Interview zur „digitalen Lüftung“ à la D+H Mechatronic
(8.4.2016; Fensterbau Frontale-Bericht) D+H Mechatronic hat in Nürnberg eine smarÂte Lüftungszentrale vorgestellt, mit der Nutzer ihr persönliches Lüftungskonzept erÂstellen können. Im Interview sprachen Stefan Decknatel, Bereichsleiter InnovationsÂmanagement bei D+H, sowie der Entwickler Jörg Eichhorn darüber, was hinter dem System steckt, wie es funktioniert und welchen Mehrwert es Gebäudebetreibern und Anwendern bietet.
Redaktion: Herr Decknatel, erstmal grundlegend: Was leistet die neue Lüftungsanlage?
Stefan Decknatel: „Primär ist sie dafür da, für frische Raumluft und RaumklimaregulieÂrung durch eine kontrollierte natürliche Lüftung zu sorgen. Die Regelung der Lüftung erfolgt in Abhängigkeit von den jeweiligen thermischen, lufthygienischen und energeÂtischen Anforderungen. Sprich: Warme, gebrauchte Luft strömt aus den Fenstern, frische kommt hinein. Bei Klimazonen, in denen das Klimagefälle zwischen der Innen und Außen zu gering ist, oder in Gebäuden, in denen aufgrund der Stellung der FensÂter der Winddruck fehlt, können zusätzliche Abluftventilatoren eingesetzt werden.“
Redaktion: Herr Eichhorn, könnten Sie als Teil des D+H-Entwicklungsteams konkreter auf die einzelnen Funktionen eingehen?
Jörg Eichhorn: „Die Lüftungszentrale kann diverse Antriebsgruppen beliebig skalieren; und dabei auch die Position der Fenster millimetergenau bestimmen. Der am MotorconÂtroller angeschlossene ,u::Lux‘-Taster gibt außerdem Raumfeuchte und -temperatur sowie den CO₂-Gehalt wieder. Unser Regelsystem ist darüber hinaus mit einer WetterÂstation verbunden, die die Windrichtung- und -stärke ermittelt, sowie über Sensoren für Regen, Helligkeit und die Intensität der Sonnenstrahlung verfügt. Zudem besitzt sie einen GPS-Empfänger, der die Uhrzeit, das Datum und den Stand der Sonne erÂfasst.
Durch das Kalenderfeature sind beispielsweise ‚Feiertags-Funktionen‘, also EinstellunÂgen für spezielle Tage im Jahr, möglich. Sollte draußen der Wind zu stark sein oder es regnen, schließen die Fenster automatisch. Mit der integrierten Echtzeituhr kann geÂnau festgelegt werden, ob nun morgens einmal stoßgelüftet werden soll oder doch lieber die Fenster stündlich nur einen Spalt öffnen.“
Redaktion: Das Lüftungskonzept wird also komplett programmiert? Kann der Nutzer überhaupt noch individuell eingreifen?
Jörg Eichhorn: „Wir haben uns bewusst ein stückweit von dem Prinzip der nutzerunÂabhängigen Lüftung entfernt. Das heißt, der Kunde kann zwar immer noch alles autoÂmatisieren, hat aber dennoch die Möglichkeit, beispielsweise die COâ‚‚-Steuerung zu übergehen und damit das Fenster manuell zu öffnen. Unser System bietet eine KomÂbination aus nutzerunabhängiger und -abhängiger Lüftung.
Des Weiteren lassen sich tägliche Zeitprogramme konfigurieren und die Zentrale arbeiÂtet dank einer SMI-Schnittstelle mit Jalousien und Rollläden zusammen. Das heißt: Ist die Sonneneinstrahlung zu intensiv, fahren die Rollläden oder Jalousien herunter und der Raum wird beschattet.“
Redaktion: Wie bedient der Kunde die Steuerung?
