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"Wo stehen wir?" - Roto zur Markt- und Unternehmensentwicklung


Dr. Eckhard Keill (Bild vergrößern)  

(14.10.2010) Obwohl sich die Erholung der Weltwirtschaft 2011 fortsetzen dürfte, verläuft der Aufschwung keineswegs risikofrei. Als Konjunkturbremse erweist sich in der Gesamtbetrachtung u.a. der Bausektor, der vom Vorkrisen-Niveau nach wie vor weit entfernt ist. Das spürt auch die davon direkt abhängige Fenster- und Türenbranche. Deshalb stuft der Vorstand der Roto Frank AG das für das Unternehmen relevante internationale Marktumfeld per saldo als "unverändert schwierig" ein. Die Roto-Gruppe selbst meldet aber für 2010 eine "außerordentlich positive Firmenkonjunktur" und geht davon aus, das Jahr mit einem zweistelligen Umsatzplus abzuschließen. Der mit erneuten Marktanteilsgewinnen verbundene Erfolg sei nicht zuletzt auf eine "ausgezeichnete Lieferperformance" zurückzuführen, hieß es Mitte Oktober während des 5. Internationalen Fachpressetages. Auch für 2011 zeigte sich das Management in Barcelona recht optimistisch.

Euphorie fehl am Platz

Die globale Krisenbewältigung macht nach Auffassung von Dr. Eckhard Keill regional durchaus unterschiedliche Fortschritte. Während die frühere Wachstumslokomotive USA schwächelt, gibt es z.B. in Südostasien eine starke Expansion, betonte der Roto-Vorstandsvorsitzende vor 60 Journalisten aus 11 Ländern. Zwar steige das Welthandelsvolumen 2010 nach einer Prognose des Institutes für Weltwirtschaft um fast 10% (2009: -12%), doch das sei eben nur ein Durchschnittswert. Auch die europäische Wirtschaft wachse unter dem Strich lediglich moderat und komme daher "eher mühsam aus der Krise". Zudem sei die weitere Entwicklung durchaus mit Risiken behaftet. Extrem hohe Staatsverschuldungen mit der Notwendigkeit drastischer Sparprogramme, instabile Finanz- und Währungsmärkte sowie das Auslaufen der meist gigantischen Stützungsprogramme könnten für neue Konjunkturprobleme sorgen.

Für "übertrieben" hält Keill die teilweise euphorische Bewertung der Wirtschaftsbelebung in Deutschland. Das für 2010 erwartete Wachstum von 2 bis 3% dürfe man nicht isoliert betrachten, denn das Bruttoinlandsprodukt sei 2009 um knapp 5% gesunken. Außerdem erfasse der Aufschwung keineswegs alle Branchen. Wenn Deutschland derzeit zu den Konjunkturmotoren zumindest in Europa zähle, beruhe das einmal mehr primär auf der Exportdynamik.

Nur Renovierung krisenresistent

Mit Blick auf den europäischen Bausektor sieht sich der Roto-Chef in seiner bereits 2009 vertretenen Meinung bestätigt, dass die Branche mit am längsten unter der Krise leidet. Den jüngsten, für 19 Länder gültigen Euroconstruct-Berechnungen zufolge geht das europäische Bauvolumen 2010 mit -4% zum dritten Mal hintereinander zurück. Dadurch erhöhe sich die gesamte Einbuße seit 2008 auf etwa 15%. Der schärfste Einbruch stehe im Wohnungsneubau zu Buche. Hier fallen, so die Prognosen, die Investitionen im laufenden Jahr etwa 40% niedriger aus als 2007. Im gleichen Zeitraum betrage das Minus bei den Wohnungsfertigstellungen sogar 45%. Dagegen erweise sich der kontinuierlich leicht wachsende Renovierungsmarkt als nachhaltig krisenresistent und damit als immer wichtigere Stütze der gesamten Bauwirtschaft - siehe dazu auch Beitrag "Europäischer Wohnungsbau erholt sich nur langsam" vom 13.8.2010 sowie Baukonjunktur aktuell.

Laut Euroconstruct wird die Talsohle am Bau 2010 erreicht. Bei ihrer Prognose eines geringen Wachstums von 1% im Jahre 2011 billigen die Institute Osteuropa und hier in erster Linie Polen die größten Erholungschancen zu. Nur "verhalten" seien jedoch die Aussichten für Westeuropa. Auf Basis der Schätzungen liegt das Bauvolumen in der Region selbst 2012 noch unter dem Niveau von 2009.

