Pfusch am Bau: Was ist hinzunehmen; was kann eingeklagt werden?
(25.6.2003) Durch Fehler bei der Planung und Ausführung entstehen in Deutschland jedes Jahr vermeidbare Bauschäden in Höhe von 3,4 Milliarden Euro. Hauptursache ist die heutige Art zu bauen: so schnell und preiswert wie nur irgend möglich. Mängel werden von Handwerkern und Baufirmen nicht erkannt oder bewusst ignoriert und es wird weiter gearbeitet, bis ein offensichtlicher Schaden daraus entsteht.
Bauherr und Käufer eines Gebäudes haben einen Anspruch auf ein mangelfreies Werk. Das ist im Bürgerlichen Gesetzbuch und in der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) ausdrücklich niedergelegt. Von einem Mangel spricht man, wenn die ausgeführte Bauleistung in negativer Weise vom vertraglich vereinbarten Zustand abweicht. Aber nicht jede Abweichung ist auch ein Mangel, der dann rechtliche Konsequenzen nach sich zieht:
- Hinzunehmende Unregelmäßigkeit: Eine Beurteilung kann ergeben, dass die kritisierten Abweichungen die vertraglich festgelegten Grenzwerte bzw. die in den allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik definierten Grenzwerte nicht überschreiten, dass also der beanstandete Sachverhalt noch im Rahmen des vertraglich zu Erwartenden bzw. allgemein Üblichen liegt. Es liegt dann kein Mangel vor. Diese Unregelmäßigkeiten müssen als unvermeidbar und üblich hingenommen werden.
- Nachzubessernde Mängel: Ist die Nachbesserung einer als Mangel beurteilten Unregelmäßigkeit möglich, zumutbar und im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg nicht unverhältnismäßig aufwendig, so hat der Bauherr einen Anspruch auf die Beseitigung des Mangels. Dies gilt grundsätzlich auch für rein optische Beeinträchtigungen. Häufig versuchen Baufirmen sich mit dem Hinweis auf den unverhältnismäßig hohen Aufwand um eine Nachbesserung zu drücken. Gerade bei echten Beeinträchtigungen des Wohn- und Nutzwertes eines Hauses sollte man sich aber nicht scheuen, seine Ansprüche notfalls auch auf gerichtlichem Wege durchzusetzen.
- Hinnehmbare Mängel: Grundsätzlich hat der Bauherr zwar
das Recht, dass auch kleinere, unwesentlichere Mängel beseitigt werden, häufig
ist der Aufwand dafür aber unverhältnismäßig hoch im Vergleich zum erzielbaren
Erfolg. In solchen Fällen werden die Abweichungen durch einen so genannten
Minderwert "in Geld" abgegolten. Zur Beurteilung von optischen
Beeinträchtigungen z.B. werden solche Kriterien benutzt wie der Grad der
optischen Beeinträchtigung, die Bedeutung des optischen Erscheinungsbildes für
das jeweilige Bauteil usw.
Eine "Unverhältnismäßigkeit" liegt nicht automatisch dann vor, wenn die Kosten der Nachbesserung den eigentlichen Preis der Leistung übersteigen, wie es oftmals vom Unternehmer gegenüber dem Bauherren behauptet wird. Nur im Ausnahmefall sollte diese Regelung in Anspruch genommen werden. So etwa dann, wenn sich nach der Fertigstellung herausstellt, dass die Drempelhöhe geringer als im Vertrag vereinbart ist, oder die Geschosshöhen nicht eingehalten werden. - Nicht ausgeführte Sonderleistungen: Kommt es zum Streit über gewünschte besondere Anforderungen oder Eigenschaften, so ist das oft kein Streit um Baumängel im eigentlichen Sinn, sondern ein Streit darum, ob im Vertrag hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen ist, dass eine Sonderleistung vereinbart wurde. Hier wird dann über die Mängelrechte ausgefochten, was eigentlich schon bei der Festlegung des Vertragsinhalts versäumt wurde.
Was tun? Die Beurteilung, ob es sich bei dem kritisierten Sachverhalt um einen Mangel oder eine hinzunehmende Unregelmäßigkeit handelt, ist in vielen Fällen schwierig und von den jeweiligen, ganz speziellen Randbedingungen abhängig. Es ist daher empfehlenswert, vor Beginn einer gerichtlichen Auseinandersetzung sich den Rat eines unparteiischen Fachmanns einzuholen. Adressen gibt es z.B. bei den Handwerkskammern, der IHK oder dem Bundesverband Freier Sachverständiger.
Es ist sinnvoll, die Fortschritte auf der Baustelle fotografisch zu dokumentieren. Fotos können bei späteren Streitigkeiten dem im Nachhinein beauftragten Gutachter helfen, die Ursachen zu erkennen.
Um Baupfusch und nervenaufreibende Streitigkeiten von Anfang an zu minimieren empfiehlt es sich, einen außenstehenden Fachmann mit der laufenden Kontrolle des Baus bis hin zur Schlussabnahme zu betreuen. Diese Möglichkeit sollte auch schon im Bauvertrag festgehalten werden, um Auseinandersetzungen über das Mitspracherecht dieser Person zu vermeiden.
Die Baubeschreibung ist Bestandteil des Bauvertrags. Hier werden die genauen Leistungen festgelegt, die von Unternehmen erbracht werden sollen: vom k-Wert der Fenster über Preis und Qualität des Bodenbelags bis hin zur Farbe des WC. Eine detaillierte Baubeschreibung schützt zwar nicht vor Pfusch. Doch je mehr darin vereinbart ist, desto seltener muss der Bauherr für Sonderwünsche bezahlen, die in der Regel sehr teuer werden. Die Verbraucherzentralen haben eine Muster-Baubeschreibung entwickelt in der alle wichtigen Daten und Fakten zum Hausbau abgefragt und dokumentiert werden sollen.
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