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Studie: Steigerung der Energieeffizienz im Wohnungsbestand durch Contracting

(23.9.2007) Wie können verbindliche Klimaschutzziele durch Energieeffizienzmaßnahmen in der Wohnungswirtschaft am wirkungsvollsten umgesetzt werden? Diese Frage hat das Institut für Energiewirtschaftsrecht Jena am Beispiel des Wärmecontractings untersucht und in einem Gutachten am 20. September 2007 in der Thüringer Landesvertretung in Berlin vor einem interessierten Fachpublikum aus Politik, Wohnungs- und Energiewirtschaft vorgestellt.

Die Auslagerung von Maßnahmen der Wärmeversorgung vom Vermieter auf einen fachkundigen Dritten, dem so genannten Contractor, der sowohl Planung, Finanzierung, Errichtung / Erneuerung, Betriebsführung, Wartung und Instandsetzung der Anlage als auch die eigentliche Energielieferung übernimmt und damit eine komplette Wärmelieferungs- und Dienstleistungskette anbietet, gilt als ein geeignetes Instrument, die Energieeffizienz im Wohnungsbestand zu erhöhen und die notwendigen Investitionen sicherzustellen. Ungeachtet der Effizienzeffekte dieses Modells ist der Markt für Wärmecontracting jedoch infolge von Hindernissen im geltenden Mietrecht, die vom Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen festgestellt wurden, teilweise zum Erliegen gekommen.

"Mit dem Gutachten zu den rechtlichen Voraussetzungen einer Steigerung der Energieeffizienz durch Wärmecontracting knüpfen wir an unseren Workshop vom 4. Juli 2007 in Jena an und legen einen ausformulierten Vorschlag für eine Gesetzesänderung vor: das Alles wenige Wochen nach den von der Bundesregierung beschlossenen Eckpunkten eines Energie- und Klimaprogramms", freute sich der geschäftsführende Direktor des Instituts Prof. Dr. Walter Bayer aus Jena bei der Vorstellung der Studie.

Die Gutachter, der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof Dr. Dietrich Beyer und der ehemalige Staatssekretär Prof. Dr. Michael Lippert, gehen von Effizienzpotentialen im Gebäudebestand und spezifischen Effizienzeffekten des Contracting aus, deren Nutzung einen erheblichen Beitrag zu Klimaschutz und Energiesicherheit versprechen. Allein eine Anhebung des bei 70% gelegenen Jahresnutzungsgrades um 10 Prozentpunkte würde zu einer Einsparung von 32 TWh Primärenergie und einer Entlastung der Atmosphäre um 7.210.000 t CO₂ führen, erläutern die Gutachter. Einem großflächigen Einsatz des Contracting stehen allerdings nach wie vor rechtliche Hindernisse entgegen, wie der Bundesgerichtshof in einer Reihe von Entscheidungen erkannt hat. Das Gutachten hält daher eine gesetzgeberische Lösung für unumgänglich: "Nur der Gesetzgeber vermag es, die Interessen der Beteiligten zum Ausgleich zu bringen, das Instrument des Contracting in das Mietmodernisierungsrecht aufzunehmen, wirkungsvoll auszugestalten und in den Dienst des übergeordneten Interesses von Klimaschutz und Energiesicherheit zu stellen", betont Dr. Beyer.

Rahmenbedingungen für eine Tätigkeit des Gesetzgebers leiten die Gutachter aus den energiewirtschaftsrechtlichen Zusammenhängen und Leitgedanken ab, die das Energieeffizienzrecht prägen. Das Gutachten bezieht das Mietmodernisierungsrecht des BGB, welches die Voraussetzungen, die Durchführung und die Folgen energieeinsparender Maßnahmen im Mietwohnungsbestand regelt, in das Energieeffizienzrecht ein: "damit gilt auch für Energieeffizienzmaßnahmen dieser Art, die Orientierung an einer sicheren, preiswürdigen, effizienten, umweltverträglichen und verbraucherfreundlichen Versorgung", erläutert Prof. Dr. Lippert.

Für die energiewirtschaftsrechtlich geprägten Komponenten einer legislativen Lösung leitet das Gutachten die Empfehlung ab, das Wärmecontracting als wirkungsvolles Instrument auszugestalten und dabei zugleich die Interessen der Beteiligten sowie die übergeordneten Gesichtspunkte von Klimaschutz und Energiesicherheit auszutarieren. Dies setze u.a. voraus:

  • ein praktikables Verfahren zur Umstellung auf Contracting im laufenden Mietverhältnis,
  • eine mit dem Übergang zum Contracting verbundene Effizienzsteigerung, die den Anforderungen des gebäudebasierten Energieeffizienzrechts mindestens entspricht,
  • eine am Wirtschaftlichkeitsgebot orientierte preisgünstige Versorgung sowie
  • eine verbraucherfreundliche Versorgung, welche insbesondere das Transparenzgebot ausbaut, um die Mieter über die Effizienzsteigerung, die voraussichtliche Höhe der Wärmelieferkosten sowie eventuelle Preisanpassungen zu unterrichten.

Unter mietrechtlichen Aspekten empfiehlt das Gutachten:

  • dem Vermieter für den Übergang zum Wärmecontracting einen gewissen Anreiz zu geben,
  • eine mögliche Belastung des Mieters durch mehrere Faktoren, wie verbesserte Energieeffizienz, Energieeinsparung bei Installations-, Wartungs- und Instandhaltungskosten und den Wegfall der "Modernisierungs-Mieterhöhung" weitgehend zu reduzieren, ggf. zu neutralisieren,
  • das bisherige rechtliche Hindernis, die erforderliche Zustimmung des Mieters zu einer Umstellung der Wärmelieferung, zu beseitigen. Auf dieser Grundlage entwickelt das Gutachten bereits einen Formulierungsvorschlag zur Änderung des §554 BGB.

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