Was bezeichnet man als gute Lüftungsqualität?
(30.3.2006) Eine "Luftaustauschrate" von 0,5 pro Stunde beschreibt, daß man in einer Stunde ein Luftvolumen abzieht und gleichzeitig zuführt, das der Hälfte des Raumvolumens entspricht. Diese Luftaustauschrate sagt dabei nichts darüber aus, ob die Raumluft bei diesem Prozeß wirklich gegen Frischluft ausgetauscht und gegebenenfalls von Schadstoffen gereinigt wird. Sie beinhaltet des weiteren keine Aussage darüber, ob nicht eventuell die gerade erst zugeführte frische Luft gleich wieder abgezogen wird.
In Schweden, dem Land in Europa mit der längsten Erfahrung mit Wohnraumlüftung, arbeitet man deshalb mit 2 zusätzlichen Messgrössen, mit deren Hilfe man effektive Aussagen über die Qualität der Lüftung in Bezug auf Hygiene- und Komfortgesichtspunkte machen kann:
- "Ventilation Efficiency" (Lüftungseffektivität)
- "Air Change Efficiency" (Luftaustauscheffektivität).
Die Lüftungseffektivität beschreibt, wie schnell verbrauchte Luft aus einem Raum entfernt wird. Sie wird durch das Verhältnis der Schadstoffkonzentration in der Raumluft zur Schadstoffkonzentration in der Abluft definiert:
VE = (Ce/Cm) x 100%
- VE = Ventilation Efficiency (Lüftungseffektivität)
- Ce = Schadstoffkonzentration in der Abluft
- Cm = Schadstoffkonzentration in der Raumluft
Das Optimum der Lüftungseffektivität beträgt 100% und besagt, daß in diesem Fall die Lüftungsanlage jeden Kubikmeter verbrauchte Luft durch einen Kubikmeter saubere Frischluft ersetzt. D.h. es findet beim Luftaustausch keine Mischung von frischer und verbrauchter Luft statt. Nur mit gerichteter Querlüftung ist es im Gegensatz zu anderen Lüftungsarten möglich, eine Lüftungseffektivität von 100% zu erreichen.
Die Luftaustauscheffektivität gibt Auskunft darüber, wie rasch die Raumluft ausgetauscht wird. Sie wird durch den Koeffizienten aus zugeführtem Frischluftvolumen pro Stunde und Raumvolumen definiert, der durch die doppelte durchschnittliche Verweildauer der Luft im Raum dividiert wird:
AE = (Tn/2TM) x 100%
- AE = Air Change Efficiency (Luftaustauscheffektivität)
- Tn = Zugeführtes Frischluftvolumen pro Stunde geteilt durch das Raumvolumen
- Tm = Durchschnittliche Verweildauer der Luft im Raum
Wenn die Frischluft so zugeführt wird, daß bereits vorhandene Raumluft in einem Teil des Raumes verbleibt, und nicht ausgetauscht wird, so steigt die durchschnittliche Verweildauer der Raumluft kontinuierlich an. Mit anderen Worten: Wenn die zugeführte Frischluft nicht den gesamten Raum durchdringt und (zu) schnell wieder abgesaugt wird, erhöht sich die Verweildauer der Luft im Raum. Ein untrügliches Anzeichen dafür, daß der Luftaustausch schlecht funktioniert. Auch bei der Luftaustauscheffektivität liegt das Optimum bei 100%, ein Wert, der in Innenräumen aber kaum zu erreichen ist. Mit der gerichteten Querlüftung kann immerhin eine Luftaustauscheffektivität zwischen 50 und 100% erreicht werden. Bei anderen Methoden sind in der Regel bereits 50% das Maximum.
Bei der Entscheidung darüber, nach welcher Methode ein Haus optimal belüftet werden soll, müssen noch weitere Faktoren berücksichtigt werden:
- Praktikabilität
- Dauerlüftung
- Zugluft / Luftstrom
- Geräusche / Lärm
- Betriebskosten
- Investitionskosten
Vor allem die Probleme mit Geräuschen und Zugerscheinungen sollten nicht unterschätzt werden. Diese Störfaktoren führen sehr oft dazu, daß die Lüftungsanlage von den Bewohnern deswegen abgeschaltet, und damit die Be- und Entlüftung, sowie die Wärmerückgewinnung ausser Funktion gesetzt wird.
