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Rechtsstreit bei nachträglichen Bauleistungen vorprogrammiert - aber vermeidbar


  

(30.12.2016) Nachträge prägen das tägliche Baugeschäft. Damit sind zusätzliche oder geänderte Leistungen gemeint, die nicht ausdrücklich von den Vertragsunterlagen erfasst, für das Bauvorhaben jedoch unabdingbar sind. Die Gründe für Nachträge sind vielfältig und beruhen in den meisten Fällen auf einer nicht ausgereiften Planung zum Zeitpunkt der Bauleistungsvergabe.

Rechtsanwalt Dr. Paul Popescu von der ARGE Baurecht erklärt: „Nachträge lösen insbesondere dann Ansprüche auf eine zusätzliche Vergütung aus, wenn die Planungsverantwortung dem Auftraggeber obliegt. Daraus resultieren ernst zu nehmende Streitpotentiale“, warnt der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.

Gleichwohl halten sowohl das Gesetz als auch die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) durchaus geeignete Instrumente zum Umgang mit Nachtragsleistungen bereit. „Die Praxis zeigt jedoch ein ernüchterndes Bild“, so Popescu: Insbesondere Auftragnehmer würden die bestehenden Möglichkeiten so gut wie nie ausschöpfen. Dies liege überwiegend an der Sorge, dass der Auftraggeber bei Inanspruchnahme der gegebenen Handlungsmodalitäten verärgert werden könne. In der Konsequenz wird der Bauherr erst sehr spät über die Nachtragsleistungen informiert - oft sogar erst, wenn diese bereits ausgeführt wurden. „Dann sind Streit und langwierige Gerichtsverfahren erst recht vorprogrammiert“, so Popescu, „und es können weitere unnötige - und vermeidbare - Folgeschwierigkeiten entstehen“.

Kommunikation als Schlüssel

„Das Hauptproblem bei Nachträgen ist eine rechtzeitige, offene und allen voran ehrliche Kommunikation“, betont Popescu. Und exakt an diesen Punkt knüpfen auch die vorbeschriebenen Möglichkeiten des Gesetzes und der VOB/B an: Wird ein Nachtrag erkennbar notwendig, muss der Auftragnehmer diesen nur ausführen, wenn der Auftraggeber einen entsprechenden Ausführungsplan mit Leistungsverzeichnis vorlegt. Liegen diese Unterlagen nicht vor, ist der Auftragnehmer in der Ausführung seiner Leistung behindert, sofern er nicht an anderen Bereichen der Baustelle arbeiten kann. All diese Punkte sollten dem Bauherrn rechtzeitig im Rahmen einer VOB/B-konformen Behinderungsanzeige mitgeteilt werden.

Eine Verärgerung des Auftraggebers sei durch diese klare Kommunikation nicht zu befürchten, zumal bekanntlich „der Ton die Musik macht“, erinnert Popescu: „Auf dieser Grundlage können die Beteiligten nicht nur den technischen, sondern allen voran auch den preislichen Umfang eines Nachtrags gemeinsam konstruktiv lösen“, so der Baurechtsanwalt. Mit einem solchen Vorgehen lassen sich Fragen der Preisbestimmungsgrundlagen bereits im Keim ersticken. Das ist umso wichtiger, da diese zeitraubendenden und kostenträchtigen Fragen höchstrichterlich bislang nicht vollständig geklärt sind. Auch kann der Auftraggeber durch die frühzeitige und regelkonforme Kommunikation den Planungsverantwortlichen rechtzeitig hinzuziehen und etwaig bestehende Regressansprüche seinerseits absichern.

Nachtträge schon im Bauvertrag regeln

In diesem Sinne sind beide Vertragsparteien gut beraten, schon im anfänglichen Bauvertrag ausgewogene Regelungen zur rechtzeitigen Kommunikation und zu den Preisbildungsgrundlagen zu treffen. Geht der Bauherr den vorbeschriebenen Weg nicht mit, muss er die - vor allem in monetärer Hinsicht bedeutsamen - Folgen der Behinderungsanzeige tragen. Versäumt hingegen der Auftragnehmer eine rechtzeitige Anzeige, riskiert er nicht nur eine langfristig liquiditätslose Vorleistung. Er übernimmt damit auch unnötig eine nicht geschuldete Planungsverantwortung für die Nachtragsleistungen und die daraus folgenden Konsequenzen. „All das muss nicht sein, denn die Baubeteiligten haben ausreichende Handlungsoptionen, um Nachträge bestmöglich zu organisieren – sie müssen sie nur richtig nutzen“, macht Popescu deutlich.

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