Stefan Decknatel: „Der Nutzer kann die Lüftung sowohl über die ,u::Lux‘-Taster, die als beleuchtete, taktile Tasten mit einem hochauflösenden Display zu verstehen sind, als auch über einen Webbrowser steuern. Die Nutzeroberfläche ist selbsterklärend und grafisch ansprechend aufbereitet. Die ,u::Lux‘-Taster beziehen ihren Strom über eine Power-over-Ethernet-Verbindung (PoE). Mit Hilfe weiterer Schnittstellen ist die digiÂtale Einbindung in die Gebäudeautomation gegeben. Damit ist eine Interaktion mit HeiÂzung, Einbruch- oder Brandmeldeanlagen möglich. Das garantiert zum Beispiel, dass nicht auf einmal bei einer normalen Lüftung die Alarmanlage losgeht. Das LüftungskonÂzept an sich wird mit der D+H Software SCS am PC erstellt.“
Redaktion: Lassen Sie uns auf die Technik eingehen. Was steckt in der neuen Lösung?
Jörg Eichhorn: „Die Lüftungssteuerung ist als dezentrales System konzipiert, besteÂhend aus einem Lüftungscontroller und mehreren Motorcontrollern, die per Ethernet verbunden werden. Der Motorcontroller verfügt über vier Gruppenanschlüsse mit jeÂweils 10 A Ausgangsstrom. Maximal 25 A strömen durch das komplette System im Parallelbetrieb. So eine große Leistung in dieser kleinen Bauform ist bemerkenswert, denn der Motorcontroller ist nur 157 mm breit, 90 mm hoch und 58 mm tief.
Unsere Kunden können zwischen 24-V- und 230-V-Zentralen wählen. Genauso wie unsere neue digitale Rauchabzugszentrale, die auch erstmalig auf der Fensterbau Frontale vorgestellt wurde, besitzt das Lüftungssystem den Advanced CommunicaÂtion Bus (ACB). Dieser ermöglicht eine bidirektionale Kommunikation der Zentrale mit den Antrieben. Somit können die Informationen über den aktuellen Status des AntrieÂbes nicht nur an den Nutzer zurückgegeben, sondern auch die Parameter zur Laufzeit verändert werden - eine Innovation.
Darüber hinaus verwenden wir ausschließlich stabilisierte Schaltnetzteile, die bauartÂbedingt zu den Spannungsversorgungen mit der geringsten Restwelligkeit gehören. Außerdem verfügt die Lüftungszentrale über eine elektronische Sicherung. Keine SiÂcherungseinsätze müssen hier mehr ausgetauscht werden. Bei Kurzschluss erkennt die Zentrale die Situation automatisch, schaltet sich aus und nach Behebung des Fehlers wieder ein.“
Redaktion: Wie sie bereits erwähnten, wird das Lüftungskonzept am Laptop konfiguriert. Inwiefern hat der Kunde die Möglichkeit, die Software zu aktualisieren?
Stefan Decknatel: „Hier müssen wir zwei Dinge
unterscheiden. Am Laptop oder PC erstellt der Anwender mit der D+H Software
SCS (Service and Configuration Suite) sein Lüftungskonzept und parametriert
die Komponenten der Steuerung. Dieses ‚ProÂgramm‘ wird dann über eine
Standard-Schnittstelle an die Steuerung übertragen. AlÂlerdings kennen wir alle auch den Begriff des Firmwareupdates
aus der Smartphone-
In einem ‚Mini-Computer‘, in dem sich die Intelligenz und Logik der Lüftungssteuerung befindet, werden die Abhängigkeiten ausgewertet und die Algorithmen ausgeführt. Ein weiterer Vorteil für unsere Kunden: Unser neues System ist kaskadierbar. Der NutÂzer kann je nach seinen Anforderungen die Stromstärke steigern und den Umfang der Funktionen durch Kombination unterschiedlicher Module auf seine Bedürfnisse einstelÂlen.“
Weitere Informationen zur
„digitalen Lüftung“ können per
E-Mail an D+H Mechatronic angefordert werden.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Überarbeitet: D+H-Berechnungsprogramm myCalc für Entrauchungsflächen und Fensterantriebe (1.4.2021)
- Neue, kompakte Fensterantriebe von WindowMaster mit TrueSpeed für synchrones Öffnen (19.1.2018)
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- „2Raumlösung“: Lüftungskonzepte für zwei Räume mit einem dezentralen Lüftungsgerät (18.12.2013)
- Neues Lüftungs-Planungstool von Lunos (5.5.2011)
siehe zudem:
- Lüftung im Raumlufttechnik Magazin sowie Fenstertechnik im Fenster Magazin bei BAULINKS.de
- Literatur / Bücher über Fenster und Lüftung bei Amazon