Lüftungssysteme im Vergleich
Aus Kostengründen werden vielfach reine Abluft-Anlagen eingebaut, bei denen die Aussenluftzufuhr über Aussenluftdurchlässe (ALD ; Schlitze in der Aussenwand) erfolgt. Bei dieser Methode ist keine Wärmerückgewinnung möglich, da die zurückgewonnene Wärme systembedingt nicht dem Luftkreislauf zugeführt werden kann. Auch hängt die Belüftungsqualität stark von den aktuellen Witterungsbedingungen, wie Windstärke- und Windrichtung ab, so dass man in Bezug auf die Zuluft eigentlich nicht von einer kontrollierten Lüftung sprechen kann. Diese Anlagen führen außerdem gerne zu Lärm- und Zugluftbelästigungen. Um die Anlagenfunktion auf einen akzeptablen Standard zu bringen, empfiehlt es sich, Windregulatoren, sowie Schadstoff- und Lärmfilter einzubauen. Durch diese Mehrkosten, und die Kosten für ein grösseres Abluftgerät (wegen der höheren Druckverluste durch die Zusatzkomponenten), und die fehlende Wärmerückgewinnung haben diese Anlagen aber dann noch nicht einmal mehr Kostenvorteile.
Die konventionelle kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung und Wickelfalzrohren ist besonders dann nicht optimal, wenn die Zuluft- und Abluftauslässe sehr nah beieinander liegen. Die Lüftungseffektivität ist dann eingeschränkt, weil hier eine Mischung frischer und verbrauchter Luft stattfindet.
Be- und Entlüftung mit Einzelraumgeräten, bei der die Frischluft über eine Vorrichtung lediglich für mehrere Minuten in einen Raum geführt wird, ist als schlechteste Variante zu betrachten. Dies gilt umso mehr, wenn hier die gleiche Vorrichtung nach der Zuluftphase auch zum Absaugen der Abluft benutzt wird. Weder die Lüftungseffektivität noch die Luftaustauscheffektivität erreichen bei dieser Methode die Ergebnisse anderer Lüftungssysteme. Lediglich die Wärmerückgewinnung funktioniert. Man sollte jedoch bedenken, daß Lüftung nicht primär der Wärmerückgewinnung dient (so wichtig sie für konsequentes Energiesparen auch ist), sondern der ständigen Sicherstellung einer hohen Raumluftqualität, und daß es lüftungstechnisch wenig Sinn macht, eine Lüftungsanlage ausschließlich wegen der Wärmerückgewinnung einzubauen.
Natürlich kann man nie völlig verhindern, daß sich Zu- und Abluft vermischen. Schon allein durch die Bewegung von Personen im Raum, durch Sonneneinstrahlung und Wärmeübertragungssysteme werden Luftbewegungen ausgelöst, die eine Vermischung verursachen.
Im Sinne einer optimalen Raumluftqualität geht es darum, den Vermischungsgrad so gering wie irgend möglich zu halten. Die Frischluft soll so lange wie möglich reine Frischluft bleiben. Die verbrauchte Luft soll demgegenüber so schnell wie möglich direkt an das Abluftventil gebracht werden. Dies sollte sowohl für jeden einzelnen Raum als auch für das Haus als Ganzes erreichen. Ebenso gilt es zu verhindern, daß in einem Raum oder Raumteil verbrauchte Luft unnötig lange verbleiben kann. Erreicht wird dies durch Querlüftung. Um wiederum Zugerscheinungen zu vermeiden, sollte die Frischluft zunächst in den unteren Raumzonen gehalten werden; durch die Körperwärme des Menschen erwärmt sie sich, steigt auf und steht dann als saubere frische Atemluft zu Verfügung.
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