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Kommentare zur Mittelkürzung beim CO₂-Gebäudesanierungsprogramm

(14.6.2010) Bundesbauminister Peter Ramsauer will die Mittel für die KfW-Programme "Energetisch Bauen" und "Energetisch Sanieren" deutlich reduzieren. Lediglich 400 Mio. Euro sollen im kommenden Jahr noch zur Verfügung stehen. Naturgemäß reagiert die Baubranche aufgebracht auf diese Ankündigung vom 9. Juni aus dem Bundesbauministerium - zumal bereits 2010 die Gelder um 700 Millionen gegenüber dem Vorjahr gekürzt wurden und die Gelder auch 2010 (wie bereits 2009) zur zweiten Jahreshälfte ausgeschöpft sein könnten.

Bundesvereinigung Bauwirtschaft: "Bundesregierung verhindert Klimaschutz!"

"Wir negieren nicht die Notwendigkeit, Ausgaben zu kürzen. Bei Investitionen anzusetzen, ist jedoch der völlig falsche Ansatz, insbesondere dann, wenn durch Investitionszuschüsse bzw. Zinserleichterungen private Investitionen ausgelöst werden, die die staatliche Förderung um ein Vielfaches übertreffen." Dieses erklärte Prof. Dr. Karl Robl, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Bauwirtschaft zu den Kürzungsplänen des Bauministeriums. Das Sanierungstempo, das sich in den letzten beiden Jahren erfreulicherweise von 1,5% auf 3% erhöht habe, käme nahezu zum Erliegen. "Nachdem der Haushalt 2011 ohnehin nur noch die Hälfte der ursprünglichen Summe für die energetische Gebäudesanierung vorgesehen hatte, ist das ein weiterer, schwerer Schlag gegen den Klimaschutz. Die Bundesregierung hat sich damit von ihren eigenen Zielen verabschiedet" - so Robl.

Die Kürzung der energetischen Gebäudesanierung wie auch die geplanten Abstriche bei der Städtebauförderung treffen insbesondere diejenigen Unternehmen mit ihren Beschäftigen, die im Hochbau tätig sind. Hier stelle sich schon die Frage, warum der seit langem gebeutelte Wohnungsbau wiederum für Sparanstrengungen herhalten muss.

Robl weiter: "Es kann nicht sein, dass bei einem Haushalt von rund 26 Mrd. Euro, den das Bauministerium zu verantworten hat, 400 Mio. Euro, oder 1,5 % davon, nicht bei anderen Titeln einsparen kann. Die Kürzung von Investitionen ist der einfachste Weg und der des geringsten Widerstands. Angesichts von rund 3,5 Mrd. € Personal- und Verwaltungsausgaben sollte es möglich sein, auf 400 Mio. Euro Einsparung zu kommen."

dena fordert Aufstockung des Gebäudesanierungsprogramms

Auch Stephan Kohler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena), reagiert auf die Kürzungspläne mit Unverständnis: "Statt zu kürzen sollte die Bundesregierung die Förderung für Gebäudesanierungen aufstocken. Die Internationale Energieagentur hat gerade erst vor einem sprunghaften Anstieg des Ölpreises gewarnt, falls die Offshoreförderung eingestellt werden sollte. Die Menschen müssen vor hohen Energiepreisen geschützt werden. Der beste Schutz sind Investitionen in Energieeffizienz. Jeder Euro, der in bessere Heizungen, Dämmung und Fenster fließt, zahlt sich volkswirtschaftlich mehrfach aus - nicht nur durch weniger Energiekosten, sondern auch durch mehr Steuereinnahmen und Sozialbeiträge. Für die zum Erreichen der Klimaschutzziele nötige Sanierungsrate braucht es rund fünf Milliarden Euro pro Jahr, nicht bloß 400 Millionen wie jetzt geplant."

