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Dem Lochfraß bei Edelstahl auf der Spur

(26.8.2004) Selbst „Rostfreier Stahl“ kann sehr schnell korrodieren, wenn sich das anliegende, elektrische Potential, die Konzentration korrodierender Lösungen oder die Temperatur nur leicht verändern. Wissenschaftler des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft und der Universität Virginia (USA) mit Hilfe spezieller Mikroskopie-Techniken herausgefunden, dass das schlagartige Einsetzen von Korrosion darauf beruht, dass sich die Zahl winziger metastabiler Löcher in der Metalloberfläche explosionsartig vermehrt. Dieser Befund deckt sich mit theoretischen Modellen, wonach sich das Phänomen des Lochfraßes unter entsprechenden Bedingungen autokatalytisch wie eine Kettenreaktion ausbreitet. Die in der „Science“-Ausgabe vom 20. August 2004 veröffentlichten Forschungsergebnisse tragen entscheidend dazu bei, Korrosionsprozesse besser verstehen, kontrollieren und letztendlich vermeiden zu können.


Drei aufeinanderfolgende "Schnappschüsse" veranschaulichen die Ausbreitung eines Korrosionsschadens in der schützenden Oxidschicht eines rostfreien Stahls.

Korrosion kratzt mit etwa etwa 3% am Bruttosozialprodukt

Rostfreie Stähle, die eigentlich korrosionsresistent sein sollten, können dann doch auch lokalem Lochfraß zum Opfer fallen - was mitunter ganze Bauteile versagen lässt. Allein in den USA sollen sich die Verluste durch Korrosion auf etwa 3% des Bruttosozialprodukts belaufen. Sogar etwa ein Drittel der Ausfälle chemischer Anlagen seien auf lokale Korrosion zurückzuführen.

Was passiert? Vor dem eigentlichen Lochfraß bilden sich in der schützenden Oxidhaut der Stähle winzige metastabile Löcher von wenigen Mikrometern (µm) Durchmesser - das sind die so genannte Pits. Jeder Pit erzeugt während seines Entstehens einen sekundenlangen kleinen Strompuls, der die chemische Reaktion anzeigt. Im weiteren Verlauf kann dann bei geringsten Veränderungen der äußeren Bedingungen die Korrosionsrate extrem schnell ansteigen.

Obwohl die Prozesse, die zum Auftreten einzelner Pits führen, bereits relativ gut erforscht sind, so war das plötzliche Auftreten von Lochfraß bislang ungeklärt. Die Wissenschaftler haben deshalb neue mikroskopische Methoden entwickelt, um den Beginn des Lochfraßes in Echtzeit beobachten zu können. Eine dieser Methoden, die Ellipsomikroskopie zur Abbildung von Oberflächen (Ellipsomicroscopy for Surface Imaging), macht die Schädigungen der Oxidschicht sichtbar.

Lochfraßkorrosion ist wie eine ansteckende Krankheit

Daneben verfolgten die Forscher unter einem hochauflösenden und kontrastverstärkten optischen Mikroskop die Entstehung einzelner Pits und ihr kollektives Verhalten. Dabei fanden sie heraus, dass das plötzliche Auftreten von Lochfraßkorrosion auf eine explosionsartige Vermehrung der Pits zurückzuführen ist. Die Forscher haben diesen Prozess auch im Computer simuliert: Dabei gingen sie von der Annahme aus, dass sich ein neuer Pit mit hoher Wahrscheinlichkeit in der unmittelbaren Umgebung bereits vorhandener Pits bildet. Danach ist das plötzliche Auftreten von Lochfraßkorrosion vergleichbar mit der Ausbreitung ansteckender Krankheiten oder einer Kettenreaktion.

Fazit: Die Schädigung der Stahloberflächen lässt sich durch Veränderung der die Korrosion verursachenden Lösung (durch die Zugabe von Inhibitoren) oder durch die Optimierung der Stahllegierung verhindern. Die von den Forschern entwickelten Mikroskopie-Techniken lassen sich für die Visualisierung verschiedenster Korrosionserscheinungen bei Metallen einsetzen.

Originalveröffentlichung:

  • C. Punckt, M. Bölscher, H. H. Rotermund, A. S. Mikhailov, L. Organ, N. Budiansky, J. R. Scully, and J. L. Hudson
  • Sudden Onset of Pitting Corrosion on Stainless Steel as a Critical Phenomenon
  • Science, 20 August 2004

siehe auch:

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