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Bericht vom Kölner Branchenforum Fenster + Fassade 2012

(2.9.2012) Rund 350 Gäste folgten der Einladung der Fensterbranche zum Branchen­fensterforum Fenster + Fassade, das am Freitag, den 24. August 2012, im Ballsaal des Kölner Maritim Hotels stattfand. Namhafte Referenten wie der ehemalige Bundesau­ßenminister Joschka Fischer, hochkarätige Redner aus Wirtschaft und Industrie sowie Verantwortliche aus der Politik gingen auf wichtige Aspekte der Energiewende ein und bezogen bei einer Podiumsdiskussion Stellung zum Thema Gebäudemodernisierung.

Fensterbranche entscheidender Partner der Energiewende

Eröffnet wurde das Forum, das vom Chefsprecher der Tagesschau, Jan Hofer, moder­iert wurde, durch Joschka Fischer. Dieser stellte unter anderem heraus, dass die in Deutschland beschlossene Energiewende ein Vorbild für viele andere Nationen sein könne. Ihre Ziele könnten aber nicht erreicht werden, wenn Gebäude bei den Planun­gen ausgespart würden. Die Fenster- und Fassadenbranche spiele bei der Umsetzung eine entscheidende Rolle: Sie sei hervorragend positioniert und sie werde sich langfris­tig und stabil entwickeln. Anschließend führte er aus, dass der Energiepreis weiter steigen werde, aber hohe Energiepreise eine große Wirkung auf Innovationen in der Wirtschaft hätten. Doch Innovationen seien längst nicht alles. Auch der Komfortge­winn sei ein wesentlicher Faktor und die Branche könne beides - technische Entwick­lung und Erhöhung des Wohnkomforts - bieten. Sein abschließendes Credo: „Ich sehe in der Fensterbranche einen entscheidenden Partner zum Gelingen der Energiewende.“

Behaglichkeit mit in den Vordergrund stellen

Im Anschluss stellte Professor Gerd Hauser, Institutsleiter des Fraunhofer Instituts für Bauphysik und Professor für Bauphysik an der TU München, beispielhaft heraus, dass die Reduktion des Benzinverbrauchs moderner Automobile im Vergleich zu den Innovationen im Baubereich fast schon lächerlich sei. Gleichzeitig stellte er die Frage, warum sich in der energetischen Ertüchtigung des Baubestandes aktuell so wenig tue. Genannt würden von Modernisierern in erster Linie die Kosten dafür. Deshalb müsse man als Branche nicht nur das Thema Einsparung verkaufen, sondern gerade auch das Thema Behaglichkeit. Insgesamt konstatierte der Gelehrte der Fensterbranche einen guten Zustand und gute Perspektiven für die Zukunft.

v.l.n.r.: Ulrich Tschorn, VFF-Geschäftsführer; Michael Groschek, NRW-Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr; Klaus Franz, Vorsitzender des Gesamtverbandes Dämmstoffindustrie; Joschka Fischer; Petra Müller, Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung; Professor Gerd Hauser; Klaus Gayko, Initiator der Veranstaltung und Geschäftsführer der Gayko Fenster-Türenwerk GmbH aus Wilnsdorf und der Moderator der Veranstaltung, Tagesschau-Chefsprecher Jan Hofer. 

In der anschließenden Podiumsdiskussion wurden angemahnt ...

  • die Schaffung besserer Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Energie­wende,
  • eine langfristigere Planung,
  • eine bessere Verknüpfung von Bundes- und Länderförderungen,
  • die Schaffung von Gesamtlösungen – darunter die Betrachtung ganzer Quartiere für die Wohnungswirtschaft - sowie
  • die Verstetigung der steuerlichen Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen.

Man dürfe außerdem den technologischen Vorsprung nicht verspielen und müsse dafür sorgen, dass der Ausstieg aus der Atomenergie nicht zu teuer werde: Nicht nur die Mieten, auch die Energie müsse bezahlbar bleiben. Wo kein Verbrauch stattfinde, ent­stünden auch keine Kosten. So wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass ohne die Modernisierung des Gebäudebestandes die Energiewende und die gesetzten Ziele wie zum Beispiel die Schaffung eines Nullenergie-Gebäudebestandes im Jahr 2050 nicht zu schaffen sei. Dafür müsse ein konkreter Weg definiert werden.