Gebäude sind der Schlüssel für den Klimaschutz. 40 Prozent der gesamten Endenergie in Deutschland werden für Heizen und Warmwasser verbraucht. In den nächsten 20 Jahren müssen 50 Prozent des Gebäudebestands ohnehin saniert werden. Kohler: "Diese Sanierungswelle ist entscheidend. Wenn wir hier nicht die energieeffiziente Technik einsetzen, die uns zur Verfügung steht, dann kann Deutschland seine Klimaschutzziele nicht erreichen. Wer wie Deutschland bei Energieeffizienz eine marktführende Rolle innehat, muss auch beim Klimaschutz eine internationale Führungsrolle übernehmen."

Übrigens: Laut Koalitionsvertrag will die Bundesregierung Deutschlands Treibhausgasemissionen bis im Jahr 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Bis 2050 sollen die Industriestaaten ihre Treibhausgasemissionen um mindestens 80 Prozent senken, um die Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen.

Mieterbund: Kürzungspläne im Bauministerium falsch

"Obwohl der Wohnungsneubau im Jahr 2009 einen historischen Tiefstand erreicht hat, macht die Bundesregierung keine Anstalten, die Förder- oder Abschreibungsbedingungen für den Neubau zu verbessern. Im Gegenteil, Bundesbauminister Ramsauer will die Mittel für die Städtebauförderung und das CO₂-Gebäudesanierungsprogramm drastisch kürzen, d.h. halbieren. Das ist der falsche Weg und nach der beschlossenen Wohngeldkürzung in Höhe von 100 Mio. Euro der zweite Tiefschlag für Mieterinnen und Mieter innerhalb von wenigen Tagen", kritisierte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB) Dr. Franz-Georg Rips die Wohnungspolitik der Bundesregierung.

Im Jahre 2009 wurden nur noch 158.987 Wohnungen neu gebaut. Das ist die niedrigste Fertigstellungszahl seit 1950. Alarmierend, so der Mieterbund-Präsident ist, dass nur noch knapp 25.000 Mietwohnungen neu gebaut wurden. "Wir steuern auf ernste Wohnungsengpässe zu und damit auf steigende Mieten, insbesondere in Ballungszentren", warnte Rips. Deshalb müsse die Bundesregierung jetzt gegensteuern und den Wohnungsneubau ankurbeln. Rips forderte die Einführung einer Investitionszulage bzw. die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung.

Rips betonte, die vorgesehenen Kürzungen seien auch fiskalpolitisch falsch: "Ein Euro öffentliche Förderung bewirkt 5 bis 6 Euro private Folgeinvestition. Das schafft Arbeitsplätze und fließt über höhere Steuereinnahmen direkt wieder in die Bundeskasse. Die vorgesehenen Kürzungen sind nicht nachvollziehbar". Laut BFW stößt jeder Euro Förderung sogar Investitionen in Höhe von etwa 8,50 Euro an:

BFW: "Politische Ziele bei Klimaschutz und Wirtschaftswachstum werden konterkariert"

Auch der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, Spitzenverband der privaten Immobilienwirtschaft, warnt vor massiven Kürzungen der Bundesregierung im CO₂-Gebäudeprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). "Die politischen Ziele der Bundesregierung, den Klimaschutz voranzubringen und das Wirtschaftswachstum zu stimulieren werden damit konterkariert", warnte der BFW-Präsident Walter Rasch. Es könne nicht sein, dass die Anforderungen und Investitionskosten kontinuierlich steigen, während die Fördermittel nahezu zum Erliegen kommen. Bereits jetzt sei abzusehen, dass die Gelder wie bereits 2009 zur zweiten Jahreshälfte ausgeschöpft sein werden.

Der BFW fordert den Haushaltsausschuss auf, bei seinen nächsten Sitzungen, die Kürzungen in den KfW-Programmen noch einmal zu überdenken. "Klimaschutz im Gebäudebereich bringt Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum, was in der gegenwärtigen Finanzmarktkrise besonders wichtig ist. Die staatlichen Fördermaßnahmen finanzieren sich in diesem Bereich zu einem erheblichen Teil selbst. Allein die Umsatzsteuer (aus den angestoßenen Investitionen) bringt dem Fiskus mit 1,62 Euro mehr als ihn die Förderung kostet", erklärte Rasch.

