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Fachbeitrag: Stand der europäischen Normierung bei Brandschutztüren

(27.11.2013) Die Planung eines Gebäudes im Rahmen der gültigen Brandschutzvor­schriften erfordert u.a. die Beschäftigung mit dem Thema Brandschutztüren. Brand­schutztüren gehören zu den so genannten Feuerschutzabschlüssen. Diese werden in Europa derzeit noch auf der jeweiligen nationalen Ebene zugelassen. Jeld-Wen ist so­wohl auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene in allen normierungsrelevanten Gremien aktiv und liefert durch den Werkleiter des Jeld-Wen Standortes Oettingen Wolfgang Oswald sowie Produktmanager Funktionstüren Raimund Westermann einen aktuellen Überblick über den Stand der Entwicklungen auf nationaler wie internationa­ler Ebene.

moderne Brandschutztür, stumpf einschlagend mit flächenbündiger Zarge und verdeckt eingebautem Schließer. 

CE-Kennzeichnungspflicht noch nicht in Sicht

In Deutschland wird das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen derzeit nach der DIN 4102 beurteilt. Zulassungen für Feuerschutzabschlüsse analog dieser Norm stellt bislang nur das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) in Berlin aus. Anders als beispielsweise Außentüren und Fenster, für die bereits eine CE-Kennzeichnungs­pflicht besteht, ist diese für Innentüren mit und ohne Brand- und Rauchschutzfunk­tion derzeit noch nicht in Sicht.

Die exakten Inhalte der Prüfnormen sind hierbei schon definiert. Jeld-Wen beispiels­weise prüft bereits seit geraumer Zeit nach diesen neuen und verschärften Kriterien. Was noch aussteht, ist die Definition der eigentlichen Produktnorm, um die Produkte auch mit einem CE-Kennzeichen in den europaweiten Verkehr bringen zu können. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die CE-Kennzeichnung kein Prüf­siegel ist, sondern eine Verwaltungsklassifizierung, die die Freiverkehrsfähigkeit inner­halb des Europäischen Binnenmarktes zum Ausdruck bringt.

Ursprünglich war für die Eingliederung der Brandschutzelemente in die EN die Produkt­normenreihe 14351 der „Abschlüsse“ vorgesehen. Unter dieser Reihe werden seit Au­gust 2010 Fenster und Außentüren (EN 14351-1) normiert. Die EN 14351-2 war und ist für Innentüren ohne Feuerschutz vorgesehen und steckt seit annähernd 10 Jahren fest. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Sowohl nationale Forderungen der beteilig­ten Nationen wie auch Regularien des CEN (Europäische Komitee für Normung) stehen einer Veröffentlichung seit Jahren im Wege. Für Feuer- und Rauchschutztüren war ur­sprünglich ein dritter Teil der 14351 Reihe vorgesehen. Seit Dezember 2009 wurde der Entwurf der EN 14351-3 jedoch zurückgezogen und unter der Nr. EN 16034 weiter be­arbeitet. Bis zur Ratifizierung einer europäischen Norm ist es jedoch weiterhin notwen­dig, eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des DIBt für Feuerschutzabschlüsse bzw. ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis für Rauchschutzabschlüsse einer anerkannten Prüfstelle für die Produkte nachzuweisen.

Erwartungen der CE-Kennzeichnung bei Innentüren mit Feuer- und Rauchschutz

Die CE-Kennzeichnung als solche dient dem internen freien europäischen Handel und ist kein Qualitätsmerkmal. Sie hilft den Wirtschaftsakteuren, länderübergreifend den europäischen Binnenmarkt zu erschließen. Dabei spielt die seit dem 1.7.2013 in Kraft tretende Bauproduktenverordnung eine wichtige Rolle, die von allen CE-gekennzeich­neten Produkten statt der bisher bekannten Konformitätserklärung eine Deklaration der Leistungseigenschaften fordert.

In der Praxis bedeutet dies Transparenz, da die Produkte innerhalb Europas über die ausgewiesenen wesentlichen Eigenschaften vergleichbar gemacht werden. Länder­spezifisch werden unterschiedliche Anforderungen bzgl. der Eigenschaften auch in Zukunft erhalten bleiben, da diese weiterhin national geregelt werden.

