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Erdkältespeicher soll Verbrauch von Kühlenergie um 70 bis 90% senken

(8.5.2025) In Deutschland beanspruchen Kühlanlagen circa 14 % des gesamten Stromverbrauchs. Natürliche Kälte im Winter und in der Nacht bleibt ungenutzt. Das Projekt „MissEllyDEMO”, umgesetzt von der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG gemeinsam mit Voltavision, widmet sich diesem bestehenden Potenzial.

Voltavision Prüflabor (Bild: Voltavision) 

Auf dem Bochumer Firmengelände der Voltavision GmbH entsteht ein Erdsonden-Kältespeicher, welcher mittels intelligenter Nutzung saisonaler und tageszeitlicher Temperaturunterschiede den Einsatz von Kompressionskühlung maximal reduziert und eine nachhaltige sowie kostensparende Alternative darstellen soll. Die Reduktionspotenziale des Energiebedarfs liegen bei 70% bis 90% im Vergleich zu konventionellen Kältesystemen, so das Ergebnis der energetischen Simulation einer zuvor abgeschlossenen Machbarkeitsstudie. Dies würde ein Einsparpotenzial von rund 7% des gesamten Stromverbrauchs bedeuten - deutschlandweit also eine CO₂-Einsparung von über 20 Mio. Tonnen jährlich.

Kältespeicher zur Kühlung durch Erdwärme

Im Projektrahmen wird Geothermie genutzt, um ganzjährig Kälte zu erzeugen. Mit dieser sollen Labore und Teststände für Energiespeicher gekühlt werden. Während im Winter die reine Luftkühlung ausreicht, wird im Sommer Kompressionskälte benötigt. Umgebungskälte als natürliche Quelle, bietet sich an, um die Abwärme industrieller Prozesse mit der natürlichen Kühle des Erdbodens abzuleiten bzw. zu kühlen.

„MissEllyDEMO” nutzt ein System, das Umgebungskälte im Winter wie auch nachts speichert und im Sommer zur Kühlung von Prüfanlagen und Gebäuden nutzt. 40 Erdwärmesonden als saisonaler Kältespeicher führen die Wärme aus den Voltavision Prüflaboren in den Untergrund ab. Die Anordnung der Erdwärmesonden sowie eine vorhersagende Betriebssteuerung, ermöglichen die deutliche Reduktion des Energieaufwandes für die Kühlung.

Die smarte Steuerung und das flexible Anlagendesign seien weltweit einmalig, wie Projektleiter Roman Ignacy von Fraunhofer IEG erklärt: „Wir konzipieren einen Erdsonden-Kältespeicher und betreiben ihn so dynamisch, dass er Wärmeenergie in einem weiten Leistungsbereich und in bedarfsgerechten Geschwindigkeiten aufnehmen kann.”

Voltavision als Projektpartner

Voltavision, Experte für Batterietests, betreibt Prüflabore, welche für Prüfstands-Equipment entwickelt wurden und Batteriezellen- und Module sowie Hochvolt-Batterien testen. Lore Mall, verantwortliche Projektleitung bei Voltavision: „Wenn die Außentemperatur niedrig ist, wird schon jetzt das Kühlwasser der Anlagen über die Umgebungskälte in der Luft gekühlt. […] Um den Freikühlanteil auf bis zu 100% zu erhöhen, wohlwissend dass die Sommer heißer werden, entstand die Idee, auf dem Firmengelände im Boden gespeicherte Kälte aus dem Winter im Sommer zu nutzen.”

Anforderungen und Umsetzung 

Das Projekt „MissEllyDEMO” ist auf vier Jahre ausgelegt und folgt als Demonstrationsanlage mit digitalem Zwilling auf eine 2023 abgeschlossene Machbarkeitsstudie. Erstmals wird im Projektrahmen ein Feld an Erdwärmesonden als Speicher für eine Industrieanwendung mit permanentem Prozesskältebedarf genutzt. Kombiniert werden die Erdsonden durchschnittlich 150 kW und bis zu 550 kW in Spitzenzeiten liefern.

Die Speicherkapazität von 386 MWh wird circa 15% des Gesamtbedarfs bei Voltavision ausmachen. Nach Analyse der unternehmenseigenen Kühlbedarfe stehen insbesondere die Spitzenlastzeiten im Sommer im Fokus. Diese erfordern ein flexibles Kältereservoir im Boden, welches Kälteerzeugung und Kälteverbrauch räumlich wie auch zeitlich entkoppelt. So lassen sich Spitzenlasten energieeffizient abdecken und Nennleistungen niedriger planen.

Die 40 Sonden werden im Abstand von 5 bis 10 m und bis zu 100 mr tief verlegt. Eine Sole gibt die abzuführende Prozesswärme an den Untergrund ab. Die smarte, prädiktive Betriebssteuerung regelt die tagesaktuelle Verschaltung der Sonden. Diese kann parallel, seriell oder in bestimmten Zonen erfolgen, um die Wärmeübertragung beim Auf- und Entladen zu optimieren. Simulationen zeigen eine mögliche Reduzierung des Energieverbrauches um 70% bis 90% im Vergleich zu traditionellen Systemen. 

„Durch die innovative Verschaltung der Erdsonden entsteht ein dynamisch auf thermische Lasten regelbares System mit einer maximalen Leistungs- sowie Energiespeicherungsfähigkeit. Hierin liegt ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal und gleichzeitig die Innovation des Speicherkonzepts,” so Anja Hanßke, Leiterin des ausführenden Competence Center Wärmenetze 4.0 von Fraunhofer IEG. 

Blick in die Zukunft

Aus den Betriebserfahrungen des Demonstrators bei Voltavision werden sich Entwicklungspfade für die Erweiterung auf andere Prozesse und weitere Anwender ergeben. Hierzu wird durch Fraunhofer IEG ein digitaler Zwilling auf Realdaten der Anlage erstellt, welcher als Planungstool zur Betriebs- sowie grundlegenden Auslegungsoptimierung dienen kann.

Förderung: Das Vorhaben wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMKW) mit rund 2,8 Mio. Euro (Förderkennzeichen 03EN6044A und 03EN6044B) gefördert.

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