Keine Euro-Bonds oder europäischer Finanzausgleich

Am Nachmittag übernahm Wolfgang Wiegard, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Regensburg, das Zepter: Er stellte klar, dass ein Auseinanderbrechen der Währungsunion für die deutsche Wirtschaft fatal wäre. Das gleiche gelte auch für die Einführung von Euro-Bonds oder einen europäischen Finanzausgleich. Die betroffe­nen Länder selbst seien gefordert - Europäische Zentralbank und europäische Ret­tungsschirme könnten zwar kurzfristig helfen, aber eigene Anstrengungen der Länder nicht ersetzen. Die deutsche Wirtschaft entwickle sich zudem sehr gut und das dürfe nicht zunichte gemacht werden. Im Hinblick auf die Energiewende stellte er fest, dass bereits durch die Verwendung der Hälfte der aktuellen Förderung der Photovoltaik­branche die Energieeinsparpotenziale im Gebäudebestand viel effektiver und größer ausfallen würden und Beschäftigung und Steuereinnahmen in Deutschland in diesem Bereich erheblich steigen würden.

EU und China Gewinner, USA und Japan Verlierer der kommenden Jahre?

Im Anschluss warf der Zukunftsforscher und Buchautor Christian Hehenberger vom Institut für Marketing und Trendanalysen GmbH einen interessanten Blick auf die aktu­ellen und zukünftigen Entwicklungen in der Gesellschaft. Hehenberger führte unter an­derem aus, dass sowohl die Europäische Union als auch China zu den Gewinnern der kommenden Jahre zählen werden. Auf der Verliererseite stünden die USA und Japan.

Außerdem berichtete der Zukunftsforscher über die Generation 50-Plus, die die reichs­te und kaufkräftigste Gesellschaftsgruppe in Deutschland und Europa darstellt. Jeder zweite Bürger dieser Generation werde nochmals seinen Wohnsitz verändern. Daher stelle sie für die Bauwirtschaft eine hochattraktive Zielgruppe dar.

Bitte: steuerliche Abschreibung von energetischen Modernisierungen

Das Fazit des Tages zog Ulrich Tschorn, Geschäftsführer des Verbandes Fenster + Fassade (VFF). Er resümierte, dass die Ziele, Wege und Chancen der zeitnahen Um­setzung der Energiewende und die Herausforderungen des Klimawandels auf den sprichwörtlichen Punkt gebracht wurden. Es habe bei Teilnehmern und Referenten Einigkeit über die schnelle Erstellung eines Fahrplans zur Erreichung der gesetzten Ziele geherrscht und die Wichtigkeit der Modernisierung im Gebäudebestand sei nach­drücklich dargestellt worden.

Der VFF-Geschäftsführer äußerte abschließend die Hoffnung, dass mit der Veranstal­tung - auch und besonders durch die Anwesenheit von NRW-Minister Michael Gro­schek und der Bundestagsabgeordneten Petra Müller - der Durchbruch bei der steuer­lichen Abschreibung von energetischen Modernisierungen geglückt sei.

v.l.nr.: Ulrich Tschorn, Michael Groschek, Klaus Franz, Petra Müller, Joschka Fischer, Jan Hofer, Gerd Hauser und Klaus Gayko 

Klaus Gayko, Initiator der Veranstaltung und Geschäftsführer der Gayko Fenster-Tü­renwerk GmbH, beschrieb das Branchenforum im Anschluss als Initialzündung für die ganzheitliche Betrachtung der Gebäudesanierung. Er bekräftigte, dass die Fenster­branche gemeinsam praxistaugliche und wirtschaftliche Lösungen entwickeln müsse. Dies gelte umso mehr, als dass Architekten und Energieberater sowie die ausführen­den Firmen im Gebäudebestand oft nicht in der Lage seien, die vorgegebenen U-Werte zu erreichen. Dies liege oft an den technischen Gegebenheiten des Objektes, wodurch KfW-Förderungen häufig nicht zum Tragen kommen würden. Es müssten deshalb prak­tikable Lösungsansätze geschaffen werden, damit nicht durch übertriebene und theo­retische Anforderungen Hemmnisse bei der Gebäudemodernisierung entstünden. Die Branche spiele eine entscheidende Rolle als Schnittstelle zu Industrie und ausführen­dem Handwerk in der Region. Außerdem habe die Veranstaltung gezeigt, wie wichtig es ist, die Verantwortlichen aus Politik uns Wirtschaft zusammenzuführen, damit die Energiewende vor dem Gebäudesektor keinen Halt mache.

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