Kempten puffert bis zu 680 m³ Starkregen in einem unterirdischen Retentionsbecken
(12.9.2019) Eine Ursache für die Überflutungen bewohnter Gebiete nach starken Niederschlägen ist oft eine überlastete Kanalisation. Sucht man nach Lösungen, muss man die technischen Hintergründe der Überflutungen verstehen. Für die Bemessung von Kanalsystemen spielt die Menge an eingeleitetem Niederschlagswasser eine maßgebliche Rolle. Aus wirtschaftlichen aber auch technischen Gründen werden die kommunalen Rohrleitungen in der Regel nur für Regenereignisse dimensioniert, wie sie statistisch gesehen maximal alle zwei bis fünf Jahre auftreten. Hinzu kommt noch, dass durch den Anschluss neuer Flächen im Rahmen der Erweiterung von Baugebieten oder einer geänderten Flächennutzung, wie zum Beispiel beim Bau eines asphaltierten Parkplatzes auf einer vormaligen Grünfläche, die ursprünglich für eine Dimensionierung verwendeten Eingangsparameter im Laufe der Jahre nicht mehr zutreffen. Dies alles kann dazu führen, dass die im untenliegenden Teil eines Kanalsystems gelegenen Anlieger bei Starkregen unter den Folgen einer überlasteten Kanalisation zu leiden haben.
Temporäre Rückhaltung
Eine wirksame Möglichkeit, die nachhaltig negativen Auswirkungen von Starkregen zu vermeiden, ist die temporäre Rückhaltung und die anschließende kontrollierte, gedrosselte Ableitung des anfallenden Niederschlagswassers. Bei den häufig hierfür verwendeten offenen Erdbecken handelt es sich um abwassertechnische Anlagen. Die Betreiber sind dazu verpflichtet, diese Becken gegen unbeabsichtigtes Hineinfallen zu sichern. Meist wird dies mittels einer Umzäunung realisiert. Das Gelände des Beckens kann somit nicht von den Anliegern genutzt werden. Auch der Unterhalt, wie beispielsweise das Mähen des Bewuchses, gestaltet sich aufgrund der meist steilen Böschungen schwierig.
In vielen Fällen sind die Betreiber daher interessiert, die Becken unterirdisch zu platzieren, so dass die Geländeoberfläche weiterhin nutzbar bleibt und der Aufwand für die Instandhaltung reduziert wird.
Kempten setzt auf unterirdisches Becken
Die Stadt Kempten im Allgäu musste zum 1. Januar 2018 eine wasserrechtliche Genehmigung für den Stadtteil Steufzgen erneuern. Durch eine zunehmende Versiegelung von Oberflächen im westlichen Bereich ergab sich, dass immer mehr Niederschlagswasser in das betrachtete Gebiet einströmt. Die Entwässerung erfolgt in einem Trennsystem, bei dem ein Bach als Zulauf zur Iller genutzt wird, der im innerstädtischen Bereich überwiegend verrohrt ist. In diesem Bereich kam es bei starken Niederschlagsereignissen immer wieder zu einer Überlastung der Verrohrung. Im Zuge der Erneuerung der wasserrechtlichen Genehmigung durch das zuständige Wasserwirtschaftsamt entstand aus den genannten Gegebenheiten die Forderung zum Bau eines Regenrückhaltebeckens. Das Kemptener Kommunalunternehmen (KKU) war zum Handeln aufgefordert.
Über das in Kempten ansässige Ingenieurbüro Planwerk wurde ein Konzept zur Umsetzung der Vorgaben und zur Vermeidung von weiteren Überlastungen des Kanalnetzes erarbeitet. Zentrale Komponente ist hierbei das Rückhaltebecken, das bei stärkeren Niederschlägen einen großen Teil des Wassers unbeschadet aufnehmen kann.
Da es für kommunale Bauvorhaben meist schwierig ist, ausreichende öffentliche Flächen für solche Bauwerke zu finden, war es auch hier wichtig, dass nach der Installation des Beckens die ursprüngliche Geländeoberfläche und die damit verbundene bisherige Nutzung wiederhergestellt werden konnten. Die Wahl fiel daher auf ein unterirdisches Becken aus Kunststoffblöcken der Firma Rehau vom Typ Rausikko Box SX. Die einzelnen Blöcke haben einen Speicherkoeffizienten von 96% und sind in der Lage, ab einer Überdeckung von 80 cm Erdreich Belastungen von Schwerlastverkehr aufzunehmen.