Länderspezifische Unterschiede in der Praxis

In der Schweiz ist beispielsweise jede Wohnungsabschlusstür eine Brandschutztür EI30, mit Klimaklasse 3 (2c) und Schallschutzklasse 3 mit RwP = 42 dB. Ein aus Jeld-Wens Sicht beispielhaftes Vorbild, wie dem Wert des menschlichen Lebens und der Wohnqualität, in einem gesetzlichen Rahmen Rechnung getragen wird. Allerdings muss eine EI30 Brandschutztür in der Schweiz nicht zwangsläufig selbstschließend also mit einem Türschließer ausgestattet sein wie es in Deutschland von jeder zuge­lassenen Brandschutztür erwartet wird.

Dass diese Forderung nach Selbstschließung oft an der echten Realität der Nutzung vorbei geht, zeigen die unzähligen „Brandschutzkeile“ und ausgehängten Türschlie­ßer-Arme an Brandschutztüren. Um es klar zu sagen: eine geöffnete Brandschutztür kann und wird ihre Funktion niemals erfüllen, trotzdem gibt es aber Anwendungen bei denen ein herkömmlicher Türschließer nicht sinnvoll ist.

Eine Regel für Wohnungsabschlusstüren ähnlich der Schweiz, ist für Deutschland so leider nicht zu erwarten, obwohl es nicht nur der Handelskette und dem Bewohner zu Gute kommen würde, sondern auch dem Verarbeiter und Monteur auf der Baustelle. Er ist schließlich das letzte Glied in der Leistungskette und muss mit dem gelieferten Pro­dukt die Ansprüche des Kunden zufrieden stellen, was oft im Hinblick auf das Produkt eine besondere Herausforderung darstellt. Bei den Vorgaben, wie sie die Schweiz hin­gegen hat, sind die Ansprüche deutlich besser zu realisieren. Natürlich ist die Leistung des Handwerkers immer noch entscheidend, auch wenn die Produkte geprüft sind, die Herstellung überwacht wird, muss das Element funktionsfähig eingebaut werden. Inso­fern ist die Frage durchaus berechtigt, ob es ausreicht, als Handwerker die Montage­anleitung lesen zu können oder ob nicht weitere Qualifikationen nachweislich vorhan­den sein müssen.

Prüfverfahren analog zur EN 14600

Obwohl die Zulassungen für Feuerschutzabschlüsse wie anfangs beschrieben aufgrund der fehlenden Produktnorm derzeit nur auf nationaler Ebenen möglich ist, können diese Abschlüsse schon seit geraumer Zeit auf die künftigen, deutlich verschärften Anforde­rungen geprüft werden. Ermöglicht wird dies durch die EN 14600, welche die Anforde­rungen und Klassifizierungen für Feuer- und/oder Rauchschutzabschlüsse festlegt, nach denen Jeld-Wen seine Produkte seit Jahren prüft und so mehr Sicherheit für Leib und Leben gewährleistet:

Dabei gibt es 3 wesentliche Prüfverfahren:

  1. Feuerwiderstand gemäß DIN EN 1634-1 (z.B. EI30)
  2. Dauerfunktion gemäß DIN EN 1191 (zur Ermittlung der mechanischen Dauer­haftigkeit 200.000 Zyklen)
  3. Rauchschutzfunktion gemäß DIN EN 1634-3 (Leckrate bei Druckdifferenzen u. einseitig heißem Rauch 200°C)

Brandprüfung des Typ70-2 im März 2013 

Geplante Realität sind multifunktionale Türen

Es entspricht der Realität, dass Türelemente zunehmend multifunktionell sein sollen. Dies ist einerseits - bezogen auf die Nutzung sowie die optische Entwicklung - abso­lut sinnvoll; bei der Planung führt dies jedoch - historisch bedingt oft zu Fehlstellun­gen bzw. falschen Annahmen. So waren in den 80er und 90er Jahren, gute Schall­schutztüren immer gefälzt und immer mit Türfalzdichtung ausgestattet. Und Brand­schutztüren waren nur für trockene Räume zulässig.

Heute sind diese Ansichten längst überholt. Der Planer verfügt in der Praxis über ei­nen immer größeren Variantenreichtum, der technische wie auch optische Belange scheinbar mühelos in Einklang bringt. So gibt es geprüfte Schallschutzelemente mit stumpf oder gefälzt einschlagenden Türblättern, mit und ohne Türfalzdichtung. Es gibt sogar Brandschutztüren die gleichzeitig positiv auf Nassraumtauglichkeit geprüft sind und Sicherheitsanforderungen bis hin zur Panikfunktion erfüllen.