Auch die deutsche Baubranche nehme 2010 an dem allgemeinen Wirtschaftsaufschwung nicht teil. Stattdessen erwarte der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) für 2010 (-1%) und 2011 (-2%) weitere Umsatzverluste. Während beim öffentlichen Bau das Konjunkturpaket II vermutlich wegen der häufig desolaten kommunalen Finanzsituation nicht wie erhofft wirke, springe der Wirtschaftsbau inzwischen wieder etwas an. Erfreulich sei, dass der Wohnungsbau u.a. dank des robusten Modernisierungsgeschäftes erste Besserungstendenzen zeige. Das permanente "Stop and go" in der staatlichen Förderpolitik erschwert jedoch die speziell im Segment energetischer Sanierungen gewünschte Nachfrageverstetigung, konstatierte Keill.

Die Entwicklung der internationalen Fenster- und Türenmärkte spiegele im Wesentlichen das allgemeine Baugeschehen wider. Deshalb müsse man hier auch für 2010 per saldo von überwiegend negativen Einflüssen sprechen. So prognostiziere eine Interconnection-Studie für Westeuropa einen nochmaligen Wertverlust von etwa 5% (2009: -11%). Besonders betroffen davon seien die Länder der Iberischen Halbinsel. Erst ab 2011 könne es eine leichte Belebung geben.

Sonderfall Russland

Positive Meldungen für 2010 kämen dagegen erneut aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie in "fast schon gewohnter Weise" aus Asien. Einen Sonderfall stelle Russland dar. Nach dem extremen Einbruch 2009 habe sich der dortige Markt 2010 unter dem Strich bis Ende September "fulminant" erholt. Er bilde damit bereits den größten Teil der so genannten "V-Formation" ab, nach der auf einen starken Rückgang sofort eine Gegenreaktion mit gleicher Kraft folge.

In Deutschland könne die Branche ihren "Sonderkonjunktur-Status" auch 2010 behaupten. Das vom Verband Fenster + Fassade (VFF) zuletzt vorhergesagte Mengenplus von gut 4% entspreche in etwa dem Vorjahreswachstum - siehe auch Beitrag "Fenster- und Fassadenbranche legt weiterhin zu" vom 25.8.2010. Ab 2011 erwarte er aber u.a. wegen auslaufender bzw. gekürzter staatlicher Förderungen "schwierigere Zeiten". Roto sehe die Perspektiven aber "klar positiver", setze dabei auf die generelle Attraktivität der Fenstererneuerung und plädiere im Übrigen nochmals für eine "ganzheitliche Fenstervermarktung".

Erfreulicher Irrtum


Michael Stangier (Bild vergrößern)  

Bei der Erläuterung des Abschneidens des Bauzulieferers erinnerte Finanzvorstand Michael Stangier zunächst an die Ausgangsbasis: 2009 habe sich die Roto-Gruppe trotz eines Umsatzminus von rund 10% auf 560 Mio. Euro erheblich besser als Märkte und Wettbewerber entwickelt. Zugleich sei es dank eines effizienten und intelligenten Kostenmanagements auch im Krisenjahr gelungen, schwarze Zahlen zu schreiben. Und: "Wir sind konsequent auf Kurs geblieben." Konkrete Beispiele dafür waren, wie es hieß, ...

  • gezielte Investitionen in Prozesse, Märkte und Innovationen,
  • der Verzicht auf Massenentlassungen und Werksschließungen bzw. -verlagerungen sowie
  • Festhalten an bzw. kein Rückzugaus relevanten Märkten.

"Die Krise tut uns zwar weh, sie wirft uns aber nicht aus der Bahn" - mit dieser kurzen Formel beschrieb das Management daher Ende 2009 Situation und Strategie des Unternehmens.

Für 2010 prognostizierte man seinerzeit eine Umsatzstagnation und im günstigen Fall eine leichte Belebung zum Jahresschluss. Stangier: "Da haben wir uns gründlich geirrt - und freuen uns heute darüber." Nach einem "schleppenden" 1. Quartal seien das 2. und 3. Quartal mit einer in ihren Ausmaßen "völlig unerwarteten Nachfragebelebung" sehr gut verlaufen.

Für die Division Fenster- und Türtechnologie meldete der Finanzvorstand per 30. September einen Anstieg der Verkaufserlöse um insgesamt 16% gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode. Während das Deutschland-Geschäft danach um rund 5% wuchs, betrage das Plus im Ausland etwa 20%. Ein Beispiel für die "ausgeprägte Firmenkonjunktur" sei Südeuropa. In Spanien etwa habe Roto in einem weiter rückläufigen Markt zweistellig zugelegt - siehe auch Beitrag "Fenster-/Baumarkt in Südeuropa ... und Rotos Sicht darauf" vom 14.10.2010. Eine "große Wachstumsdynamik" meldete Stangier ferner für Russland und Asien. Probleme gebe es dagegen in Südosteuropa - namentlich in Tschechien, Ungarn und der Slowakei.

Ebenfalls einen um ca. 16% höheren Umsatz verzeichne die Division Dach- und Solartechnologie per Ende September. Bei ihr sei das Inlandsgeschäft mit einem Plus von 25% der eindeutige "Treiber". Vor allem die starke Nachfrage nach Energiedächern habe den kräftigen Schub bewirkt. Die Verkaufserlöse im Ausland lägen etwa auf Vorjahresniveau.

