Einsatz von korrosionsbeständigen Edelstählen im Tunnelbau
(9.9.2025) Aggressive Umgebungsbedingungen in Straßen- und Bahntunnel fordern langlebige und wartungsarme Materialien mit höchsten Anforderungen an Korrosionsbeständigkeit, Festigkeit und Sicherheit.
Edelstahl Rostfrei: Tragende Rolle im Tunnelbau
Tunnel gelten als Rückgrat moderner Infrastruktur. Sie ermöglichen effizientere Verkehrsführungen, senken Lärmemissionen und reduzieren Umweltbelastungen. Die Anforderungen an ihre Bauweise sind jedoch hoch: "Maximale Sicherheit für die Tunnelnutzer gilt es mit hoher Resilienz gegen Korrosion und dynamische Lasten zu vereinbaren – bei möglichst geringem Wartungsaufwand", heißt es in der aktuellen Fachveröffentlichung des Warenzeichenverbands Edelstahl Rostfrei e.V.
Korrosionsbelastung durch Verkehr und Klima
Tunnel sind extremen Bedingungen ausgesetzt. In Straßentunneln führen Chloride aus Streusalz und Schwefeldioxide zu hoher Korrosivität, während Bahntunnel zusätzlich mit Abriebpartikeln und starken Druckstößen durch Hochgeschwindigkeitszüge belastet sind. Durch fehlenden Regen als natürliche Reinigungsquelle steigt das Risiko für Spannungsriss- und Lochkorrosion erheblich. Die Regelwerke klassifizieren die Umgebungsbedingungen in fünf Korrosionsbeständigkeitsklassen (CRC I bis V). Tragende Bauteile müssen aus Materialien der höchsten Klasse CRC V gefertigt sein.
Materialwahl auf wissenschaftlicher Basis
Eine Langzeitstudie von Straßen.NRW ergab, dass der Duplex-Edelstahl 1.4462 besonders geeignet ist. Er wird unter anderem für tragende Befestigungselemente verwendet, wie im Tunnel Menkhauser Berg.
Technik für saubere Luft: Strahl- und Axialventilatoren
In Tunneln mit längerer Strecke sorgen Strahlventilatoren für kontinuierlichen Luftaustausch. Im Brandfall helfen sie bei der Rauchableitung. Für Lüftergehäuse und Schalldämpfer werden Edelstahlqualitäten wie 1.4571, 1.4404 und 1.4529 verwendet. Letzterer, ein superaustenitischer Edelstahl, überzeugt durch seinen hohen Molybdängehalt und seine Beständigkeit gegen Spannungsrisskorrosion. Im Katzenbergtunnel der A3 kommen sämtliche Komponenten der Be- und Entlüftungsanlage aus korrosionsresistenten Edelstählen zum Einsatz.
Sicherheitsrelevante Befestigungslösungen
Ob Beleuchtung, Signaltechnik oder Brandschutzverkleidungen – für die Verankerung sicherheitsrelevanter Einbauten ist Edelstahl der Klasse CRC V zwingend vorgeschrieben. Beim Gotthard-Straßentunnel wurden z. B. 1.018 Wandplatten im Portalbereich Süd ersetzt. Die Bewehrung erfolgte mit den Werkstoffen 1.4462 und 1.4003.
Effektiver Brandschutz durch Hochdruckwassernebel
Im Brandfall zählen Sekunden. Hochdruckwassernebel-Systeme arbeiten mit bis zu 207 bar und erzeugen durch Zerstäubung eine um das 200-Fache vergrößerte Reaktionsfläche. Sie entziehen dem Brandherd schnell Wärme und Sauerstoff. Mehr als 2.300 Edelstahldüsen schützen im Eurotunnel auf 900 Metern Länge pro Zone. Alle Systemkomponenten bestehen aus hochfestem Duplex-Stahl oder 1.4571.
Notausgänge mit Edelstahl-Schiebetoren
Zur sicheren Evakuierung müssen Tunnel Notausgänge alle 300 m bereitstellen. Diese werden durch Brandschutztore aus Edelstahl wie 1.4404, 1.4571 oder 1.4529 geschützt. Der Gotthard-Basistunnel nutzt z. B. 350 Brandschutzschiebetore zwischen seinen beiden Einspurtunneln – sämtliches Montagematerial besteht aus Edelstahl 1.4529.
Fazit: Edelstahl für mehr Sicherheit und Nachhaltigkeit
Die Beständigkeit von nichtrostendem Edelstahl im aggressiven Tunnelklima erhöht die Lebensdauer und Betriebssicherheit von Tunnelinfrastrukturen. Die lange Haltbarkeit, reduzierte Wartung und Möglichkeit zur Materialeinsparung machen insbesondere Duplex-Stähle wie 1.4462 zu einem nachhaltigen Werkstoff für zukunftsfähigen Tunnelbau.
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siehe zudem:
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