Die Zahlen der KfW belegten laut BFW die große Relevanz der Förderprogramme für die Qualität des Wohnens und die Schaffung von Arbeitsplätzen: Bis zum 30.April 2010 wurden demnach insgesamt 634.485 Wohneinheiten besonders energieeffizient gebaut und saniert. Das sind bereits rund drei Prozent mehr als im gesamten Jahr 2009 an geförderten Wohneinheiten (617.286). 2009 wurden 292.000 Arbeitsplätze geschaffen. Zum 30. April 2010 wurden zusätzlich 117.000 Arbeitsplätze durch das CO₂-Gebäudesanierungsprogramm der KfW Förderbank gesichert.

Der BFW rechnet weiter vor, dass von 2001 bis zum 30. April 2010 mit den KfW Programmen insgesamt 1.494.700 Wohneinheiten besonders energieeffizient saniert worden seien. Das wären rund fünf Prozent des gesamten deutschlandweiten Gebäudebestandes, der vor 1979 gebaut wurde. "Allein diese Zahlen belegen, dass die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft die KfW Förderprogramme braucht, um den Klimaschutzzielen der Bundesregierung gerecht zu werden. Die Fördermittel dienen nicht nur zu Optimierung der Finanzierung, sondern gewinnen durch die höheren Anforderungen der Energieeinsparverordnung 2009 immer mehr an Bedeutung", erklärte der BFW-Präsident.

Haus & Grund verlangt faire Lastenverteilung bei energetischer Gebäudemodernisierung

"Die Bundesregierung muss sich nun endlich daran machen, die im Koalitionsvertrag beschlossenen eigentumspolitischen Vorhaben umzusetzen" - das forderte Rolf Kornemann, Präsident der Eigentümerschutz-Gemeinschaft Haus & Grund Deutschland, auf dem 124. Zentralverbandstag, der am 10. und 11. Juni 2010 in Braunschweig stattfand. In seiner Rede mahnte er eine faire Lastenverteilung bei der energetischen Gebäudemodernisierung an. "Es darf nicht angehen, dass in dem Dreieck Staat/Mieter/Vermieter die Rechnung für den Klimaschutz nur dem Eigentümer zugestellt werden kann", sagte er. Deshalb sollten sowohl das Mietrecht als auch das Steuerrecht entsprechend geändert werden.

Kornemann forderte ferner die zügige Umsetzung weiterer mietrechtlicher Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag: Künftig sollten mietrechtliche Ansprüche rechtzeitig und wirksam vollstreckt werden können. Nur so sei dem Mietnomadentum wirksam zu begegnen. Zudem forderte Kornemann, die Kündigungsfristen für Vermieter und Mieter wieder zu vereinheitlichen.
"Diese Ungleichbehandlung ist nicht nachvollziehbar. Gleiches muss der Gesetzgeber auch gleich behandeln", sagte er abschließend.

IG Bau: "Tausende von Jobs im Handwerk bedroht"

"Wer die CO₂-Gebäudesanierung um mehr als zwei Drittel kappt, der leistet den umweltpolitischen Offenbarungseid. Gleichzeitig ist dies ein Bugschuss für die Beschäftigung im Handwerk und für den Mittelstand insgesamt", sagt Klaus Wiesehügel. Der Bundesvorsitzende der IG BAU forderte die Bundesregierung auf, diesen Sparplan unverzüglich auf Eis zu legen.

Bereits im Vorfeld der Sparklausur der Bundesregierung hatte sich Wiesehügel in einem gemeinsamen Brief mit dem BUND an die Bundeskanzlerin gewandt. Darin hatte der IG-BAU-Chef vor den ökologischen und wirtschaftlichen Folgen einer Kürzung bei der CO₂-Gebäudesanierung gewarnt. "Drei von vier Wohnungen in Deutschland sind energetisch sanierungsbedürftig. Das sind rund 29 Millionen Wohnungen bundesweit. Dazu kommen noch einmal 150.000 Schulen und Kindergärten, die umweltgerecht saniert werden müssen", so Klaus Wiesehügel.