Auch für die gesamte Roto-Gruppe stehe per Stichtag ein Umsatzwachstum von 16% zu Buche. Aus den Resultaten beider Divisionen errechneten sich im In- und Ausland fast identische Steigerungsraten.

Neue Bestmarke?

Im 4. Quartal lasse das Wachstumstempo vermutlich nach. Deshalb gehe man aktuell davon aus, dass der Gruppenumsatz 2010 insgesamt um 12 bis 13% auf 620 bis 630 Mio. Euro klettere. Die Relation Ausland/Inland werde sich wieder auf zwei Drittel zu ein Drittel einpendeln. Die Möglichkeit, dass Roto am Ende den höchsten Umsatz der Firmengeschichte erziele, sei also durchaus realistisch. Die bisherige Bestmarke (621 Mio. Euro) datiere aus 2008.

Nachdem 2009 im Jahresdurchschnitt 3.750 Mitarbeiter für den in Familienbesitz befindlichen Bauzulieferer tätig waren, nehme ihre Zahl 2010 um rund 7% auf ca. 4.000 zu. Bei den Investitionen halte man an der bisherigen Linie fest. Das bedeute, dass "Roto in den Bereichen investiert, die das Unternehmen - und seine Kunden - weiterbringen".

Rohstoffpreise nähern sich dem Vorkrisen-Niveau

Sorgen bereiten Stangier "neue Belastungen" auf der Kostenseite. Ab dem 2. Quartal seien die Beschaffungspreise für wichtige Rohstoffe wie Stahl und Zink stark gestiegen und näherten sich bereits wieder dem Vorkrisen-Niveau. Das könne das Unternehmen nicht länger durch Einsparungen in anderen Sektoren kompensieren, was auch für Roto eine Preisanpassung erforderlich mache. Ohnehin müsse die Ertragslage als "nach wie vor nicht zufriedenstellend" charakterisiert werden.

Wirksame Wettbewerbsvorteile

Trotzdem zog Stangier ein positives vorläufiges Fazit für 2010. Roto habe sich nicht nur in der Krise besser als andere behauptet, sondern komme auch besser als andere aus ihr heraus. Klare Indizien dafür seien der weitere Gewinn von Marktanteilen sowie die Fähigkeit, sich von negativen Marktentwicklungen abzukoppeln und an positiven Tendenzen voll zu partizipieren. Wenn die Gruppe den Vorkrisen-Umsatz bereits 2010 und damit viel früher als erwartet wieder erreiche, sei sie z. B. der Baubranche in Gänze um einiges voraus, der das wohl erst 2012 oder 2013 gelinge.


Im Rahmen des speziellen Roto-Produktionssystems spielt auch die "Kanban"-Methodik eine wichtige Rolle. Sie trägt entscheidend zur Materialflussoptimierung sowie zu vereinfachten und reduzierten Arbeitsschritten bei. Stets aktuelle Projektinformationen per Tafeln bzw. Schildern inklusive.

Als Basis des Erfolges identifizierte Keill in seinem Resümee zunächst die "ausgezeichnete Lieferperformance" durch leistungsfähige Produktions- und Logistiksysteme. Die Tatsache, dass Roto 2010 selbst in Ausnahmemonaten mit sprunghaft gestiegener Nachfrage voll lieferfähig gewesen sei, war "ein überaus wirksamer Wettbewerbsvorteil". Gleiches gelte für die "Kundenorientierung ohne Wenn und Aber", die sich auf Produkte, Logistik, Dienstleistungen und Betreuung gleichermaßen erstrecke. Der Vorstandsvorsitzende: "Wir leben das Motto, dass der Kunde im Mittelpunkt und nicht im Weg steht." Das in beiden Divisionen marktgerechte und innovative Produktsortiment, die dank konsequenter Strategie hohe internationale Kompetenz sowie die Professionalität engagierter und qualifizierter Menschen komplettieren das Quintett spezifischer Roto-Stärken, hieß es in der katalanischen Metropole. ... Und es wurde auch nicht vergessen zu erwähnen, dass das Roto Werk in Bad Mergentheim (siehe Google Maps) Mitte des Jahres als "beste Fabrik" Deutschlands ausgezeichnet wurde - zur Erinnerung siehe Beitrag "erstmals in der Baustoffbranche: Roto Werk beste Fabrik Deutschlands" vom 16.5.2010.

Die Planung für 2011 sieht vor, ein einstelliges Wachstum des Gruppenumsatzes anzustreben. Dagegen verzichtet der Bauzulieferer bewusst auf generelle Marktprognosen. Keill: "Das Unsicherheitspotenzial ist viel zu groß. Wir können nur das fundiert bewerten und einschätzen, was wir selbst im Griff haben. Dazu gehört in erster Linie unser eigenes Leistungsvermögen."

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