Das in Steufzgen in der Straße „Im Allmey“ (siehe Google-Maps) errichtete Rückhaltebecken weist eine Grundfläche von circa 16 x 23 m und eine Höhe von 2 m auf. Das nutzbare Rückhaltevolumen beträgt 680 m³. Die hierfür eingesetzten Speicherelemente Rausikko Box SX können für den Transport und die platzsparende Lagerung auf der Baustelle ineinander gestapelt werden.
Da es sich bei dem gesammelten und eingeleiteten Regenwasser aus rechtlicher Sicht um Abwasser handelt, wurde das Becken vor Ort mit einer wasserundurchlässigen Dichtungsbahn aus HD-PE umhüllt. Die dabei verwendeten Schweißnähte sind als Doppelnaht ausgeführt und können einer Prüfung gegen Leckage unterzogen werden, so dass eine Sicherung der Qualität auf der Baustelle erfolgt.
Sowohl die verwendeten Speicherelemente als auch die zur Abdichtung verwendete Kunststoffdichtungsbahn sind bauaufsichtlich geprüft und verfügen über eine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt). Da das Becken für eine langfristige Nutzung konzipiert ist, war es dem Betreiber KKU und dem planenden Ingenieurbüro Planwerk wichtig, dass das Becken mittels ferngesteuerter Kameras inspiziert und gegebenenfalls unter Hochdruck gereinigt werden kann. Zum Einbringen der erforderlichen Gerätschaften wurden Inspektionsschächte in den Speicher integriert. Die Blöcke Rausikko Box SX verfügen über einen integrierten Inspektions- und Spülkanal. Eine Inspektion und Reinigung mit Spülgeräten bis 120 bar Wasserdruck ist hierdurch möglich.
Damit das Becken im Falle eines Starkregens mit Wasser versorgt wird, ist es über mehrere Anschlüsse und ein Verteilrohr DN 500 bzw. DN250 an ein Abschlagsbauwerk angeschlossen. Das Abschlagsbauwerk leitet bei einem Starkregen das Regenwasser, das nicht mehr abgeleitet werden kann in das Becken und führt das temporär gespeicherte Wasser nach dem Regenereignis wieder gedrosselt in den Kanal zurück. Der Drosselabfluss beträgt maximal 357 l/s.
Nach Beendigung der Bauarbeiten wird die ursprüngliche Geländeoberfläche bestehend aus einem Rad- und Gehweg, einem bepflanzten Geländewall und vielen erholungsspendenden Grünpflanzen wiederhergestellt. Das Bauvorhaben zeigt eindrucksvoll, dass Verbesserungen des abwassertechnischen Systems zur Vermeidung von Schäden durch Starkregen durchaus im Einklang mit einem schonenden Umgang mit der Natur und einer sinnvollen Nutzung durch die Anlieger stehen können.
Weitere Informationen zu unterirdischen Retentionsbecken mit Rausikko Box SX können per E-Mail an Rehau angefordert werden.
siehe auch für zusätzliche Informationen:
- Fränkische SediPipe-Anlagen zur Niederschlagswasserbehandlung DWA-A 102-2-konform (11.3.2021)
- Regenwassermanagement mit smarten Rigolen à la Rehau (11.3.2021)
- 2020er Mall-Marktbefragung zum Umgang mit Regenwasser (27.9.2020)
- Malls „Ratgeber Regenwasser“ in 8. Auflage erschienen (15.9.2020)
- fbr-Wissen: Energieeffiziente Gebäudeplanung mit Regenwasser auf 16 Seiten (15.9.2020)
- weitere Details...
ausgewählte weitere Meldungen:
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- Klimawandel: Städte werden Raum für Wasser schaffen müssen (10.12.2018)
- Wasserrückhalt und verzögerter Abfluss mittels neuem Retentionselement von Bauder (14.9.2018)
- Druckfrisch: Ratgeber Regenwasser in 7. Auflage erschienen (27.5.2018)
- Auslegung von Regenwasser-Zisternen mit bundesweiten Niederschlagsdaten (30.8.2017)
- Starkregen- und Regenwassermanagement mit Birco Rigolentunneln von StormTech (28.6.2016)
siehe zudem:
- Regenwassernutzung und Entwässerung und Kanalisation im Outdoor-Magazin auf Baulinks
- Literatur / Bücher über GaLaBau bei Baubuch / Amazon.de