Wer dieses Potenzial nicht erkenne, der verabschiede sich vom Klimaschutz und riskiere Tausende von Jobs - insbesondere im Handwerk. Die Bundesregierung setze hier die falsche Priorität. "Ein Förder-Euro zieht ein Vielfaches an privater Investition nach sich", so Wiesehügel. Notwendig sei in dieser wirtschaftlichen Situation eher die Aufstockung der Bundeszuschüsse für das CO₂-Gebäudesanierungsprogramm der KfW statt deren Kürzung.

Baugewerbeverband Schleswig-Holstein: "unredlich, kontraproduktiv, unfachmännisch schön gerechnet"

Mit bemerkenswerter Heftigkeit reagiert der Baugewerbeverband Schleswig-Holstein (BGV-SH) auf die Ankündigung des Bundesbauministeriums, Mittel für die Städtebauförderung und KfW-Programme zu kürzen. "Was Herr Ramsauer plant, ist unredlich und kontraproduktiv; darüber hinaus rechnet er sich unfachmännisch schön", kommentiert Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer des BGV-SH.

Die Kürzung der KfW-Programme im Zuge des allgemeinen Sparzwangs "als Sparmaßnahme zu verkaufen, ist schlicht unredlich", so Schareck, denn: "Die KfW-Mittel sind ganz normale Kredite, die vom Auftraggeber zurückgezahlt werden müssen! Und wieder wird mit zweierlei Maß gemessen: Für notleidende Banken wie die HRE werden stillschweigend Milliarden über die KfW finanziert, während das, was funktioniert und sogar Einnahmen für den Bund bringt, eingedampft wird."

Ramsauer und sein Ministerium könnten immer noch nicht rechnen, meint Schareck: "Durch die vereinfachte Vergabe von Krediten sind erhebliche Investitionsanreize vorhanden, mit anderen Worten: Jeder einzelne Euro aus dem KfW-Programm löst Investitionen aus." Allein im Jahr 2009 stellte die KfW für diese Vorhaben 8,9 Mrd. Euro zur Verfügung, die Investitionen in Höhe von weit mehr als 18 Mrd. Euro gebracht haben. So konnten rund 620.000 Wohnungen in Deutschland innerhalb eines Jahres energieeffizient gebaut oder saniert sowie die Verpflichtungen Deutschlands zur CO₂-Minderung damit ein gutes Stück erfüllt werden.

Das bedeute zugleich enorme Einnahmen für den Staat durch Sozialversicherungsbeiträge und Steuern, und: "Genau durch solche Investitionen werden Arbeitnehmer in Lohn und Brot gehalten", so Schareck. Ramsauer gefährde daher mit seiner Politik zahlreiche Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft. 2009 hingen rund 292.000 Arbeitsplätze im Bau unmittelbar von Maßnahmen ab, die die KfW mit zinsgünstigen Krediten gefördert hat.

Die Pläne Ramsauers seien geradezu "ein Treppenwitz", ebenso die Erklärung des Ministers, er selbst habe dafür gesorgt, dass weitere Einschnitte verhindert worden seien. "Das stimmt so nicht", so Schareck, "die Pläne waren doch schon seit dem ersten Haushaltsentwurf von Schäuble auch in seinem Hause schon vor Monaten bekannt! Und Herr Ramsauer rechnet sich jetzt schön, dass ein halb volles Glas doch immer noch gut sei, ohne die Nebeneffekte auch nur überhaupt zur Kenntnis zu nehmen."

Während der Baugewerbeverband Schleswig-Holstein die tatsächlichen Sparbemühungen auf Landes- und Bundesebene mit trägt, so sei dieses Vorhaben ein "Schuss in den Ofen". Schareck: "Die Regierung verstößt gegen ihren eigenen Koalitionsvertrag, indem sie mit diesem Vorstoß definitiv Arbeitsplätze vernichtet." Schareck fordert daher die Landesregierung Schleswig-Holstein auf, gegen die Pläne des Bundesbauministers vorzugehen: "Hier muss Kiel Flagge zeigen und Ramsauers Pläne kippen!"

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