeinschaftsterrasse, besonderer Spielbereich oder offene Grünfläche gestaltet werden.
Flexible Typologien für hybride Nutzungen
Die Architektur bietet flexible Typologien. So können die Räume unterschiedlich genutzt werden. Einige Räume sind für eine hybride Nutzung vorgesehen, z.B. um als Laden und als Gemeinschafts- oder Veranstaltungsraum zu dienen. Diese sogenannten HOFAs (Hybride Orte für Austausch) sollen das Quartier von Anfang an beleben.
Zusammenspiel aus Neubau und Bestand
Bestehende Spuren werden aus ökologischen und historischen Gründen so weit wie möglich erhalten und sollen den Charakter des Ortes bewahren. Die historisch gewachsenen Strukturen bilden zusammen mit den kleineren und größeren Neubauten eine typologische Vielfalt.
Dichte und Freiraum
Eine Stadt sollte nach dem Modell der Schwammstadt über ausreichend Frei- und Versickerungsflächen verfügen. Dazu werden neben punktuellen Verdichtungen großflächige Freiräume definiert, die nicht bebaut werden dürfen. Diese schützen den Stadtkörper auch vor Überhitzung. Die Dächer sollen aktiv als Solardächer oder als begrünte Flächen mit Bäumen, Gärten und gemeinschaftlichen Nutzungen genutzt werden. Eine weitere Grünfläche verläuft als Biodiversitätsband entlang der Gleisfelder.
Hohe Dichte ermöglicht kurze Wege
Die Dichte des Quartiers an der Wankdorffeldstrasse ermöglicht kurze Wege. Das Mobilitätskonzept setzt auf Fahrräder, Sharing-Angebote und Bahnhofsnähe. Eine hohe Erreichbarkeit ist durch die Porosität des Quartiers überall gewährleistet. Eine neue Passerelle führt im Norden direkt in das heute nur schwer zugängliche Naherholungsgebiet an der Aare.
Interdisziplinärer und partizipativer Prozess
Die städtebauliche Studie ist das Ergebnis eines Wettbewerbs vom Sommer 2022. Die beiden Siegerteams erhielten den Auftrag, aus ihren Studien eine Synthese zu erarbeiten. Dabei waren die Interessen von sechs Baurechtsnehmern, der Burgergemeinde Bern als Eigentümerin, der Stadt Bern als Planungsbehörde, der SBB als Nachbarin, der Denkmalpflege und der Bevölkerung, deren Mitwirkung ausdrücklich erwünscht ist, zu berücksichtigen.
Auf der Grundlage des daraus resultierenden Leitbildes wird derzeit ein Masterplan entwickelt. Bis zum Projektwettbewerb wird sich das Projekt immer wieder an der erarbeiteten Vision gemessen. Dazu wurden möglichst klare Regeln, aber auch möglichst viel Freiraum definiert. Schließlich sollen die Bauabschnitte sukzessive umgesetzt, bezogen und evaluiert werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse fließen dann in die Vision für die nächste Etappe ein. So wird auch das Quartier Wankdorffeldstrasse ein anpassungsfähiges, lernendes und an sich wachsendes Projekt.
Weitere Informationen finden sich unter wankdorffeldstrasse.ch.
Weitere Informationen können per E-Mail an GWJ Architektur AG angefordert werden.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
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siehe zudem:
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