Bereits zu Beginn des Millenniums hat Jeld-Wen die Anforderungen seitens der Archi­tektur erkannt und die Chance ergriffen, sein Sortiment sowie die Art der Fertigung von Funktionstüren an die neuen Bedürfnisse anzupassen. Technische Türen werden von Jeld-Wen nicht mehr in Sortimente zusammengefasst, sondern zunehmend indivi­duell gefertigt. Ähnlich der Produktion eines Autos gibt es ein Modell, das auf diverse Weisen durch den Planer individualisiert werden kann. So sind nicht nur die techni­schen Funktionen eines Türelements wie die Wahl der Schallschutzklassen, Sicher­heitsanforderungen, Nassraumtauglichkeit und die Brandschutzklassifizierung wählbar, auch die dem Nutzen und dem Anspruch des Einsatzortes entsprechenden Faktoren wie z.B. ein besonderes Maß an Stabilität und Beanspruchung sowie eine verlängerte Gewährleistung sind individuell justierbar.

Last but not least kann man heutzutage eine moderne Funktionstür optisch fast nicht mehr von einer „normalen“ Tür unterscheiden. Hier gilt der Grundsatz, dass sich Optik und Funktion nicht ausschließen dürfen, sondern die Tür dazu beitragen soll, dass der Planer seine gestalterischen Visionen umsetzen kann ohne an funktionellen Hürden zu scheitern.

Typisierte Funktionstüren von Jeld-Wen

Die Orientierung hinsichtlich des richtigen Produktes will Jeld-Wen den Planern durch drei Grundtüren einfach machen:

  • Typ42 ist für den budgetorientierten Grundbedarf konzipiert und mit den gän­gigsten Eigenschaften versehen.
  • Typ48 verkörpert die beliebte und flexible „Mittelklasse“ in der mit Schallschutz­klasse 1-3, Sicherheit bis RC2 sowie mit Rauch- und T30 Brandschutz die meis­ten Anforderungen erfüllt werden.
  • Mit Typ70 wählen Planer letztlich eine „High End Lösung“ in der höchstmögliche Schallschutz-, Sicherheit- und Brandschutzeigenschaften bis T90 in vielfältiger Kombination und mit besonders großen Formaten abgedeckt werden können.

Praxistaugliche Orientierung durch RAL Güterichtlinien

Aufgrund der Vielzahl von leistungsrelevanten Eigenschaften einer Innentür kommt es in der Praxis oftmals zu Unklarheiten beim Planer darüber, welche Eigenschaften für ein Objekt erforderlich sind und welche nicht. Im Baurecht der jeweiligen Bundesländer (Landesbauordnung abgeleitet von der Musterbauordnung z.B. im §14 „Brandschutz“) fixiert sind für Türen und Fenster die Themen die den Schutz für Leib und Leben un­mittelbar berühren. Auch das Thema Lärm und die daraus resultierende Forderung nach Schallschutztüren sind seit langem durch die DIN 4109 gesetzlich geregelt.

Daneben gibt es aber eine Vielzahl von Leistungseigenschaften z.B. von Wohnungs­abschlusstüren, die der privatrechtlichen Vereinbarung bedürfen. Einsatzempfehlun­gen, wie sie die Gütegemeinschaft für Innentüren etabliert haben, geben dem Planer und Kunden eine Orientierung, was Stand der Technik ist und für unterschiedliche An­wendungszwecke sinnvoll gefordert werden sollte.

So konnten bislang die Prüf- und Klassifizierungskriterien für Feucht- und Nassraum­tauglichkeit von Innentüren von der Gütegemeinschaft mit dem ift Rosenheim erarbei­tet und in den Güterichtlinien RAL GZ-426 im Teil 3 veröffentlicht werden. Mittlerweile gibt es gar ein Arbeitspapier des CEN TC33, dies zu einer europäischen Norm zu ma­chen.

Kurz vor der Veröffentlichung stehen die Prüf- und Klassifizierungskriterien für die Be­schaffenheit von Türoberflächen. Die bei der Oberflächenfestigkeit in die Klassen C, B, A und Kantenstoßfestigkeit C, B, A, A+ unterteilten Klassen sind die aktuell von der Gütegemeinschaft mit dem ihd in Dresden erarbeiteten neuen Kriterien für Innentüren. Sie stehen kurz vor der Veröffentlichung und werden den Planern helfen, die richtigen Türen für den geforderten Anwendungszweck z.B. in Schulen oder Krankenhäusern auszuwählen.

Weitere Informationen zu Brandschutztüren können per E-Mail an Jeld-Wen angefordert werden.

siehe auch für zusätzliche Informationen:

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