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Immobilien-Urteile zu den Folgen extremer Wetterereignisse

(21.10.2019) Heiße Sommer, Starkregen und Stürme: In Deutschland muss man laut Expertenmeinung in Zukunft vermehrt mit extremen Wetterlagen rechnen. Das bleibt naturgemäß auch nicht ohne Folgen für Immobilieneigentümer, denn sie sind auf vielerlei Weise von den Folgen solcher Wetterkapriolen betroffen – u.a. wegen ihrer Verkehrssicherungspflichten. Der LBS-Infodienst Recht und Steuern hat dazu einige Gerichtsentscheidungen gesammelt.

Dachüberprüfung ohne konkrete Anhaltspunkte

Bei erheblichen Windstärken hatte es Bitumenschindeln vom Dach eines Hauses geweht. Die Eigentümerin der Immobilie begehrte von der Wohngebäudeversicherung eine Regulierung des Schadens. Doch sie wurde darauf hingewiesen, es habe sich um stark geschädigte Dachschindeln gehandelt. Das Oberlandesgericht Koblenz (Aktenzeichen 10 U 1018/08) maß dieser Tatsache jedoch keine große Bedeutung bei. Die Versicherung müsse trotzdem aufkommen, denn es gebe keine Verpflichtung für Hauseigentümer, ohne konkrete Anhaltspunkte das Dach regelmäßig überprüfen zu lassen.

Dachüberprüfung bei exponierter Lage

Wer in besonders sturmträchtigen Gegenden wohnt, von dem werden schärfere Sicherheitsvorkehrungen erwartet. Das musste ein Grundstückseigentümer auf einer Nordseeinsel erfahren, von dessen Dach sich Ziegel gelöst und an einem benachbarten Hotel einen Sachschaden von 10.000 Euro verursacht hatten. Nach Ansicht des Landgerichts Aurich (Aktenzeichen 3 O 1102/16) hätte man angesichts der exponierten Lage des Anwesens das Dach jährlich auf seine Sturmfestigkeit überprüfen müssen.

Anscheinsbeweis

Immobilie müssen so abgesichert sein, dass sie auch erhebliche Sturmstärken aushalten kann, ohne gleich die Allgemeinheit zu gefährden: Wenn sich bei einem Sturm bis zur Stärke 13 Dachziegel lösen und auf die Straße fallen, dann spricht zumindest der Anscheinsbeweis für einen mangelhaften Unterhalt des Gebäudes. Nur bei außergewöhnlichen Naturereignissen gilt diese Regel nach Meinung der Rechtsprechung nicht mehr. Im konkreten Fall ging es um das Dach einer Kirche, von dem während eines Sturmes der Windstärke 10 (Geschwindigkeiten bis zu 100 km/h) Dachziegel auf ein geparktes Auto gefallen waren und einen Sachschaden in Höhe von 6.600 Euro angerichtet hatten. Die Kasko-Versicherung des Autofahrers forderte diese Summe von der Eigentümerin der Immobilie. In zwei Gerichtsinstanzen war sie damit erfolgreich.

Auskunftspflicht beim Verkauf

Kaum etwas - ein Feuer vielleicht ausgenommen - ist schlimmer, als eine große Menge eindringenden Regenwassers. Eigentümer, die ein Haus gekauft hatten, mussten zur Kenntnis nehmen, dass bei Regen breitflächig Wasser in ihren Keller floss. Der frühere Eigentümer habe nichts davon erwähnt, klagten sie vor dem Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 22 U 161/15, nicht rechtskräftig) und forderten eine Rückabwicklung des Vertrages. Die Richter gaben dem statt. Selbst bei einem alten Keller (hier: Baujahr 1938) müsse ein Käufer nicht mit solchen baulichen Fehlern rechnen.

Nachbar- und Katastrophenhilfe

Die Feuerwehr einer Gemeinde wusste im Katastrophenfall (Hochwasser) keinen anderen Weg, als die angestauten Wassermengen über ein Privatgrundstück in einen Fluss abzuleiten und so extrem gefährdete benachbarte Anwesen zu schützen. Dieses Vorgehen wollte der Eigentümer für die Zukunft vorsorglich gerichtlich untersagen lassen. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 1 A 11462/05) ließ sich darauf nicht ein. Solche Ereignisse träten nicht allzu oft auf – und wenn, dann entspreche das praktizierte Vorgehen der Feuerwehr absolut den Bestimmungen des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes.

Hagelschaden

Ein Hagelunwetter hatte Raffstores aus Alu beschädigt - wenn auch nicht funktionsuntüchtig gemacht. Die Versicherung vertrat die Meinung, sie müsse lediglich die Kosten für die optische Wertminderung begleichen (ca. 1.300 Euro), während der Eigentümer eine vollständige Wiederherstellung (ca. 5.300 Euro) erwartete. Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt (Aktenzeichen 5 C 2962/08) verurteilte die Versicherung zum teureren Austausch der Stores, denn der beschädigte Zustand sei dem Hausbesitzer nicht zuzumuten.

Unbefestigt während der (Um-)Bauphase


  

Besonders gefährlich sind Immobilien während der (Um-)Bauphase, denn in dieser Zeit ist häufig längst nicht alles so verklebt, verschraubt, festgenagelt und vermauert wie nach der Fertigstellung. Wenn sich etwa wegen starker Windböen ein Bauzaun selbständig macht und auf ein geparktes Auto fällt, spricht nach Überzeugung des Amtsgerichts München (Aktenzeichen 244 C 23760/11) der Anscheinsbeweis für einen Fehler des Bauunternehmens. Die Verantwortlichen haben demnach alle Vorkehrungen dafür zu treffen, dass selbst einem Sturm einen Zaun  nicht aus der Verankerung zieht.

Stürmischer Müllcontainer mit angezogener Pedalbremse

Wenn ein Sommersturm tobt, dann sind auch Müllcontainer manchmal nicht mehr sicher. In Nordbayern wurde eine solcher Container von den Winden erfasst und gegen ein Auto geschleudert. Die Reparaturkosten betrugen 2.500 Euro. Der Hauseigentümer wurde vom Landgericht Coburg (Aktenzeichen 33 S 38/06) trotzdem nicht zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet. Er habe durch das Betätigen der Pedalbremsen an dem Müllcontainer seine Verkehrssicherungspflichten erfüllt. Mehr müsse man von ihm nicht erwarten.

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